
Feiertage in Österreich: Zwischen Glaube, Geschichte und Wandel
Die Bedeutung gesetzlicher Feiertage in Österreich war am Montag Thema einer Podiumsdiskussion im Haus der Geschichte Österreich. Unter dem Titel "Feiertag - freier Tag? Österreichs gesetzliche Feiertage auf dem Prüfstand" diskutierten Expertinnen und Experten aus Religionswissenschaft, Zeitgeschichte und Kulturpolitik über Herkunft, Funktion und Zukunft dieser besonderen Tage.
Religionswissenschaftler Dirk Schuster wies auf die Vielschichtigkeit des Themas hin. Feiertage seien nicht nur gesetzlich geregelte freie Tage, sondern erfüllten auch soziale und kulturelle Funktionen. Neben den staatlich anerkannten Feiertagen gebe es weitere, die innerhalb von Religionsgemeinschaften eine Rolle spielen, ohne gesetzlich verankert zu sein.
Ein besonderer Fall sei etwa der 8. Dezember, Mariä Empfängnis: "Gesetzlich festgeschrieben, aber der Handel darf offenhalten", so Schuster. Feiertage dienten dem Schutz religiöser Bekenntnisse ebenso wie historischen oder gesellschaftlichen Anliegen. In Österreich seien viele Feiertage katholisch geprägt - ein Erbe der Habsburger, die sich als Verteidiger des Katholizismus verstanden.
Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich jedoch deutlich verändert. "Der Anteil katholischer Menschen an der Gesellschaft hat in den letzten 50 Jahren um 30 Prozent abgenommen. Die Zahl der Konfessionslosen ist um 18 Prozent gestiegen", erklärte Schuster. Für viele Menschen spiele Religion im Alltag keine Rolle mehr. "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich diese Entwicklung verlangsamt, sie wird sich im Gegenteil beschleunigen." Zudem lehnten laut der Studie "Was glaubt Österreich" 39 Prozent der Befragten die Idee ab, dass jede Religionsgemeinschaft einen eigenen Feiertag erhalten solle.
Monika Sommer, Gründungsdirektorin des Hauses der Geschichte Österreich, verwies auf die politische Bedeutung des Nationalfeiertags am 26. Oktober. Dieser sei ein bewusster Versuch gewesen, einen Feiertag zu etablieren, der nicht durch belastende historische Ereignisse geprägt sei. "Es war ein Versuch, einen eigenständigen Feiertag ohne Belastung aus der Geschichte davor, zu schaffen", so Sommer. In den 1970er-Jahren wurde die Gestaltung des Feiertags zunehmend den Ländern und Gemeinden überlassen, häufig in Form von "Fitmärschen". Gleichzeitig sei der Tag auch immer wieder zu einem Anlass für Proteste geworden - etwa bei den Demonstrationen gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf im Jahr 1977.
Der Kirchenhistoriker Leonhard Jungwirth betonte, dass Feiertage immer auch "hart umkämpfte politische Symbole" seien. Besonders in der Nachkriegszeit sei die Auswahl gesetzlicher Feiertage zu einem kulturpolitischen Streitpunkt geworden. Die politische Neuorientierung Österreichs nach 1945 habe auch Fragen religiöser Repräsentation und gesellschaftlicher Konsensbildung aufgeworfen. Die tiefen historischen Wurzeln solcher Auseinandersetzungen reichten bis in die Reformation zurück. Jungwirth verwies zudem darauf, dass bei der gesetzlichen Festlegung der Feiertage kein einziger jüdischer Feiertag berücksichtigt worden sei - ein Umstand, der ebenfalls viel über das gesellschaftliche Selbstverständnis jener Zeit aussage.
Quelle: kathpress