
Karfreitag: Scheuer rückt antijüdische Bibel-Auslegungen zurecht
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer hat in seiner Predigt beim Karfreitagsgottesdienst im Linzer Mariendom antijüdische Auslegungen der biblischen Passionsberichte zurechtgerückt. Ein falsches bzw. fehlgeleitetes Verständnis habe zu einem radikalen Gegensatz zwischen Judentum und Christentum bis hin zu Antijudaismus und Antisemitismus geführt. Kirchen und auch weltliche Regierungen hätten sich immer wieder auf die Aussagen des Neuen Testaments berufen, um Diskriminierung und Verfolgung von Juden zu rechtfertigen, so der Bischof, der in seiner Predigt erläuterte, wie betreffenden Stellen im Matthäus- und Johannes-Evangelium richtig zu verstehen seien.
Man dürfe die antisemitische Wirkungsgeschichte nicht ausblenden, nicht vergessen, nicht kleinreden und schon gar nicht rechtfertigen, so Scheuer und er hielt weiter fest: "Am Karfreitag gilt es radikal Abschied zu nehmen von allen Sündenbockmechanismen."
Am Karfreitag stelle sich die Frage, "was Unrecht, Verwundungen, Demütigungen, Kränkungen, eigene und fremde Schuld mit uns anstellen". Fluchtmechanismen wie die Suche nach Sündenböcken, die Verdrängung ins Unbewusste, Aggression oder das Schlucken seien keine wirkliche Erlösung und Befreiung, so Scheuer: "Wenn Ungerechtigkeiten mit Hass bekämpft werden, wird das Unrecht mehr. Wer sich selbst und anderen nicht verzeihen kann, wird vom Groll dominiert. Dann greift Vergiftung um sich. Manche sammeln sich ein Vorratslager an Vorwürfen gegen andere an."
Zum Leben, zur Freude und zur Auferstehung gehöre von Jesus her der Karfreitag mit dem Leiden. "Wenn wir in uns hineinhören, können wir das fremde Leid spüren, wenn wir uns nicht verhärten." Am Karfreitag werde der Blick auf den leidenden Jesus gewendet, aber auch auf die Gesichter von gezeichneten Menschen, "auf die Gesichter von Kindern, die schon von klein auf geschlagen sind, auf die Gesichter von Jugendlichen, die keinen Platz in der Gesellschaft finden und frustriert sind, auf die Gesichter von leiblich und psychisch Kranken, auf die Gesichter von Sterbenden, von Flüchtlingen".
Diese gelte es wahrzunehmen und nicht wegzuschauen, betonte Bischof Scheuer. Und es gelte, "hinter den Ruinen, dem Elend und dem Schmerz die Würde, die Kostbarkeit und auch die innere Schönheit dieser Menschen zu sehen".
Quelle: kathpress