Indio-Völker und Regenwald kommen in Enzyklika
Die in Arbeit befindliche Enzyklika von Papst Franziskus zur Bewahrung der Schöpfung erhält neue Inputs von Bischof Erwin Kräutler. In einzelnen Abschnitten werde er um die Bedrohung des Regenwalds und der indigenen Völker gehen, berichtete der aus Vorarlberg stammende Bischof von Altamira-Xingu den "Salzburger Nachrichten" (SN; Dientag-Ausgabe).
Kräutler war am Freitag vom Papst empfangen worden. Das 20-minütige Gespräch in spanischer Sprache sei "unheimlich herzlich" gewesen, sagte der Missionsbischof, der am 14. Mai in der Salzburger Universitätsaula zum Thema "Mein Leben in Amazonien" sprechen wird.
Befragt von den SN zum geplanten Papstschreiben berichtete Kräutler über sein Gespräch mit Franziskus: "Ich habe ihm eine Dokumentation über die 90 indigenen Völker übergeben, die in Amazonien ohne Kontakt mit der umgebenden Gesellschaft leben. Diese sind besonders bedroht, weil sie offiziell nicht existieren. Ich konnte das dem Papst selbst nahebringen, ich hatte aber auch drei Stunden lang ein Gespräch mit dem Präsidenten der päpstlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, Kardinal Peter Turkson. Dieser bereitet einen ersten Text für das geplante Papstschreiben vor." Kräutler habe Turkson gebeten, die Anliegen der indigenen Völker und des Regenwaldes in Amazonien unbedingt hineinzunehmen. Der Kardinal habe ihm seine private E-Mail-Adresse gegeben und ersucht, ihm Unterlagen aufzubereiten.
Die Situation der bedrohten Indios in Amazonien sei auch das eigentliche Gesprächsthema mit Franziskus gewesen. "Ich bin Präsident des Rats für die indigenen Völker der Brasilianischen Bischofskonferenz und habe dem Papst dazu eine Stellungnahme übergeben. Denn derzeit werden die Rechte der Indios, die wir 1988 in die Verfassung hineingebracht haben, im brasilianischen Kongress wieder massiv infrage gestellt", sagte der Bischof.
Auch enormer Priestermangel war Thema
Zweites Thema sei der Priestermangel gewesen. Altamira-Xingu sei flächenmäßig die größte Diözese Brasiliens mit 700.000 Gläubigen. Für die 800 Gemeinden stünden nur 27 Priester zur Verfügung, so dass viele Gemeinden nur zwei bis drei Mal im Jahr die Eucharistie feiern könnten, so der 74-jährige Austrobrasilianer. "Franziskus hat erwidert, der Papst könne von Rom aus nicht alles selbst in die Hand nehmen. Wir Bischöfe seien vor Ort, wir würden die Bedürfnisse unserer Gemeinden am besten kennen und wir sollten ihm daher ganz konkrete Vorschläge machen. Wir sollten 'corajudos' sein, sagte er auf Spanisch, das heißt couragiert, mutig, beherzt, kühn."
Der Papst habe dazu ermuntert, dass regionale und nationale Bischofskonferenzen sich auf Reformvorschläge einigen und die dann in Rom vorbringen sollten. Dabei sei "auch das Wort von den Viri probati gefallen, also von bewährten verheirateten Männern, die zu Priestern geweiht werden könnten", sagte Kräutler: "Der Papst selbst erzählte von einer Diözese in Mexiko, in der jede Gemeinde einen Diakon habe, aber viele keinen Priester. Es gebe 300 Diakone, die freilich nicht die Eucharistie feiern könnten. Die Frage sei, wie das weitergehen könne. Dazu sollten die Bischöfe Vorschläge machen."
Kritik übte Kräutler im Interview erneut an den Folgen des Megastaudamms Belo Monte. Durch den Stausee werde ein Drittel der Stadt Altamira überflutet. Die Zwangsumsiedlungen beträfen 40.000 Menschen.
(Infos zum Salzburger Vortrag mit Bischof Kräutler und zum anschließenden Seminar: www.virgil.at/de/bildung/aktuelle-veranstaltungen/themen-in-unserem-programm/gesellschaft/)