Schönborn zu Klasnic: "Ihr 'Ja' war eine Großtat für viele Menschen"
Mit einem emotionalen Dank von Kardinal Christoph Schönborn an die scheidende Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic endete am Dienstag die Tagung "Die Wahrheit wird euch frei machen" aus Anlass des 15-jährigen Bestehens der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft im Wiener Erzbischöflichen Palais. Klasnic wird zum Jahreswechsel ihr Amt übergeben. "Mit 80 Jahren darf man emotional sein. Was Sie mit Ihrem 'Ja' bewirkt haben, ist nicht aufzuwiegen. Ihr 'Ja' war eine Großtat für viele Menschen in unserem Land. Dafür darf ich Ihnen von Herzen Vergelt's Gott sagen", so Schönborn. Nachfolgerin Klasnics wird die Juristin Caroline List - selber langjähriges Mitglied der Opferschutzkommission.
Klasnic zeigte sich ebenfalls bewegt und dankbar für das Vertrauen und den Mut, den Kardinal Schönborn vor 15 Jahren mit ihrer Bestellung bewiesen hatte. Sie habe die Entscheidung "nie bereut" und fühle sich auch durch das hohe Vertrauen geehrt, das die Missbrauchsbetroffenen ihr in den über 1.000 Gesprächen entgegengebracht haben. Sie habe diese Aufgabe gern übernommen - nicht zuletzt, weil sie auch sehe, "wie viel Gutes sonst in der Kirche geschieht". Dies dürfe nicht vergessen werden.
Schönborn und Klasnic äußerten sich in einem von Kathpress-Chefredakteur Paul Wuthe moderierten Podiumsgespräch. Dies stellte neben einem Vortrag des Missbrauchsexperten P. Hans Zollner einen der Höhepunkte der Tagung dar. Neben anekdotisch gefärbten Erinnerungen an die Zeit im April 2015, in der Schönborn Klasnic gefragt hatte, ob sie die Aufgabe übernehmen wollte, verwies Schönborn auf die vielen Verstrickungen, die das Missbrauchsthema in der österreichischen Kirche spätestens seit der "Causa Groer" Mitte der 1990er Jahre aufwies. Schon damals sei Missbrauch teils "religiös verbrämt" worden und Opfer mit religiösen Formeln und Drohungen unter Druck gesetzt worden.
List: "Es darf keinen Schlussstrich geben"
Einen Ausblick auf die weitere Tätigkeit der Opferschutzanwaltschaft bot zum Schluss der Tagung schließlich die Nachfolgerin Klasnics, Caroline List. Die Opferschutzanwaltschaft werde so lange weiterarbeiten, wie es Altfälle aufzuarbeiten gebe, doch man werde sich auch für eine Nachschärfung der bestehenden Rahmenordnung für den Umgang mit Gewalt und Missbrauch in der Kirche einsetzen, so List. "Es darf keinen Schlussstrich geben", zeigte sich die Richterin überzeugt. Noch dazu vor dem Hintergrund, dass die Opferschutzanwaltschaft sich nach anfänglicher Sorge um zu große kirchliche Nähe von solchen Vorbehalten gänzlich frei machen konnte und zum Vorbild für viele andere und ähnliche Kommissionen wurde.
Sie versichere, die Arbeit für die Betroffenen professionell und "in höchstem Maße unaufgeregt" weiterzuführen, so List. Diese Arbeit gelte zuallererst den Betroffenen, aber auch der Blick auf die Täter sei wichtig. Schließlich gelte es auch für sie, mit ihrer Schuld weiterzuleben. "Wir sind kein Gericht - wir haben den Auftrag, auf das Leid des Einzelnen zu blicken und Heilung und Versöhnung zu ermöglichen", so die Juristin.
Quelle: kathpress