Eva Petrik gestorben
Wien, 5.11.07 (KAP) Die langjährige Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), Eva Petrik, ist am Montag im 76. Lebensjahr an einem Krebsleiden gestorben. Sie verschied im Kreis ihrer Familie in den frühen Morgenstunden im Wiener Hospiz am Rennweg, wo sie seit Freitag betreut wurde.
Eva Petrik war eine der prägenden Persönlichkeiten des Laienapostolates in der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg; seit den frühen 1950-er Jahren war in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich engagiert. Von 1991 bis 1997 war sie KAÖ-Präsidentin, 1993 war sie maßgeblich am "Lichtermeer" gegen Fremdenfeindlichkeit beteiligt.
Begonnen hatte Petrik, die in Graz geboren wurde und in Wien aufwuchs, ihr kirchliches Engagement mit dem Aufbau der Katholischen Jungschar in der Pfarre Krim (Wien 19), 1952-1955 war sie Diözesanführerin, 1954-1957 Zentralführerin der Mädchenjungschar. Ab 1958 unterrichtete Petrik am Gymnasium des Instituts Neulandschulen in Wien 19 und war Lehrbeauftragte an der Religionspädagogischen Akademie der Erzdiözese Wien. 1974 und 1983 war sie stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Katholikentage, 1988-1994 Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft für katholische Erwachsenenbildung (BAKEB), im "Koordinierungausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit" war sie bis zuletzt angegiert. Auf politischer Ebene war Eva Petrik VP-Mandatarin im Wiener Landtag und Gemeinderat.
Im März 2007 erhielt Eva Petrik aus der Hand von Kardinal Christoph Schönborn den Stephanusorden in Gold, die höchste diözesane Auszeichnung in "Anerkennung ihrer Verdienste für die Erzdiözese Wien". Unter den zahlreichen weiteren Auszeichnungen für Petrik findet sich auch das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Kritikerin polarisierender Ausländer-Politik
Auf politischer Ebene war Eva Petrik VP-Mandatarin im Wiener Landtag und Gemeinderat. Allerdings trat sie aus der Volkspartei aus, als diese im Jahr 2000 eine Regierungskoalition mit der von Petrik wegen ihrer polarisierenden Ausländer-Politik immer wieder kritisierten FPÖ einging. Sie habe nicht akzeptieren können, "dass die ÖVP ihr christlich-soziales Grundsatzprogramm verletzt", indem sie "ausgrenzende" und "menschenverachtende Sager" durch Regierungsverantwortung "salonfähig" mache, begründete Petrik damals ihren Schritt. Sie habe sich stets für Ausgegrenzte, im Speziellen für Flüchtlinge und Asylwerber engagiert. Wer Politik auf deren Kosten mache, stehe im Widerspruch zum christlichen Menschenbild.
"Kritische Loyalität" zur Kirche
Die frühere KAÖ-Generalsekretärin und langjährige Weggefährtin und Freundin der Verstorbenen, Ruth Steiner, hob in einer ersten Stellungnahme gegenüber "Kathpress" Petriks "kritische Loyalität" zur Kirche hervor. Vor allem in den Bereichen Ökumene und im christlich-jüdischen Dialog habe Petrik Bleibendes geleistet, die Katholische Aktion und das Laienapostolat in Österreich seien über viele Jahre von ihr wesentlich geprägt worden. Petrik hat nach den Worten Steiners die KAÖ gerade auch durch schwierige Zeiten geführt; sie habe den Weltauftrag der Laien in der Kirche aber immer mit Selbstbewusstsein und zugleich tiefer Verbundenheit mit der Kirche, "die sie liebte", ausgeübt.
"Wir sind tief betroffen, Eva Petrik als Freundin und Weggefährtin verloren zu haben", heißt es in einer Aussendung des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, dem Petrik bis 2005 als Vizepräsidentin diente. Der Präsident des Koordinierungsausschusses, der evangelisch-methodistische Pastor Helmut Nausner, würdigte das "klare Urteilsvermögen" und die hohe Einsatzbereitschaft Petriks: "Sie ist auch in schwierigen Zeiten dem Koordinierungsausschuss zur Seite gestanden und hat mit ihren vielen Kontakten versucht, im privaten Bereich und bei öffentlichen Auftritten das Anliegen des christlich-jüdischen Dialogs weiter zu tragen." Bis zuletzt habe die schon schwer von ihrer Krankheit Gezeichnete an den Vorstandssitzungen teilgenommen.
Der Wiener Religionspädagoge Prof. Martin Jäggle, als katholischer Vizepräsident des Koordinierungsausschusses Nachfolger Eva Petriks, sagte, dass die Zusammenarbeit zwischen Juden und Christen ein "zutiefst persönliches Anliegen" von Petrik war: "Es gelang ihr, deutlich zu machen, dass christlich-jüdischer Dialog nicht nur ein Thema der Theologinnen und Thelogen ist, sondern Konsequenzen auch für die Arbeit in der Pfarre hat. Petrik war eine überzeugende Botin für das Anliegen des Dialogs und sehr geschickt darin, passende Aktivitäten dazu auf die Beine zu stellen." So hatte Petrik in ihrer Heimatpfarre Pötzleinsdorf Veranstaltungen zu Themenbereichen des christlich-jüdischen Dialogs auf die Beine gestellt und Exkursionen organisiert, bei denen man jüdische Geschichte und das lebendige Judentum heute in Wien persönlich kennen lernen konnte.
Verheiratet war Eva mit Josef Petrik (79), der u.a. als langjähriger Vorsitzender des Katholischen Familienwerks Österreichs ebenfalls eine der prägenden Gestalten der österreichischen Kirche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war. Ihre Tochter Regina war führend in der Katholischen Jungschar tätig, und ihr Schwiegersohn Christoph Petrik-Schweifer ist derzeit Auslandshilfechef der Caritas Österreich.
"Schwerer Verlust für Kirche und Katholische Aktion"
Von einem "schweren Verlust für die katholische Kirche und für die Katholische Aktion" sprach Luitgard Derschmidt, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), in einer ersten Reaktion auf den Tod von Eva Petrik. Ihre "eindeutige politische Option für die Schwachen" sowie ihr "Bemühen um den Dialog mit allen Menschen guten Willens" sei "gleichermaßen Vermächtnis und Verpflichtung für die Katholische Aktion", so Derschmidt.
Petriks Leben sei geprägt gewesen von einer "tiefen Glaubensüberzeugung", die für sie gleichermaßen "Auftrag und Verpflichtung zum Engagement in Kirche und Gesellschaft" bedeutet habe. In ihrem Einsatz sei sie stets "vom Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils getragen" gewesen, was sich in ihrem Bemühen ausgedrückt habe, die "Zeichen der Zeit" zu erkennen. Auch ihr Selbstverständnis als "Laiin" sei im Konzil begründet. Über viele Jahre hinweg habe sie ihr "Laienapostolat" in zahlreichen kirchlichen Einrichtungen und auf verschiedenen Ebenen ebenso ausgeübt wie in der Erwachsenenbildung, in der Lehre sowie als Politikerin. "Der Stellenwert und die Aufgaben der Laien waren ihr ein wichtiges Anliegen", so Derschmidt.
In ihrer Zeit als KA-Präsidentin zwischen 1991 und 1997 habe Petrik unter anderem "ein neues Kapitel" in der Kooperation der Katholischen Aktion mit anderen gesellschaftlichen Organisationen und NGOs aufgeschlagen. Ein Höhepunkt dieser Zusammenarbeit stellte das "Lichtermeer" gegen Fremdenfeindlichkeit im Jahr 1993 dar. Wörtlich sagte Derschmidt in ihrer Stellungnahme: "Wir brauchen mehr wahrhaftige Menschen vom Schlage Eva Petriks, die Menschlichkeit über Parteikalkül stellen und die ihren Glauben attraktiv, zeitgemäß und glaubwürdig vertreten. Sie wird uns sehr fehlen."
Trauer auch in der Politik
Den "vorbildlichen" Einsatz Eva Petriks für Minderheiten und sozial schwache Menschen, denen sie "stets ihre Stimme geliehen" habe, würdigte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Besonders hob er in seiner Stellungnahme am Montag Petriks Engagment gegen Fremdenfeindlichkeit sowie im Dialog zwischen dem Christentum und anderen Religionsgemeinschaften hervor.
"Mit dem Tod von Evi Petrik verlieren wir ÖVP-Frauen nicht nur eine persönliche Freundin, sondern auch eine Mitstreiterin zur Verbesserung der Situation für Frauen", reagierte die frühere Bundesministerin und jetzige ÖVP-Frauenchefin Maria Rauch-Kallat auf die Nachricht vom Tod Eva Petriks. Als Gründungsmitglied des "Clubs alpha", einer Bildungsakademie für Frauen, sei es Petrik immer sehr wichtig gewesen, "dass vor allem Frauen ein hohes Maß an Bildung erreichen können", erinnerte Rauch-Kallat.
Trauer über den Tod Petriks äußerte auch der Klubobmann der ÖVP Wien, LAbg. Matthias Tschirf. Petrik war in der Zeit von 1983 bis 1991 Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete in Wien, am Ende ihrer Funktionsperiode auch Vorsitzende des Wiener Gemeinderates.
"SOS Mitmensch" würdigt Petrik
Auch die Initiative "SOS Mitmensch" äußerte tiefe Trauer um Eva Petrik. Sie sei als Vorsitzende der KAÖ maßgeblich an der Planung und Umsetzung des Lichtermeers im Jahr 1993 beteiligt gewesen. "Eva Petrik war eine Frau, die sich über die Parteigrenzen hinweg für Solidarität mit den Schwächsten eingesetzt hat", so "SOS Mitmensch"-Sprecher Philipp Sonderegger. Sie war auch eine der Mitbegründerinnen der Plattform.
In einem Beitrag zum Lichtermeer hatte Petrik geschrieben: "Das Reich Gottes ist nicht nur ein jenseitiges. Es hat schon hier und jetzt begonnen, und dies geschieht nicht ohne Mitwirkung der Menschen." Diesem Grundsatz sei Petrik bis zum Schluss treu geblieben, sie habe auch lange nach der Beendigung ihres Berufslebens immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Schwächsten gehabt, so Sonderegger: "Unser Mitgefühl gehört ihrer Familie und ihrer nächsten Umgebung." (forts.mgl.)
