ORF informiert über Christen in China
Wien, 3.8.08 (KAP) Die Situation der Christen in China beleuchtet das Religionsmagazin "kreuz&quer"am 5. August um 22.30 Uhr in ORF 2. Schätzungen zufolge leben heute rund 100 Millionen protestantische und etwa 15 Millionen katholische Christen im "Reich der Mitte". Ihre Zahl wächst stark an, weil sich die chinesische Gesellschaft nach der Ära Mao Tse-tungs im Umbruch befindet. Viele Chinesen stoßen auf der Suche nach Inhalten, Werten und spirituellen Angeboten auf das Christentum.
ORF-China-Korrespondentin Cornelia Vospernik erklärt in ihrer Dokumentation "Jesus im Reich der Mitte - Christen in China", die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die das christliche Bekenntnis in China mit sich bringt und gibt einen Einblick in das Leben protestantisch-freikirchlicher Hauskirchen, die sich großen Zulaufs erfreuen. Der Film zeigt auch die weltweit größte Bibeldruckerei (die "Amity"-Druckerei) in Nanjing (der einstigen "südlichen Hauptstadt"). 50 Millionen Bibeln wurden bereits produziert, jährlich kommen zwölf Millionen Bibeln dazu.
Die "kreuz&quer"-Dokumentation widmet sich auch der schwierigen Situation der katholischen Kirche in China. Die Aussöhnung der beiden Strömungen in der katholischen Kirche - der sogenannten "Untergrundkirche" und der staatlich zugelassenen "Patriotischen Vereinigung chinesischer Katholiken" (PACC) - ist ein schwieriges pastorales und kirchenpolitisches Vorhaben.
Papst Benedikt XVI. hat im Jahr 2007 mit seinem Brief an die chinesischen Katholiken ein hoffnungsvolles Signal gesetzt. Darin verlangte er volle Religionsfreiheit für alle Katholiken in China, bot jedoch zugleich den Behörden einen respektvollen und konstruktiven Dialog an, der bis hin zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen der Regierung in Peking und dem Heiligen Stuhl reichen könnte.
"Patrioten" und "Untegrundkatholiken"
Rund 13 bis 15 Millionen der etwa 1,3 Milliarden Einwohner Chinas sind Katholiken. Auch wenn die Katholiken nur eine kleine Minderheit sind, haben sie dennoch landesweit funktionierende Kirchenstrukturen. In der Volksrepublik China gibt es insgesamt mehr als 140 katholische Diözesen.
Die chinesische KP forderte nach ihrem Sieg im Bürgerkrieg und der Machtergreifung 1949 von der katholischen Kirche des Landes, sich vom Heiligen Stuhl loszusagen und eine Nationalkirche zu begründen. Das Instrument dafür sollte die 1957 ins Leben gerufene "Patriotische Vereinigung chinesischer Katholiken" (PACC) sein. Die bei der Gründung der PACC anwesenden katholischen Bischöfe wurden von Pius XII. 1958 exkommuniziert. Viele Jahre bestand für die PACC von Seiten der Regierung die Auflage, nur jene katholischen Lehren und Regelungen zu akzeptieren, die vor 1949 in Gültigkeit waren. Daher wurden auch die Gottesdienste in den von der PACC kontrollierten Kirchen bis vor 20 Jahren "tridentinisch" und auf Latein zelebriert. Mittlerweile wurde aber das Zweite Vatikanische Konzil auch von der PACC rezipiert.
Nicht alle chinesischen Katholiken wollten sich 1957 dem Diktat unterwerfen, gingen in den Untergrund und nahmen die Verfolgung auf sich. In der Zeit der "Kulturrevolution" (1966-1976) waren dann auch die "patriotischen" Katholiken einer dramatischen Verfolgung ausgesetzt. Priester aus der "Untergrundkirche" müssen bis heute mit staatlichen Sanktionen rechnen. Immer wieder werden Priester und Bischöfe verhaftet oder verhört.
In der Praxis verschwindet die scharfe Grenzziehung zwischen den beiden Gruppierungen allerdings allmählich. Papst Benedikt XVI. setzte mit seinem Brief an die chinesischen Katholiken im Mai 2007 einen neuen Impuls in Richtung Versöhnung und Einheit der chinesischen Christen. Bis auf wenige Ausnahmen sind auch die meisten "patriotischen" Bischöfe inzwischen vom Vatikan anerkannt. Bei den Bischofsernennungen der jüngsten Zeit gibt es zwar einen Wahlvorgang nach dem Reglement der PACC, es wird aber die Übereinkunft mit dem Heiligen Stuhl gesucht.
Seit der kommunistischen Machtübernahme in China bestehen keine offiziellen Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl. Der letzte Apostolische Nuntius, Erzbischof Antonio Riberi, konnte noch zwei Jahre in der "südlichen Hauptstadt" (Nanjing) bleiben, wo die Kuomintang-Regierung residierthatte. Aber 1951 wurde er ausgewiesen. Über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen gibt es immer wieder Verhandlungen. Eine Kernfrage ist dabei die Pekinger Forderung, Rom müsse zuerst seine Kontakte zu Taiwan völlig abbrechen (derzeit gibt es in der taiwanesischen Hauptstadt Taipei noch einen vatikanischen Charge d'affaires ad interim).
Die Anfänge der Christianisierung in China liegen in der Mission durch syrische Mönche im 7. Jahrhundert, die der Kirche des alten Perserreichs, der Apostolischen Kirche des Ostens, angehörten. Weitere Schübe der Missionierung erfolgten in der Zeit der Mongolenherrschaft und dann wieder ab dem 16. Jahrhundert. Im 19. und 20. Jahrhundert fand dann eine landesweite Missionsoffensive statt, die wegen der Verbindung mit westlichen Mächten nicht unumstritten war.
