Öffnung: Kirchliche Kindergärten vermissen klare Richtlinien
Kirchliche Kindergärten vermissen klare Richtlinien über den Betrieb in Corona-Zeiten, und das seit Ausbruch der Pandemie. Elmar Walter, als Geschäftsführer der Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien für rund 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuständig, die 6.100 Kindern an 90 Standorten in ganz Wien betreuen, sprach im Kathpress-Interview am Dienstag von "Doppelbotschaften" seitens der zuständigen Politiker: Einerseits hieß es, Kindergärten seien offen zu halten, andererseits sollten die Gruppen möglichst klein gehalten werden. Dazu von Tag zu Tag die Unsicherheit, wer kommt: An manchen Standorten sei zuletzt kein Kind anwesend gewesen, in anderen mehr als zehn, schilderte Walter.
Es sei ein Grundauftrag für Kindergärten, Sicherheit zu geben. Das sei kaum möglich, wenn die Rede von 100.000 zu erwartenden Toten sei oder von einer zweiten Ansteckungswelle, die schlimmer als die erste werden könnte. Zuletzt sei vermeldet worden, dass die Gefahr einer Übertragung von Covid-19 durch Kinder minimal ist. "Soll mir recht sein", so Walter, aber das müsse auch verlässlich kommuniziert werden.
Den Eltern und Kindern Sicherheit zu vermitteln, sei nur möglich, wenn auch die Fachkräfte in den Kindergärten diese Sicherheit erleben. "Hier vermissen wir die Unterstützung der zuständigen politischen Verantwortlichen und Behörden", sagte der Geschäftsführer. Die Stadt Wien habe Ende vergangener Woche angekündigt, flächendeckende Schnelltest für die "systemkritische Infrastruktur" durchzuführen, "und das erste Mal wird explizit auch der Kindergarten als systemrelevantes Berufsfeld genannt". Allerdings ohne Information darüber, ob dies auch für private Trägerorganisationen wie die St. Nikolaussftiftung gilt, wie Walter anmerkte.
Deren Kindergärten hätten derzeit eine Auslastung zwischen 20 und maximal 50 Prozent, punktuell gebe es auch höheren Bedarf. In den Stiftungskindergärten würden nach Möglichkeit noch Kleingruppen mit maximal acht Kindern geführt. "Dies ist aber nur möglich, solange die Auslastung nicht über 30 Prozent steigt", so Walter. "Bis zu dieser Quote können die Hygienemaßnahmen vor Ort gut durchgeführt werden." Es sei freilich davon auszugehen, dass der Bedarf ab kommender Woche deutlich zunimmt.
Je mehr Wirtschaftsbetriebe wieder geöffnet haben, desto mehr Kinder müssen auch wieder in Einrichtungen betreut werden. Die für Schulen erlassenen klaren Regeln vom Bund fehlten im Bereich der Kindergärten, monierte der Geschäftsführer der Nikolausstiftung. Er erinnerte daran, dass sich die Stiftung schon lange für einen besseren Schlüssel im Verhältnis von Fachkräften und Kindern ausgesprochen habe; derzeit liege er bei zwei Betreuenden für 25 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren bzw. bei zwei Betreuenden für 15 Kinder unter 3 Jahren.
Kinder bekommen Nähe, die sie brauchen
Die Verunsicherung und Ängste im Elternhaus würden Kinder auch in die Einrichtungen mitbringen, berichtete Walter. "Social distancing" sei bei Kindern, die Nähe brauchen, zweitrangig, und Händewaschen und desinifizieren sei inzwischen fixer Bestandteil des pädagogischen Alltags. Der Kontakt werde auch dadurch minimiert, dass Kinder an der Tür von den Eltern abgegeben und wieder abgeholt werden. Insgesamt sei man in der Nikolausstiftung positiv überrascht davon, wie rasch den meisten Kindern nach einer Zeit der Abwesenheit der Wiedereinstieg gelungen sei.
Sorgen bereiten Walter auch absehbare finanzielle Engpässe. Trotz finanzieller Zuwendungen der Stadt Wien würden - aufgrund unterschiedlicher finanzieller Voraussetzungen der privaten Kindergärten - nicht alle Kosten der privaten Trägerorganisationen ersetzt. Das bringe private Betreiber wie die Nikolausstiftung in finanzielle Bedrängnis, so Walter im Kathpress-Interview. In diesem Sinne appellierte er an die politisch Verantwortlichen, dass jene Kosten, die den Förderbeitrag der Stadt übersteigen, etwa vom Härtefallfonds der Regierung getragen werden, so Walter. Manche Bundesländer hätten sich auch rasch bereit erklärt, auf Elternbeiträge in der Zeit des Lockdowns zu verzichten.
Quelle: kathpress