"Kein Schlupfloch bei PID"
Kritik gegenüber einer Rechtsauslegung, wonach bei der In-Vitro-Fertilisation (IVF) eine bestimmte genetische Voruntersuchung von Embryonen vor der Einpflanzung im Mutterleib auch in Österreich gesetzeskonform sei, hat die Juristin Stephanie Merckens, Mitglied der Bioethikkommission, geäußert. Jene Form der PID, die am Mittwoch präsentiert wurde, könne sich nicht auf ein "Schlupfloch" im strengen Fortpflanzungsmedizingesetz berufen, so die Einschätzung Merckens in einer Stellungnahme gegenüber "Kathpress".
In einer Wiener Pressekonferenz hatten Gynäkologen am Mittwoch die Methode des "Preimplantation Genetic Screenings" vorgestellt. Es handle sich dabei laut Angaben um eine "Gesetzesinterpretation", der zufolge es auch in Österreich rechtens sei, im Zuge eines IVF-Verfahrens jenen Teil der befruchteten Eizelle auf die Vollständigkeit des Chromosomensatzes zu untersuchen, aus dem sich später der Mutterkuchen bildet. Schwere genetische Erbkrankheiten sollten somit schon im Vorfeld erkannt werden, so die Argumentation.
Klar würde das Fortpflanzungsmedizingesetz diese Untersuchung der entwicklungsfähigen Zelle untersagen, "sofern dies nicht der Herbeiführung einer Schwangerschaft dient", so die Ansicht Merckens. Was rechtlich untersucht werden dürfe, sei einzig die Einnistungsfähigkeit, angeboten werde jedoch eindeutig mehr, "nämlich auch der Ausschluss genetischer Erbkrankheiten, die der Lebensfähigkeit nicht entgegenstehen, oder von Trisomie 21". Da diese Art der Selektion nicht die Krankheit, sondern den Kranken selektiere, blieben alle ethischen Bedenken aufrecht.
Um ihr Anliegen zu unterstreichen, verweisen die Betreiber der Methode auf den Umstand, dass in Österreich die Pränataldiagnostik (PND) nahezu unbeschränkt möglich und die Tötung des ungeborenen Kindes im Krankheitsfall bis zur Geburt erlaubt ist, während die PID fast vollständig verboten sei. So schwierig die rechtliche Beurteilung dieses Umstandes auch tatsächlich sei, bestehe hier laut Merckens dennoch ein wesentlicher Unterschied - "darin, dass die Pränataldiagnostik eigentlich eine neutrale Methode ist und erst die Entscheidung des Abbruchs das ethisch Abzulehnende".
Pränataldiagnostik könne aus Blickwinkel des Kindes ebenso lebensbejahend eingesetzt werden - "etwa durch Therapiemöglichkeiten während der Schwangerschaft, gleich nach der Geburt oder durch besonderes Geburtssetting etwa durch die Wahl einer Klinik, die auch auf Herzfehler bei Frühgeborenen spezialisiert ist", so Merckens. Ebenso zulässig sei es, dass sich die Eltern eben auf die besonderen Bedürfnisse einstellen wollten.
Im Gegensatz dazu sei PID zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen, da sie immer zu einer Selektion führe: "Sie gewährt bis dato nie eine Therapie für den betroffenen Embryo, sondern es geht immer um eine Hopp-oder-Dropp-Entscheidung", so die Bioethikerin.
Quelle: Kathpress