
Scheidender lutherischer Bischof: Karfreitag eine offene Wunde
Für den scheidenden evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka (65) bleibt die Abschaffung des Karfreitags als Feiertag für Evangelische eine offene Wunde seiner Amtszeit. "Ich glaube fest daran, dass man diese Wunde einmal beseitigen wird, vor allem auch als Gedenktag für das, was in der Geschichte mit dieser protestantischen Minderheit in Österreich passiert ist", sagte Chalupka in einem Interview für die jüngste Ausgabe des ORF-Religionsmagazins "Prisma". Am Samstag (8. November) wird Chalupka im Rahmen eines Festgottesdienstes in Wien als Bischof feierlich verabschiedet und mit Cornelia Richter seine Nachfolgerin - als erste lutherische Bischöfin in Österreich - in ihr gesamtösterreichisches Leitungsamt eingeführt.
In der ORF-Sendung blickte Chalupka auf seine sechsjährige Amtszeit als Bischof sowie seine 24-jährige Tätigkeit als Direktor der evangelischen Diakonie zurück. Die Verantwortung im Bischofsamt "ist immer nur eine auf Zeit geborgte", stellte Chalupka gleich zu Beginn klar. Man müsse sie ausfüllen, so gut man könne, "man wird an vielem scheitern und man wird manches erreichen können".
Hin zu einer Kirche "für die man sich entscheidet"
Zum Mitgliederschwund in der Evangelischen Kirche meinte der scheidende Bischof: "Wir werden ja von einer Kirche, in die man hineingeboren worden ist, zu einer Kirche, für die man sich entscheidet." Viele Initiativen seien in der Kirche in den letzten Jahren entstanden, gleichzeitig habe die Säkularisierung in der Gesellschaft zu viel Einsamkeit und Isolation geführt.
"Das ist auch politisch gefährlich", warnte Chalupka, weil Menschen sich über Social-Media-Kanäle nur das heraussuchten, was in ihr ideologisches Konzept passe. In einer Pfarrgemeinde wiederum seien "alle Menschen". Da müsse man dann "beim Sonntags-Kaffee" auch mit jemandem reden, der politisch ganz woanders stehe. Aber man habe einen Orientierungspunkt, über den man reden könne. "Das ist eine Aufgabe, die Kirche hat", zeigte sich Chalupka überzeugt.
Die Bewahrung der Schöpfung war für Chalupka ein zentrales Thema. So setzte sich der Bischof etwa intensiv dafür ein, dass die Evangelische Kirche bereits 2035 klimaneutral wird. Der ORF-Beitrag widmete sich auch den 24 Jahren Chalupkas als Direktor der Diakonie. Vor seiner Wahl zum Bischof stand Chalupka von 1994 bis 2018 an der Spitze des Dachverbands von rund 30 Hilfswerken und -vereinen im Bereich der evangelischen Kirchen der als älteste Sozialorganisation Österreichs gilt.
Besonders einschneidend sei das Jahr 2015 mit der Flüchtlingskrise gewesen, so Chalupka. Das sei "natürlich eine große Herausforderung" gewesen, wobei er damals schon gesagt habe: "Für uns ist das nicht neu. Wir haben uns vorher engagiert und wir engagieren uns auch jetzt noch."
Im Mai wurde mit der Wahl von Cornelia Richter die Nachfolge Chalupkas geregelt. In der Evangelischen Kirche seien Männer und Frauen gleichberechtigt, und das solle auch nach außen signalisiert werden, betonte Chalupka im ORF. "Deswegen ist es wunderbar, dass es so gekommen ist - und ich habe eine große Freude damit."
Quelle: kathpress