
Expertin: Religionsunterricht Gegenpol zu neoliberalem Denken
Der Religionsunterricht soll ein Gegengewicht zu neoliberalen "Nützlichkeitslogiken" bilden und Raum für existenzielle Fragen schaffen: Dafür hat die Münchner Religionspädagogin Mirjam Schambeck bei der Jahrestagung der Fachinspektorinnen und Fachinspektoren für den katholischen Religionsunterricht in Wien plädiert. Der Unterricht solle den Menschen nicht auf seine Leistungsfähigkeit reduzieren, sondern Raum für Fragen eröffnen; entscheidend sei der Bezug zur Lebensrealität und Erfahrungswelt der Kinder und Jugendlichen. Denn der Mensch, so Schambeck, sei nicht nur das, was er leiste.
An der bis Freitag dauernden Tagung nehmen rund 40 Fachinspektoren aus allen österreichischen Diözesen sowie Südtirol teil. Unter dem Motto "Religionsunterricht heute und morgen. Was heißt hier katholisch? - Konfessionalität in der Vielfalt bewahren" diskutieren sie über die Zukunft des katholischen Religionsunterrichts in einer pluralen Gesellschaft.
Der Religionsunterricht müsse sich auf gesellschaftliche Veränderungen einstellen und zugleich seine spezifische Perspektive bewahren, meinte die Religionspädagogin von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Aufgabe der Fachinspektorinnen und Fachinspektoren sei es hierbei als "ausgewiesene Multiplikator:innen", in einem säkularen Umfeld zu vermitteln, "warum es den Religionsunterricht heute noch braucht und was er geben kann für eine multireligiöse Gesellschaft".
Schambeck strich auch die diakonische Seite des Religionsunterrichts hervor, der den Schülerinnen und Schülern zugewandt und an ihrer Lebensrealität orientiert sein soll. Religion könne somit als "sozialer Kitt" wirken, "denn nicht alles im gesellschaftlichen Zusammenleben kann juristisch geregelt werden". Damit trage der Religionsunterricht auch zur "Demokratisierung und Humanisierung der Gesellschaft" bei.
Zusätzlich steige die Bildungswirksamkeit des Religionsunterrichts, wenn auch andere Religionen und Weltanschauungen einbezogen werden. Positiv wirke sich etwa die Präsenz von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Religionszugehörigkeit aus. "Der Unterricht im religiös-pluralen Klassenverband steht dem Konfessionalitätsprinzip nicht entgegen", sagte Schambeck. Entscheidend sei die "Pluralitätsfähigkeit" des Religionsunterrichts.
Die Jahrestagung der Fachinspektorinnen und Fachinspektoren findet jährlich statt und dient dem Austausch über aktuelle Entwicklungen im Religionsunterricht. Organisiert wird sie vom Vorstand der österreichischen Fachinspektorinnen und Fachinspektoren in Zusammenarbeit mit der Konferenz der Schulamtsleiterinnen und Schulamtsleiter Österreichs (SALK), die die diözesanen Schulämter und das Amt für Katechese und Bildung in Südtirol vernetzt.
(Link: https://www.kirche-schule-bildung.at/)
Quelle: kathpress