
Bischof Scheuer: Friedhöfe sind Gedenk- und Begegnungsorte
Im Leben und selbst nach dem Tod ist nicht immer alles abgeschlossen oder fertig: Daran hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer anlässlich des bevorstehenden Feiertags Allerseelen erinnert. Die Trauer verwandle sich, wie auch die Erinnerung an die Verstorbenen, und manchmal blieben da noch nicht geheilte Reste. Gespräche mit Familienmitgliedern und Vertrauten oder Grabbesuche seien tröstend, weil sie helfen, sich weiterhin mit den Verstorbenen in Verbindung zu fühlen, so Scheuer. "Die Friedhöfe sind ein Gedenkort und Begegnungsort", waren sich der Bischof und Clemens Frauscher vom St. Barbara Friedhof in Linz im Doppelinterview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" einig.
Blumen oder Kerzen auf das Grab zu stellen sei nicht nur ein Zeichen der Verbundenheit, sondern auch "Zeichen der Hoffnung, Zeichen des Lebens und Zeichen des Lichtes", so Scheuer. Neben den nächsten Angehörigen könnten auch Freunde, Berufskollegen oder Nachbarn so ihre Beziehung mit dem Verstorbenen pflegen. Für ältere Menschen sei es wichtig, einen Ort der Trauer zu haben, den sie auch wieder verlassen können.
Gemeinsame Rituale
Beziehungspflege brauche gemeinsame Rituale, betonte Scheuer, "zum Abschiednehmen, zum Trauern, zum Mahlhalten, zum Trösten und zum Neu-Ausschauhalten". Gerade in den schweren Stunden des Lebens helfe es, gemeinsam ein Vaterunser zu beten, ein Kreuzzeichen zu machen oder einen Segen zu spenden. Diese Rituale seien Ausdruck von Zugehörigkeit, einer gläubigen Gemeinschaft und solidarischen Gesellschaft. Einer Individualisierung des Todes, wie sie mittlerweile bei speziellen Trauerfeierlichkeiten praktiziert werde, könne er nichts abgewinnen, auch wenn "der Tod etwas Höchstpersönliches ist", betonte der Bischof.
Am Friedhof könne sich "die schmerzliche akute Trauer im Laufe der Zeit in gute Erinnerung an einen Verstorbenen verwandeln", erklärte der Verwalter des Linzer Barbara-Friedhofs, Clemens Frauscher. An der letzten Ruhestätte könnten sich auch Generationen verbinden: "Beim Familiengrab am Friedhof kann man den eigenen Kindern von den Großeltern erzählen und vielleicht sogar deren Erzählungen viele Jahrzehnte danach weitergeben. In einer Zeit schneller Veränderungen tut es gut, die eigene Herkunft bewusst wahrzunehmen."
Viele Menschen nützten den gepflegten Friedhof auch als tröstenden Naturraum mitten in der Stadt, so Frauscher weiter. "Daher ist uns am St. Barbara Friedhof eine naturnahe Bewirtschaftung und regelmäßige Aufforstung sehr wichtig. Viele Tiere leben am Friedhof, es gibt sogar einen eigenen 'Barbara-Honig', den unsere Bienen produzieren. So verwandelt sich die Landschaft der Stille zum artenreichen Biotop - einem Ort des Lebens", erklärte der Friedhofsverwalter.
Veranstaltungen am St. Barbara Friedhof
Rund um Allerseelen bietet der St. Barbara Friedhof viele Möglichkeiten, den Ort zu erkunden und auch, um sich mit den Themen Tod und Erinnerung auseinanderzusetzen. Bis 2. November ermöglicht der interaktive Stationenweg "Leben und Tod auf der Spur" am St. Barbara Friedhof Kindern, sich altersgerecht mit dem Thema Tod zu beschäftigen. Rund um die Elemente Erde - Feuer - Wasser - Luft kann gebastelt, gemalt, die Natur erkundet und fotografiert werden, heißt es auf der Website des Friedhofs. Jedes Kind erhält dabei auch eine eigene Kerze, um sie ganz persönlich zu gestalten. Zudem erfahren Kinder, wie man Menschen, die traurig sind, tröstet.
Die Ausstellung "Der Tod in den Religionen der Welt" gibt bis 2. November Einblick in Jenseitsvorstellungen und Rituale rund um Sterben und Totengedenken in den großen Weltreligionen.
Am 24. Oktober können Besucherinnen und Besucher um 14 Uhr beim geführten Rundgang "Von Stifter bis Samhaber" über die Geschichte, Berühmtheiten, Kultur und Natur am St. Barbara Friedhof erfahren. Um 18 Uhr laden die Seelsorgerin und Schriftstellerin Angelika Paulitsch und Pianist Saiddin Baltabay zum Herbstabend "Des Lebens Farben. Texte und Lieder von Tod und Leben" ein. Paulitsch liest Texte über ihre eigenen Erfahrungen mit der Grenze zwischen Tod und Leben. Baltabay, der unter anderem die "Bunten Blätter" von Robert Schumann zum Besten gibt, begleitet sie musikalisch.
Jugendaktion und Gesprächsmöglichkeiten
Im Rahmen der größten Jugendsozialaktion Österreichs "72 Stunden ohne Kompromiss" gestalten Jugendliche auf dem St. Barbara Friedhof Orte der Erinnerung - für Menschen, an die sonst kaum jemand denkt. Dafür stehen ungenutzte Wandgräber zur Verfügung. Am 25. Oktober wird das Projekt um 10 Uhr von den Jugendlichen in Anwesenheit von Bischof Manfred Scheuer präsentiert.
Von 29. bis 31. Oktober stehen bei Schönwetter jeweils von 13 bis 16 Uhr Seelsorgerinnen und Seelsorger der Citypastoral, der Pfarre Linz-Mitte und weitere aus dem Raum Linz für Gespräche beim Haupteingang des St. Barbara Friedhofs zur Verfügung. Eine Trostfeier mit Musik, Texten und einem Kerzenritual findet unter dem Titel "Sprich du das Wort, das tröstet und befreit" am 31. Oktober um 17 Uhr statt. Am 1. November wird Bischof Manfred Scheuer mit weiteren Seelsorgenden um 14.30 Uhr eine Allerheiligen-Andacht mit Friedhofsprozession und Gräbersegnung am St. Barbara Friedhof feiern.
(Infos: https://www.barbarafriedhof.at/)
Quelle: kathpress