Militärbischöfe aus aller Welt tagten in Wien
Enquete des "Instituts für Religion und Frieden" zu militärseelsorglichen Herausforderungen in unterschiedlichen Wehrsystemen
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Wien, 20.10.11 (KAP) Gleichgültig, welches Wehrsystem in einem Land zur Anwendung kommt - Aufgabe der Militärseelsorge muss es stets sein, auf die Soldaten zuzugehen, sie in ihrem Dienst zu begleiten und sich für Menschenwürde und die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen. Das war der Tenor einer Enquete des Instituts für Religion und Frieden am Mittwoch in Wien. 17 Militärbischöfe aus aller Welt sowie zahlreiche weitere hochrangige Militärgeistliche waren in Wien zusammengekommen, um Erfahrungen auszutauschen.
Der Österreichische Generalstabschef Othmar Commenda bekannte sich zur Militärseelsorge im heimischen Bundesheer und sagte Militärbischof Christian Werner volle Unterstützung von Seiten der Heeresleitung zu. Die Militärseelsorge werde künftig an Bedeutung zunehmen, zeigte sich der Generalstabschef überzeugt, unabhängig davon, ob das Österreichische Bundesheer beim derzeitigen System bleibt oder sich in Richtung Berufsheer entwickelt.
Gerade in außergewöhnlichen Situationen, im Einsatz, manchmal unter Gefahr des eigenen Lebens, seien klare Wertvorstellungen erforderlich, ergänzte Rene Segur-Cabanac, stellvertretender Kommandant der Landesverteidigungsakademie.
Norbert Brunner, Bischof von Sitten und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, stellte das Wehrsystem der Schweizer Armee vor, die zum überwiegenden Teil aus Milizangehörigen besteht: 96 Prozent Milizsoldaten stehen nur vier Prozent Berufssoldaten gegenüber. Auch die katholische wie protestantische Militärseelsorge sei nach dem Milizsystem organisiert. Der Soll-Bestand an Armeeseelsorgern beträgt in der Schweiz 356 Personen, jedoch stünden zurzeit nur 249 Seelsorger und Seelsorgerinnen zur Verfügung. Weil sowohl Armeeführung wie auch die Kirchen der Armeeseelsorge hohe Bedeutung beimessen, müssten Maßnahmen ergriffen werden, um die Zahl an Seelsorgern zu erhöhen, forderte Bischof Brunner. Trotz der Schaffung eines Sozialdienstes und eines psychologischen Dienstes in der Schweizer Armee bleibe die Militärseelsorge unverzichtbar.
Von unterschiedlich erfolgreichen seelsorglichen Bemühungen berichtete Juan Barros Madrid, Militärbischof für Chile. Während die Priester relativ leicht Zugang zu den jungen Rekruten finden würden sei es wesentlich schwieriger, die Berufssoldaten zu erreichen. Rund 50 Prozent der chilenischen Streitkräfte würden bereits von Berufssoldaten gebildet, Tendenz steigend. Hier stehe die Militärseelsorge vor großen Aufgaben, so Madrid, dem für seine Arbeit 85 Priester und zehn Diakone zur Verfügung stehen. Die Militärseelsorge in Chile kann bereits auf eine über 100-jährige Tradition zurückblicken.
In Chile besteht grundsätzlich noch Wehrpflicht, die allerdings nur dann zum Tragen kommt, wenn sich nicht genug Freiwillige melden, was derzeit aber in der Regel der Fall sei. Die freiwilligen Rekruten stammten in der Regel aus sozial niedrigen Schichten, für viele von ihnen eröffne die Armee berufliches Weiterkommen, Aus- und Weiterbildung sowie soziale und gesundheitliche Versorgung.
1,5 Millionen katholische US-Soldaten
Von ganz anderen Dimensionen berichtete Frank Richard Spencer, Militärweihbischof der USA für Europa und Asien. Die katholische Militärseelsorge sei für rund 1,5 Millionen katholische Soldaten in den USA und mehr als 70 weiteren Ländern zuständig. Die Militärseelsorge in den USA verstehe sich hauptsächlich als Seelsorge für junge Erwachsene. Diese seien zum Großteil wenig religiös, dringend Not tue eine ethische Ausbildung. Spencer betonte, dass die Militärseelsorger Vorbilder für die jungen Soldaten sein sollen.
Große gesamtkirchliche Bedeutung komme der Militärseelsorge in Südkorea zu, wie Militärbischof Xavier Yu Soo II ausführte. Mehr als 380.000 Katholiken wurden in den vergangenen 60 Jahren von Militärseelsorgers getauft. Diese Zahl entspreche 7,4 Prozent aller Katholiken in Südkorea. Yu Soo II: "Die Militärseelsorge hat eine herausragende Rolle in den Evangelisierungsbemühungen in Südkorea gespielt." In der südkoreanischen Armee arbeiten - neben 272 protestantischen und 136 buddhistischen - 94 katholische Militärseelsorger. Unterstützt werden sie von 35 Ordensschwestern und 45 Laien. Die Zahl der Seelsorger sei allerdings limitiert durch die Vorgaben des Verteidigungsministeriums und des multikonfessionellen Militärseelsorgsamts, berichtete der Bischof.
Große Herausforderungen für die Seelsorger bestünden in der kurzen Zeit, die während der Grundausbildung der Soldaten für die Taufvorbereitung zur Verfügung steht sowie in der sehr häufigen Versetzungen der Berufssoldaten. Die Einführung einer Freiwilligenarmee in Südkorea sei im südkoreanischen Kontext nicht sinnvoll, stellte der Militärbischof fest. Gründe dafür seien die andauernde Bedrohung durch Nordkorea, die hohen Kosten und die geringe Geburtenrate.
Einen anderen Weg ging Argentinien. Seit 1994 entscheiden sich Argentiniens Soldaten freiwillig für den Dienst am eigenen Land, erläuterte Pedro Candia, Diözesanadministrator des Militärordinariats von Argentinien. Unabhängig vom Wehrsystem sei es aber ein wesentlicher Punkt, den Beruf des Soldaten als Berufung zu verstehen, betonte Candia.