Alice Schwarzer gegen "falsche Toleranz"
Gegenüber der konsequent betriebenen islamistischen Unterwanderung auch des Westens darf es keine "falsche Toleranz" geben, die letztlich im Widerspruch zu den hart erkämpften Menschenrechten und Freiheiten Europas stünden. Das betonte die deutsche Feministin Alice Schwarzer beim "Pfingstdialog" im Rahmen der Reihe "Geist & Gegenwart" im kirchlichen Bildungszentrum Schloss Seggau (Steiermark).
Gewaltbereite muslimische Extremisten und "selbsternannte Gotteskrieger" bezeichnete Schwarzer am Donnerstag als "Faschisten" der Gegenwart. Sie betrieben die Verbindung von Fundamentalismus mit Rassismus und Sexismus. Die Publizistin sagte, sie enthalte sich jeder Bewertung des Islam, wende sich aber gegen den zunehmenden Einfluss des Islamismus in europäischen Medien, auf den Universitäten und auch im Rechtswesen.
Die streitbare Galionsfigur des deutschen Feminismus und Herausgeberin der Zeitschrift "Emma" referierte bei der Tagung unter dem Titel "Europa.wertvoll" über ihre seit der iranischen Revolution von 1979 zurückreichenden Erfahrungen und Recherchen mit jenen Formen des politisch missbrauchten Islam, die westlichen Werten wie Pluralismus und Toleranz feindlich gegenüberstehen. Den Anstoß zu ihrer langjährigen Beschäftigung mit dem Thema gab laut Schwarzer ein Hilferuf von Iranerinnen, die kurz zuvor noch gegen das Schah-Regime gekämpft hätten und bald danach von den Revolutionswächtern Khomeinis systematisch aus dem öffentlichen Leben in die Rechtlosigkeit getrieben worden seien.
Inzwischen sei die Situation noch weit schlechter geworden. In vielen muslimisch dominierten Ländern seien Islamisten ein Machtfaktor geworden, der zunehmend auch Europa bedrohe.
Schwarzer berichtete von einem skandalösen Verfahren in Wuppertal. Dort habe ein deutsches Gericht von einer erwachsenen Iranerin in einem Streitfall das Einverständnis von deren Vater eingefordert, weil Deutschland im Familienbereich das Recht des Herkunftslandes anerkenne.
Kopftuch als "Flagge des Islamismus"
Der zunehmenden Verschleierung muslimischer Frauen und Mädchen steht Schwarzer ablehnend gegenüber. Das Kopftuch werde zwar aus unterschiedlichen subjektiven Gründen wie ein sichtbares Bekenntnis zum Islam oder als Identitätssymbol getragen, objektiv dagegen sei das Tuch die "Flagge des islamistischen Kreuzzuges". Schwarzer berichtete vom Einwand einer Muslimin, eine verhüllte Frau sei doch besser als eine, die als nacktes Objekt auf westlichen Plakatwänden alltäglich ist. Die Feministin dazu: Beide Varianten machten Frauen zum Objekt - die schamlos entblößte Frau stehe im Besitz aller Männer, die verhüllte "gehöre" einem einzigen. Das "freiwillige" Anlegen des Schleiers sei sehr zu hinterfragen.
Schwarzer sprach sich gegen Kopftuch tragende Lehrerinnen an öffentlichen Schulen aus, auch andere religiöse oder politisch instrumentalisierte Symbole seien dort fehl am Platz. Die Autorin brach demgegenüber eine Lanze für eine strikte Trennung von Kirche bzw. Religion und Staat nach dem Vorbild der französischen Laicité: "Religion ist Privatsache", so die Publizistin.
Auch die deutsche Sprache im Unterricht sei eine unverzichtbare Voraussetzung für Integration und müsse verlangt werden. Wer hier "falsche Toleranz" im Sinne eines Kulturrelativismus an den Tag lege, leiste einem rechtsgerichteten Populismus Vorschub, der mit Fremdenfeindlichkeit politisches Kleingeld machen wolle.
Schwarzer empfahl Selbstbewusstsein im Blick auf die rechtsstaatlichen Errungenschaften westlicher Demokratien. Auch die hier unaufdringlich - nach ihrem Eindruck "nicht missionierend" - auftretenden christlichen Kirchen sollten ihre Werte viel selbstbewusster nach außen vertreten.
Auch der Islam prägte Europa
Um den Islam und seine Kompatibilität mit demokratischen Strukturen ging es auch in anderen Programmpunktes der vom Land Steiermark, der Diözese Graz-Seckau und dem Club Alpbach Steiermark veranstalteten, am Freitag endenden Tagung. Die Pressesprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), Carla Amina Baghajati wandte sich in einem Podiumsgespräch gegen die Unterstellung, im äußerst vielgestaltigen Islam gebe es keine Meinungsfreiheit. Viele heute "westlich" anmutende Errungenschaften seien in der Blütezeit des maurischen Islam auf der iberischen Halbinsel vorweggenommen worden. Die IGGiö-Sprecherin hob weiters hervor, dass nach den Anschlägen von 9/11 die Europäische Imamekonferenz keinen Zweifel am Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Toleranz gelassen habe.
Frustration äußerte Baghajati über den wachsenden Eindruck, die Deutungshoheit, was Islam sei, werde immer mehr Extremisten zugeschrieben. In einer "Insieme"-Gruppe am Donnerstagnachmittag wandte sich Baghajati aber auch gegen den Begriff eines "Europäischen Islam". Dieser lege nahe, dass den Muslimen vorzuschreiben sei, wie ihre Theologie auszusehen habe. Die Imamekonferenz habe demgegenüber vom "Islam in Europa" gesprochen - im Bewusstsein, dass Religion immer von der sie umgebenden Lebenswelt beeinflusst wird.
Der Politikwissenschaftler und frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser meinte in der "Insieme"-Gruppe, eine strkte Trennung von Religion und Staat halte er für gar nicht möglich. Ein Bedürfnis nach Metaphysischem gebe es in allen Gesellschaften. Von kirchlichen Würdenträgern werde berechtigterweise erwartet, dass sie sich zu gesellschaftspolitischen Themen äußern.
Papst Franziskus etwa stoße durch die ihm eigene hohe moralische Autorität und Glaubwürdigkeit im Einsatz für den Frieden eine "fundamentale Diskussion" an, während die Politik zunehmend Grundsatzfragen scheue und sich in Oberflächlichkeiten verliere. Seiner Zunft stellte der frühere ÖVP-Spitzenpolitiker kein gutes Zeugnis aus: Heute strebe man nach "Sprachregelungen", ohne erst gründlich über die Inhalte nachzudenken.