Anderssprachige Pfarren durch Corona noch stärker vernetzt
Für viele der in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund haben die muttersprachlichen katholischen Gemeinden in der Corona-Krise bisher eine zentrale Rolle gespielt: Das zeigt ein aktueller Situationsbericht, den das Rektorat der Arbeitsgemeinschaft Anderssprachiger Gemeinden der Erzdiözese Wien (ARGE AAG) erstellt hat. "Während österreichische Pfarren oft auf den Gottesdienst zentriert waren, haben viele anderssprachige Gemeinden in der Krise eine große soziale Rolle übernommen und den Kontakt zu ihren Mitgliedern, die sich wegen Sprachschwierigkeiten oft zusätzlich isoliert fühlen, noch verstärkt", erklärte Weihbischof Franz Scharl am Freitag gegenüber Kathpress.
Äußerst rasch hätten die anderssprachigen Gemeinden "umgeschaltet" und neue Angebote in der jeweiligen Muttersprache gestartet, zeigte sich Scharl, der in der Erzdiözese wie auch in der Bischofskonferenz für die anderssprachige Pastoral zuständig ist, begeistert. "Wir können von ihnen viel lernen und ermutigt werden", so der Bischof. Nicht übersehen dürfe man dabei die zusätzlichen Herausforderungen, vor denen die in Österreich lebenden Migranten aus Afrika, Asien oder Lateinamerika derzeit stünden: Für sie sei die Situation der Familienangehörigen in den Herkunftsländern stets präsent, erst recht in der Zeit der Coronavirus-Pandemie. Viele von ihnen leisteten mit Unterstützungen und Geldüberweisungen in die Heimat wichtige "Entwicklungshilfe".
Der von der Arbeitsgemeinschaft erstellte Bericht zeigt eindrucksvoll den Ideenreichtum und die Vielfalt der neu gestarteten Angebote. Etwa in der Wiener spanischsprachigen lateinamerikanischen Gemeinde wird in Kooperation mit Missio Austria jeden Sonntag um 10.30 Uhr ein Gottesdienst live übertragen, für welchen die Gemeindemitglieder Gebetsanliegen und Fürbitten via Mail und WhatsApp schicken. Laut Angaben des zuständigen Priesters, Angelo Jose Mejia Reynoso, würden damit nun mehr Menschen als zuvor erreicht, könne doch nun auch die Lateinamerikanische Gemeinde in Linz gleichzeitig mitfeiern. Viel Augenmerk gilt zudem dem Kontakt über Telefon und Soziale Medien, besonders zu älteren Menschen.
Auch zwei brasilianischen Gemeinden - jene von Wien und St. Pölten - sind im Zuge der Corona-Krise durch gemeinsame tägliche Gottesdienste und die eucharistische Anbetung "stärker zusammengewachsen", erklärte die Koordinatorin Sr. Aurelia Dankl, und weiter: "Das gemeinsame Gebet für alle von Corona betroffenen Regionen der Welt hat alle Grenzen gesprengt. Es ist, als ob es keine Distanz mehr gäbe zwischen dem Vatikan, unserer Gemeinde und der Kirche in der ganzen Welt!"
"Der Erlöser" heißt ein Telegram-Kanal, über den die Wiener Persisch-Afghanische Gemeinde in der Corona-Zeit kommuniziert und Gebete, Tageslesungen, Fotos und kurze Videobotschaften verschickt. In der maronitischen Gemeinde setzt man auf WhatsApp und Facebook, sowie auf regelmäßige Telefonanrufe und Einkaufsdienste speziell für ältere und alleinstehende Menschen.
Angebote zur Kommunion-Abholung
Beim Online-Streaming der Sonntagsmessen im maronitischen Ritus "haben wir vermutlich sogar mehr Leute als üblich erreicht", zog der Gemeindepriester P. Michael Harb Bilanz. Die Osterfeierlichkeiten hätten viele Gemeindemitglieder virtuell mit den maronitischen Libanesischen Missionaren im Libanon gefeiert, und wer große Sehnsucht nach der Heiligen Kommunion hatte, konnte diese zu Ostern nach Verabredung einzeln in der Kirche nach einem kurzen Gebet empfangen. Letzteres war auch bei der Chaldäischen Gemeinde die gelebte Praxis, wo viele Familien Gebetsgruppen via Messenger oder WhatsApp gebildet hätten, um so gemeinsam das Evangelium zu lesen und zu beten.
In den verschiedenen afrikanischen Gemeinden hat man das Angebot auf den Sozialen Netzwerken deutlich ausgebaut. So gibt es etwa bei den Französischsprachigen gemeinsame Gebete mit dem zuständigen Priester, der regelmäßig Evangelienauslegungen versendet. Hier wie auch in der englischsprachigen Gemeinde werden Messenger-Dienste von Gebetsgruppen eifrig verwendet, um auch ohne physische Treffen gemeinsam zu beten, wie der Priester John Kambole Mbulo bestätigte. Von Rosenkränzen und Bibelrunden mit virtueller Gemeinschaft berichtete auch der Priester Thomas Julivadistanto von der Indonesischen Gemeinde, der täglich einen Online-Gottesdienst mit anschließender eucharistischer Anbetung via Facebook streamt.
Aktive asiatische Communitys
Besonders lebendig ist auch der Corona-Modus in den Gemeinden des ostasiatischen Kulturkreises. Zwischen 900 und 1.200 Personen verfolgen mittwochs und samstags den Livestream der Eucharistiefeiern der philippinischen Gemeinde mit, zudem gab es in der Fastenzeit Online-Kreuzwege sowie täglich versendete Gedanken für den Tag. "Wir schaffen es mithilfe des Internet sehr gut, in unserer Gemeinde aktiv verbunden zu bleiben", berichtete Marizel Aguirre, ein Mitglied der Gemeinde.
Von der indischen Syro-Malabarischen Gemeinde sind viele Angehörige in Spitälern, Pflege- und Altersheimen tätig und auf diese Weise besonders mit der Covid-19-Pandemie konfrontiert, teilte der leitende Priester P. Thomas Thandappilly mit. Die Seelsorger stünden über Internet, Telefon, E-Mail sowie durch Audio- und Videoclips in engem Kontakt zu den Menschen, während die Jugendlichen sich sozial engagierten und die älteren Menschen der Gemeinde mit Lebensmitteln, Medikamenten und Dingen des täglichen Bedarfs versorgten. Besonders wichtig sei jetzt die Entwicklung einer "harmonischen und stabilen Familienkultur", einer "lebendigen Hauskirche" sowie gegenseitiger Beistand, sagte Thandappilly, "damit sich niemand allein, einsam und depressiv fühlt".
Drei Streaming-Gottesdienste pro Corona-Woche - in der Karwoche sogar sieben - gab es bisher in der vietnamesischen Gemeinde. Wie ein Vertreter, Tan Hoa Nguyen, erklärte, übersetze man in der Gemeinde Nachrichten zum Thema Corona und kirchliche Informationen ins Vietnamesische und sende sie an die einzelnen Mitglieder, wofür es viele positive Rückmeldungen von Menschen in ganz Österreich gebe. In der japanischen Gemeinde wird täglich um 12 Uhr per Skype das Mittagsgebet der Kirche gebetet, im Mai dazu auch jeden Samstag der Rosenkranz und einmal monatlich ein Wortgottesdienst, informierte Pastoralassistentin Johanna Aoki. Wenn jemand aus der Gemeinde keinen Zugang zum Internet habe, wird er regelmäßig telefonisch kontaktiert.
Quelle: kathpress