
Glettler: "Tiroler Sonntag" wichtigste Wochenzeitung Tirols
Mit einem feierlichen Gottesdienst ist am Gaudete-Sonntag im voll besetzten Innsbrucker Dom das 80-jährige Bestehen der Kirchenzeitung "Tiroler Sonntag" begangen worden. Die Jubiläumsmesse stand unter der Leitung von Bischof Hermann Glettler und wurde musikalisch vom Domkapellmeister, dem Domorganisten sowie einem Bläserquintett der Wiltener Stadtmusikkapelle gestaltet. Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Medien und Öffentlichkeit nahmen an der Feier teil. Der Gottesdienst bildete den zentralen Festakt zum Jubiläum der Zeitung, die am 2. September 1945 erstmals als "Kirchenblatt der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch" erschienen war.
In seiner Predigt zeichnete Glettler die Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Tiroler Sonntag nach. Das Blatt sei unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Phase tiefgreifender gesellschaftlicher Verunsicherung entstanden und habe von Beginn an Orientierung, Trost und geistlichen Halt vermittelt. Er erinnerte daran, dass der erste Redakteur Leopold Stratmann das Konzentrationslager Dachau überlebt hatte und überzeugt war, "dass der Wiederaufbau nur auf einem tragfähigen geistigen Fundament gelingen kann".
Der Tiroler Sonntag habe sich rasch zu einem Sprachrohr für Menschen entwickelt, die angesichts von Verlust, materieller Not und traumatischen Erfahrungen nach Orientierung und Zuversicht suchten. Zugleich verschwieg Glettler nicht, dass das Kirchenblatt - wie viele Institutionen der Nachkriegszeit - zunächst kaum in der Lage gewesen sei, die ideologischen und moralischen Verstrickungen der NS-Zeit kritisch aufzuarbeiten: "Die Zeit war dafür noch nicht reif, die Wunden zu frisch, die Sprachlosigkeit zu groß." Diese Auseinandersetzung sei erst in späteren Jahrzehnten möglich geworden.
Heute stehe der Tiroler Sonntag für einen offenen, verantwortungsvollen Diskurs, betonte der Bischof. Die Zeitung lasse kritische Fragen zu, nehme unterschiedliche Perspektiven ernst und setze dennoch klare inhaltliche Schwerpunkte. Bewusst verzichte man auf Skandalisierung, banalen Klatsch und bloße Unterhaltung im Hochglanzformat. Stattdessen verstehe sich der Tiroler Sonntag als Medium, das gesellschaftliche Entwicklungen einordnet, kirchliches Leben sichtbar macht und die Frohbotschaft lebensnah und "als Einladung" vermittelt.
Seit 80 Jahren begleite die Zeitung Menschen im Alltag, biete spirituelle Orientierung, greife soziale Themen auf und rufe zu Solidarität und tätiger Nächstenliebe auf, unter anderem durch regelmäßige Spendenaufrufe zugunsten der Caritas. Trotz sinkender Auflagenzahlen im Vergleich zu den unmittelbaren Nachkriegsjahren - damals waren es 50.000 Exemplare - erreiche der Tiroler Sonntag heute weiterhin rund 8.500 Leserinnen und Leser Woche für Woche. Sie sei nach wie vor die "wichtigste Wochenzeitung Tirols", so Glettler, der an die Verantwortlichen appellierte: "Keineswegs dürfen wir aufhören, die vielen, aufrichtenden Narrative einer verlässlichen Hoffnung zu verbreiten".
Der Jubiläumsgottesdienst stand unter dem Motto "80 Jahre Tiroler Sonntag ... unter einem guten Stern"; in dessen Rahmen segnete Bischof Glettler die neue Pilgerfahne von "Pilgern und Reisen mit dem Tiroler Sonntag", die das von Lucas Cranach gemalte Gnadenbild Mariahilf vom Hauptaltar des Innsbrucker Domes zeigt. Im Anschluss an den Gottesdienst gab es eine Agape auf dem Domplatz.
Quelle: kathpress