
Interreligiöse Offensive schult Lehrer gegen Radikalisierung im Netz
Eine bislang einzigartige österreichweite Fortbildungstour zu den Radikalisierungsgefahren auf TikTok und anderen sozialen Plattformen sowie zu möglichen schulischen Gegenmaßnahmen haben die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Niederösterreich (KPH Wien/NÖ) und die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) gemeinsam durchgeführt. Die Kooperation, die sich an Lehrkräfte wendet, setzt besonders auf Aufklärung, Sensibilisierung und Bereitstellung konkreter Werkzeuge für den Schulalltag, heißt es in einer Aussendung vom Donnerstag.
"Lehrkräfte werden für die zunehmende Radikalisierungsgefahr im digitalen Raum sensibilisiert, um im Unterricht präventiv zu wirken", erklärte KPH-Rektorin Ulrike Greiner den Zugang der Kooperation. Gemeinsam mit der IGGÖ habe die KPH die Unterstützung für Lehrkräfte aller Fächer im kritischen Umgang mit digitaler Manipulation intensiviert.
Bereits mehrere hundert Pädagoginnen und Pädagogen in sieben Bundesländern - in Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und Burgenland - wurden geschult; Vortragende waren der Politik- und Islamwissenschaftler Nadim Mazarweh, Fachinspektor und Leiter der Extremismuspräventionsstelle bei der IGGÖ, sowie der Islamische Religionspädagoge Ramazan Demir, Hochschuldozent an der KPH Wien/NÖ. Mazarweh stellte theoretische Hintergründe dar und gab praktische Hinweise zur Prävention. Demir vermittelte praxisnah, wo im Unterricht angesetzt werden kann, und unterstrich die Gefahr sozialer Medien, die von Jugendlichen täglich stundenlang genutzt werden.
"Viele Erwachsene kennen die digitale Lebenswelt Jugendlicher kaum. Genau dort setzen Extremisten an", warnte Demir. Anhand realer Videobeispiele wurde dargelegt, wie Jugendliche durch manipulative Inhalte beeinflusst werden. Extremisten behaupten, Demokratie und Islam seien unvereinbar und Muslime würden in Europa nicht dazugehören. Genau hier setze auch der Islamische Religionsunterricht an: Er stärke die Vereinbarkeit von Demokratie und Islam und fördere die österreichisch-muslimische Identität.
Mazarweh nannte den Religionsunterricht einen "entscheidenden Präventionsraum": Lehrkräfte könnten in diesem Rahmen Orientierung, Reflexionsfähigkeit und Selbstbestimmung sowie Mündigkeit fördern. Gemeinsam mit den Lehrpersonen wurden Radikalisierungsindikatoren sowie mögliche Gegenmaßnahmen erörtert.
In einer Aussendung der IGGÖ vom Donnerstag appellierte Präsident Ümit Vural an die Politik und die Verantwortlichen der Plattform TikTok, extremistische Inhalte umgehend zu entfernen, "nicht morgen, sondern heute". Der oberste Vertreter der Glaubensgemeinschaft sah die Plattform in Verantwortung dafür, wem Reichweite gegeben werde. "Wenn Algorithmen gefährliche Ideologien verstärken, ist entschiedenes Gegensteuern gefragt", so Vural, der sich weiters auch für stärkere Vernetzung zwischen Lehrkräften, Imamen und Fachleuten aus Psychologie und Sozialarbeit aussprach. Ohne diese Zusammenarbeit sei kein wirksames Vorgehen gegen Extremismus möglich.
Quelle: kathpress