Fairtrade erwartet trotz Corona weitere Absatzsteigerung
Trotz der aktuellen Corona-Krise und der sinkenden Kaufkraft ist die Nachfrage nach Fairtrade-Produkten in Österreich ungebrochen. Der Umsatz mit fair produzierten und gehandelten Waren wie Kaffee, Bananen und Schokolade legte im Vorjahr um 5,4 Prozent auf nunmehr 351 Millionen Euro zu und dürfte auch im laufenden Jahr weiter steigen, erklärte Fairtrade-Österreich-Chef Hartwig Kirner am Freitag anlässlich der Präsentation der Zahlen für 2019. Zugleich wies er darauf hin, dass die Pandemie wirtschaftliche und gesellschaftliche Fehlentwicklungen der Vergangenheit aufzeige. National wie auch international seien Partnerunternehmen stark von der Krise betroffen.
Innerhalb der Produkte mit dem Fairtrade-Siegel am stärksten zugelegt hat im Vorjahr der Absatz mit Bananen, der um 13 Prozent auf nunmehr 31.535 Tonnen stieg und den Produzenten Direkteinnahmen von über 17,7 Millionen US-Dollar bescherte. Fairtrade-Kaffee wurde in Österreich um 11 Prozent mehr nachgefragt, insgesamt 4.621 Tonnen, und auch bei den fair gehandelten Kakaobohnen verzeichnete man mit 3.423 Tonnen um 6 Prozent mehr Umsatz als im Jahr davor. Dass für letztere der Mindestpreis um 20 Prozent angehoben wurden, um so den Kleinbauernfamilien ein besseres Einkommen zu ermöglichen, sei von den österreichischen Kakaopartnern "aus Überzeugung mitgetragen" worden, zeigte sich Kirner erfreut.
Durchschnittlich gaben die Verbraucher in Österreich pro Jahr 40 Euro für fair gehandelte Produkte aus, wobei die umsatzstärksten Produktsparten Schokolade/Süßwaren (42 Prozent), Bananen (19 Prozent), Kaffee (15 Prozent), Säfte und alkoholfreie Getränke (10 Prozent) sowie Baumwolle (5 Prozent) und Rosen (4 Prozent) waren. Das Fairtrade-Siegel wird an Produkte vergeben, bei denen Kleinbauern und Plantagenarbeiter einen garantierten Mindestpreis bekommen und bessere Arbeitsbedingungen herrschen; außerdem soll vor Ort in Bildungs- und Entwicklungsprojekte investiert und umweltfreundlich produziert werden.
Weltweite Folgen durch Corona
Auf weltweiter Perspektive sind die Auswirkungen der internationalen Coronavirus-Krise auf den Fairtrade-Sektor jedoch ungewiss. Schon jetzt sei absehbar, dass durch die Krise Rosen und Gastro-Kaffee weniger nachgefragt seien, während der Trend zum Selbst-Kochen und die höhere Wertschätzung von Lebensmitteln dem Fairtrade-Sektor aber zugutekomme, erklärte Kirner. Auch die Lebensbedingungen der Bauern und die Einhaltung der Menschenwürde für die Beschäftigten entlang der Lieferkette könnten nun mehr Aufmerksamkeit erfahren.
Beunruhigt zeigte sich der Verband dennoch über die Berichte von Fairtrade-Produzentenorganisationen zu den Auswirkungen der Pandemie vor Ort. Im vielen Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens gingen derzeit Lebensgrundlagen und Arbeitsplätze für Landwirte und Arbeitnehmer verloren, die in der Regel zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen zählten und meist über keine Sicherheitsnetze verfügten. Beschränkungen und Engpässe bei Transport und Export, teils auch bei landwirtschaftlichen Betriebsmitteln wie Dünger, Saatgut oder sogar Lebensmitteln, nähmen zu.
Viele Fairtrade-Produzenten hätten mittlerweile Solidaritätsaktionen gestartet und suchten nach pragmatischen Lösungen, berichtete der Verband: So werden etwa von den Fußball-Näherinnen in Pakistan Schutzmasken erzeugt, in Ecuador unverkaufte Fairtrade-Bananen an Bedürftige verteilt oder in Südafrika die Weinbau-Arbeiter mit Desinfektionsmitteln versorgt.
Offener Brief an Regierung
Angesichts der großen wirtschaftlichen sowie klimatischen Herausforderungen müssten auch politische Akteure Maßnahmen zugunsten der Kleinbauern setzen. In einem offenen Brief an die österreichische Bundesregierung fordert der Fairtrade-Verband, dass die Wirtschaft nicht auf Kosten der Ärmsten wieder hochgefahren werden und Solidarität nicht an heimischen oder europäischen Grenzen enden dürfe. Stattdessen sollte auf eine nachhaltigere Gestaltung der Wirtschafts-, Handels- und Gesundheitssysteme in den Ländern des Globalen Südens hingewirkt und die weltweiten Lieferketten sichern und fairer gestaltet werden. (Infos: www.fairtrade.at)
Quelle: kathpress