
Österreichs Kirchen protestieren gegen Haft armenischer Geistlicher
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) hat sich bestürzt über die anhaltende Verfolgung kirchlicher Würdenträger in Armenien gezeigt. In einer Stellungnahme vom Dienstag äußert der Rat "tiefe Solidarität mit der Armenisch-Apostolischen Kirche und der gesamten christlichen Gemeinschaft in Armenien". Seit Juli habe sich die Lage nicht verbessert, sondern weiter verschärft, heißt es in der Erklärung. Inzwischen seien zwei Erzbischöfe - Mikael Ajapahyan und Bagrat Galstanyan -, ein Bischof sowie ein Gemeindepfarrer inhaftiert worden.
Erzbischof Ajapahyan sei zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, weitere Geistliche befänden sich in Untersuchungshaft. Die Festnahme und Verurteilung der Kirchenvertreter habe "bei vielen Gläubigen in Österreich und weltweit tiefe Bestürzung und Schmerz ausgelöst", so der ÖRKÖ. Das Vorgehen lasse Zweifel an der Wahrung der Religionsfreiheit und der Rechtsstaatlichkeit aufkommen: "Solche Maßnahmen wirken wie ein willkürlicher und ungerechtfertigter Eingriff in die Freiheit der Kirche und können als Angriff auf die Glaubensgemeinschaft verstanden werden."
Kirche "Stimme des Gewissens"
Die Kirchenleitung betont, dass die Kirche "die Stimme des Gewissens und der Gesellschaft" sei. Sie diene dem Frieden, der Gerechtigkeit und der Versöhnung und müsse diese Aufgabe "frei und ungehindert" wahrnehmen können. Der Rat bekundet Gebet und Solidarität mit der Armenisch-Apostolischen Kirche und ruft zu Besonnenheit auf: "Möge Gott sein Volk in Armenien stärken und alle, die Verantwortung tragen, auf den Weg der Wahrheit, des Dialogs und des Friedens führen."
Im ÖRKÖ sind 17 christliche Kirchen und Kirchengemeinschaften in Österreich zusammengeschlossen, darunter die Römisch-Katholische Kirche, die Evangelische Kirche A.B. und H.B., die Orthodoxen Kirchen, die Armenisch-Apostolische Kirche, die mit Bischof Tiran Petrosyan auch den Vorsitzenden stellt, weiters die Altkatholische Kirche, die Methodisten sowie verschiedene Freikirchen.
Religionsfreiheit in Gefahr
Der aktuelle Anlass für die Erklärung des ÖRKÖ ist unter anderem die Verurteilung von Erzbischof Mikael Ajapahyan, dem laut einem Gerichtsurteil in Jerewan ein Aufruf zum gewaltsamen Sturz der Regierung vorgeworfen wird. Der Erzbischof von Shirak war am 4. Oktober zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Kirchenleitung in Etschmiadzin bezeichnete das Urteil als politisch motiviert und sprach von einem Verstoß gegen Meinungs- und Religionsfreiheit.
Der Fall ist Teil eines anhaltenden Konflikts zwischen der Armenisch-Apostolischen Kirche und der Regierung unter Premierminister Nikol Paschinjan. Mehrere Geistliche, darunter auch Erzbischof Bagrat Galstanyan, befinden sich in Haft oder stehen unter Anklage. Hintergrund ist die Kritik der Kirche an der Regierungslinie im Umgang mit dem Konflikt um Bergkarabach sowie der Vorwurf unzureichender Unterstützung für die vertriebene armenische Bevölkerung.
Auch international sorgt das Vorgehen der armenischen Behörden für Aufmerksamkeit. Der Anwalt von Erzbischof Ajapahyan kündigte an, das Urteil vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen zu wollen. Die Kirchenleitung prüft ebenfalls juristische Schritte. Beobachter sehen in den Entwicklungen eine Belastung für das Verhältnis von Staat und Kirche in Armenien.
Quelle: kathpress