Lebenskunst
15./16.8. | 07:05 | Ö1
15. August
Dem Schutz einer großen Mutter (an)vertrauen – Ausflug nach Maria Schutz auf den Semmering
Folgt man dem Glauben der christlichen Kirchen, wird in Jesus, dem Christus (Messias), Gott erfahrbar und ist daher auch seine Mutter, Maria von Nazareth, ein Ausnahmemensch, eine, wie es heißt "Gottesgebärerin". Und wenn am 15. August "Mariä Himmelfahrt" im Kalender steht, dann wird an diesem Tag eines der ältesten Feste des Christentums begangen, dessen Wurzeln bis ins 5. Jahrhundert zurückreichen. Als verbindliche Glaubenswahrheit für die römisch-katholische Kirche wurde die Aufnahme Mariens in den Himmel "mit Leib und Seele" 1950 definiert, von Papst Pius XII. Dadurch sollte unter anderem auch auf die Ganzheitlichkeit des Menschen, der aus Leib und Seele besteht, hingewiesen werden. 70 Jahre danach lädt Markus Veinfurter zu einem Ausflug in einen besonderen Marienwallfahrtsort ein, nach Maria Schutz auf dem Semmering. Nicht nur die Heilquelle dort soll bei Krankheiten und Epidemien schützen…
Große Mütter, göttliche Mütter, Muttergottheiten – Ein Blick in die Religionsgeschichte und in die Sehnsucht der Menschen
In unzähligen religiösen Traditionen wandten und wenden sich Menschen mit ihren Bitten an große Mütter, an göttliche Mütter oder Muttergottheiten. Im Christentum nimmt diese Rolle eben Maria von Nazareth ein, die den Schriften des Neuen Testaments zufolge Jesus geboren und bis unters Kreuz begleitet hat. Indes: Maria ist eine besondere, verehrungswürdige Mutter (wobei die christlichen Traditionen da eine große Bandbreite kennen von opulenten Feiern bis hin zur schlichten Wertschätzung einer biblischen Persönlichkeit) - feststeht aber, dass sie zu 100 Prozent menschlich ist. Das unterscheidet sie von göttlichen Müttern und Muttergottheiten in anderen Religionen. Wie alt die Kulte der Großen Mutter tatsächlich sind, lässt sich kaum abschätzen. Schon Figurinen aus der Altsteinzeit werden als Darstellungen von Mutter- und Fruchtbarkeitsgöttinnen interpretiert. Man findet sie in den indigenen Kulturen Südamerikas - wie in Hindu-Traditionen - und mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften und Wirkungsbereichen: demütig, fürsorglich, aufopfernd und sanft; unabhängig, erotisch und mächtig. Manche sind all das zugleich. Wie auf Erden, so ähnlich also im Himmel oder in den anderen göttlichen Sphären, wie Kerstin Tretina erkundet hat.
Sommerreprisen – Interessantes zum sommerlichen Wiederhören: Reihe „Wo sich Himmel und Erde berühren. Der Wiener Stephansdom“
Nach Teil I: „Mein Stephansdom – Eine Kathedrale als Freund“ und Teil II: „Ein Dom für alle Österreicher/innen?“ sendet LEBENSKUNST 75 Jahre nach dem großen Brand des österreichischen Symbols
Teil III: Jüdische und muslimische Symbole im und am Stephansdom
Es gibt wohl kaum jemanden, der oder die ihn nicht kennt - den Wiener Stephansdom. Die einen haben ihn vielleicht im Zuge einer Städtereise oder mit der Schule im Rahmen der Wienwoche besucht. Andere haben ein persönliches Nahverhältnis zu ihm, sind auch mit schwerer zugänglichen Bereichen vertraut, den Katakomben etwa oder dem hohen Südturm. Was allerdings die meisten nicht wissen: Neben – natürlich – zahlreichen christlichen Elementen findet sich auch Jüdisches und Muslimisches in der Domkirche, deren Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Zum Teil sind die Darstellungen alles andere als freundlich dem Judentum und dem Islam gegenüber. Aber auch Zeichen der interreligiösen Freundschaft unter den Kindern Abrahams haben ihren Platz. Was es damit auf sich hat - und wie Angehörige nicht-christlicher Religionen den Stephansdom erleben - das hat Kerstin Tretina in Erfahrung gebracht.
Das Leben, eine Himmelfahrt – Bibelessay zu Lukas 1,39-56
Geradezu vorweihnachtlich klingt das Evangelium, das am 15. August in den katholischen Kirchen gelesen wird: Es geht um die schwangere Maria, die ihre Verwandte Elisabeth besucht. Doch im Zentrum des LEBENSKUNST-Bibelessays der Vorarlberger katholischen Theologin und Psychotherapeutin Helga Kohler-Spiegel steht nicht adventliches Brauchtum - bis dahin sind es noch vier Monate - sondern das Thema der Veränderung. Die schwangere Maria singt von der göttlichen Zusage, die Verhältnisse dieser Welt umzukehren, sie singt von einem Leben nach den Spielregeln Gottes. Und, so die Theologin, zu Maria Himmelfahrt feiern manche christlichen Kirchen, dass an Maria stellvertretend geschieht, was allen zugesagt ist: Dass die Menschen nicht im Tod bleiben werden, sondern – so die biblische Überlieferung – dass sie aufgenommen sind bei Gott. Oder man könnte auch sagen, dass – wie bei Maria – das eigene Leben mit einer „Himmelfahrt“ enden wird.
16. August
Interessantes und Inspirierendes zum sommerlichen Wiederhören: Reihe „Wo sich Himmel und Erde berühren. Der Wiener Stephansdom“
Nach Teil I: „Mein Stephansdom – Eine Kathedrale als Freund“, Teil II: „Ein Dom für alle Österreicher/innen?“ und Teil III: „Jüdische und muslimische Symbole im und am Stephansdom“ sendet LEBENSKUNST 75 Jahre nach dem großen Brand der Kathedrale im Frühjahr 1945
Teil IV: „Die geheimen Botschaften des Stephansdoms“
Für nicht wenige Menschen ist eine Kirche an sich schon ein etwas rätselhaftes Gebäude - mit ihrer eigenen Formen- und Symbolsprache. Umso mehr gilt das für eine so besondere Kirche wie den Wiener Stephansdom. In den mehr als 800 Jahren seiner Geschichte hat sich viel „Geheimnisvolles“ in seinem Äußeren und in seinem Inneren angesammelt. Und sogar in seiner Anlage, in seinen Maßen, folgt dieses Bauwerk den Vorgaben einer durchaus rätselhaften Zahlenmystik. Markus Veinfurter hat mit Domarchivar Reinhard Gruber eine kleine Spezial-Führung unternommen.
Sommerfrische in Pötzleinsdorf – Erinnerungen an seine jüdischen Bewohner/innen
Den halben Hausrat oder mehr einpacken, vor jedem Sommer einen Quasi-Umzug organisieren, per Kutsche dann alles von A nach B verfrachten - und selbst den Weg vielleicht per Pferdestraßenbahn zurücklegen, auf dem damals neuesten Stand der Transporttechnologie... So muss man sich das wohl vorstellen, wenn wohlhabende Wiener Familien im 19. Jahrhundert in die Sommerfrische gefahren sind – zum Beispiel nach Pötzleinsdorf, heute im 18. Bezirk Wiens gelegen. Eigene Villen haben sich die Familien mit der Zeit dafür errichten lassen: mit Erkern und Türmchen, kunstvoll gestaltet, Baujuwele des Jugendstil. Nicht wenige der Bauten hatten jüdische Bewohnerinnen und Bewohner. Darauf weist ein neues Buch der Wiener Autorin und Historikerin Marie-Theres Arnbom hin, die die Geschichte des heutigen Wiener Stadtteils dem Vergessen entreißen will. Im Zuge eines sommerlichen Spaziergangs hat sie Brigitte Krautgartner vieles erzählt: warum Studierende der Wiener Universität für Bodenkultur inmitten von besonders faszinierenden Bäumen untergebracht sind – und warum es zwischen all den so liebevoll gestalteten Villen neuere Wohnbauten gibt, die zum Teil wie Fremdkörper wirken.
Ein Evergreen der Verständigung – Jiddisch (nicht nur) in Lemberg
Jiddisch, das hat man vielleicht im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert eher in den Straßen von Wien-Leopoldstadt als von Wien-Pötzleinsdorf gehört – und doch wird diese mehr als 1000 Jahre alte Sprache bis heute von Brooklyn über Buenos Aires, London, Antwerpen bis Jerusalem gesprochen. Und von ganz wenigen Menschen auch jetzt noch in Lemberg, dem heutigen Lwiw, der geschichtsträchtigen Stadt in der West-Ukraine, dem historischen Galizien. Die Mischung aus Mittelhochdeutsch, Hebräisch und slawischen Einflüssen wird mit hebräischen Buchstaben geschrieben und ist für deutschsprechende Menschen doch verständlich. Davon hat sich Benjamin Breitegger überzeugen können, als er vor Kurzem den 97-jährigen Baruch Dorfman in Lemberg besucht hat.
Vom Öffnen, sich Entwickeln und Entfalten – Bibelessay zu Matthäus 15,21-28
Es ist kein einfacher Text, der am Sonntag, dem 16. August, in katholischen Kirchen als Evangelium zu hören ist – und den sich der Priester und Sozialethiker Markus Schlagnitweit für seinen LEBENSKUNST-Bibelessay ausgesucht hat. Die Erzählung geht auf den aus dem Judentum kommenden Verfasser des Matthäus-Evangeliums zurück und damit auf das Ende des ersten Jahrhunderts nach Christus. Was hier unter anderem angesprochen wird, ist die anfängliche Abgrenzung jenes Volkes, das den einen und ewigen Gott verehrt, von anderen Völkern, die mehreren Göttern huldigen. Das eine Volk, das Judentum, hat der Kulturhistoriker und Katholik Friedrich Heer als „Gottes erste Liebe“ bezeichnet. Und dieses Judentum, so der Religionswissenschaftler Schalom Ben Chorin, ist auserwählt zum Gleichnis für alle Menschen. Eine Auserwähltheit, mit der es nicht leicht zu leben ist, die Verantwortung bedeutet, und die als ethische Verpflichtung verstanden wird, Vermittler zwischen dem Ewigen und der gesamten Schöpfung bis heute zu sein. Dieser Gedanke hat sich im Laufe der Zeit durchgesetzt und ist besonders auch von Jesus, dem Juden, unterstützt worden. Doch nicht sofort, wie Markus Schlagnitweit erörtert und die Geschichte einer Lernbereitschaft, Entwicklung und Entfaltung erzählt.