
Wien: Caritas und Diakonie kritisieren Kürzungen der Mindestsicherung
Wien hat zur Sanierung des Budgets den Bezug der Mindestsicherung eingeschränkt: 200 Mio. Euro sollen mit der Neuregelung, die Anfang 2026 in Kraft treten soll, gespart werden. Gespart werde am Rücken von Familien mit Kindern, (chronisch) Kranken, Menschen mit Behinderung, Älteren, subsidiär Schutzberechtigten und jenen, "die bereits mit dem Rücken zur Wand stehen", kritisierten Caritas und Diakonie am Mittwoch. "Ein Rückbau sozialer Sicherheit ist kein Sparprogramm, sondern ein Risiko für den gesellschaftlichen Zusammenhalt", warnte der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner auf sozialen Medien. Der Entzug der Mindestsicherung werde Integrationserfolge für subsidiär Schutzberechtigte zunichtemachen und unnötig humanitäre Härtefälle schaffen, warnte das evangelische Hilfswerk.
Die Kürzungen würden in ihrer Deutlichkeit überraschen, äußerte sich Schwertner. Denn Wien habe sich in der Vergangenheit klar zum Modell der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bekannt und damit deutlich von anderen Bundesländern abgegrenzt, "die sie durch eine völlig unzureichende Sozialhilfe ersetzt haben". Nun ziehe Wien nach - "und zwar nach unten". Ungünstig sei auch der Zeitpunkt, da auch der Bund Kürzungen in der Sozialhilfe in Aussicht stelle und die versprochene bundesweite Kindergrundsicherung noch immer fehle, zweifelte Schwertner an deren Umsetzung. "Es darf nicht darum gehen, sich bei der Unterstützung für armutsbetroffene Menschen gegenseitig zu unterbieten und Erfolge daran zu messen", forderte Schwertner.
In Österreich seien 344.000 Kinder armuts- und ausgrenzungsgefährdet. "Demnächst dürften es noch mehr werden", so Schwertner. Künftig sollen 25 Prozent der Kinderrichtsätze als Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs qualifiziert werden. Dadurch verringere sich auch die Mietbeihilfe. "Gleichzeitig werden Wohnkosten, Energiepreise, Mobilität und öffentliche Dienstleistungen immer teurer und bringen immer mehr Menschen unter Druck", schilderte Schwertner insbesondere das Schicksal von betroffenen Familien mit Kindern, die jährlich knapp 1.000 Euro weniger pro Kind zur Verfügung haben werden. Dass zusätzlich auch der Eltern-Familienzuschlag gestrichen werde, würde die Situation zusätzlich verschärfen.
Die Richtsätze der Mindestsicherung würden in allen Bundesländern unter der Armutsgefährdungsschwelle liegen. Die Armutsgefährdung werde durch die Kürzungen akut steigen, während Integration und der Einstieg in den Arbeitsmarkt massiv erschwert würden, warnte die Caritas. Sie fordert eine Einhaltung der Grundversorgungsquote in allen Bundesländern und eine integrationsfördernde Residenzpflicht nach Abschluss der Verfahren von subsidiär Schutzberechtigten.
10.000 subsidiär Schutzberechtigte betroffen
Subsidiär Schutzberechtigte sollen nach neuer Regelung künftig keinen Anspruch mehr auf Leistungen der Mindestsicherung haben. Vom Entzug der Wiener Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte werden insgesamt rund 10.000 Menschen, darunter viele Minderjährige, betroffen sein, informierte die Diakonie. Auch viele chronisch Kranke und Menschen mit Behinderung zählten zu dieser Gruppe, denen ihr Schutzstatus oft aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation zuerkannt wird. Es treffe "ausgerechnet jene, die am meisten Schutz brauchen", erklärte Alexandra Gröller, Geschäftsführerin des Diakonie-Flüchtlingsdienstes.
Der plötzliche Entzug der Mindestsicherung werde für die Betroffenen im ersten Schritt bedeuten, "dass sie ihre Mieten nicht mehr bezahlen können, damit in Mietschulden geraten und von Delogierung bedroht sein werden", beklagte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. In weiterer Folge führten die Kürzungen zu akuter Armut und Wohnungslosigkeit und verschlechterten ihre Chancen auf Bildung, Teilhabe und Integration.
Bisher konnten subsidiär Schutzberechtigte, die wenig verdient haben oder keine Arbeit hatten, in Wien Leistungen aus der Sozialhilfe beziehen. In Zukunft sollen sie als Unterstützungsleistung nun auch in Wien nur mehr die sogenannte Grundversorgung erhalten. "Dieser Beschluss zerstört, was mühsam aufgebaut wurde - menschlich, sozial und wirtschaftlich", so Moser. "Wer Integration ernst nimmt, darf sie nicht durch gesetzliche Hürden verunmöglichen."
Die Diakonie Österreich fordert von der Politik, den Ausschluss subsidiär Schutzberechtigter von der Sozialhilfe rückgängig zu machen und "Integrationspolitik wieder als das zu begreifen, was sie ist: eine Investition in die Zukunft unseres Landes".
Quelle: kathpress