800 Jahre Graz-Seckau
Vor dem Höhepunkt der 800-Jahr-Jubiläumsveranstaltungen der Diözese Graz-Seckau am Sonntag zieht Krautwaschl positive Zwischenbilanz - Acht "Bühnen" zogen rund 40.000 Menschen an - Politik greift in Flüchtlingsfrage zu kurz
Als eine Erkenntnis, die er aus dem heurigen 800-Jahr-Jubiläum der Diözese Graz-Seckau für sich mitnehme, hat Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl angegeben: "Dass wir uns nicht verstecken müssen." Allein an den Festveranstaltungen in den vergangenen acht Wochen u.a. mit acht "Jubiläumsbühnen" in ebenso vielen steirischen Städten hätten sich rund 40.000 Menschen an Diskussionen und Gesprächen beteiligt. "Das ist schön, auch wenn wir nicht auf Zahlen, sondern auf Inhalte fixiert sind", sagte Krautwaschl in einem Interview der "Salzburger Nachrichten" (SN; Donnerstag). Die Kirche habe ein Angebot des Glaubens für die Gesellschaft, das auch goutiert werde. "Wir können das Salz und das Licht des Lebens sein", so der Bischof selbstbewusst.
Am Sonntag steht der Höhepunkt des Festreigens mit einer großen Festmesse im Grazer Stadtpark an, zu der rund 10.000 Gläubige erwartet werden. Dabei werde auch des kürzlich während eines Unwetters von einem Baum im Park erschlagenen Mannes gedacht - ein Vorfall, der für Krautwaschl auch ein Symbol für die Ausgesetztheit des Menschen in der Natur ist.
Feiern können wir Christen im Stadtpark dennoch, wir feiern ja auch Begräbnisse: Leid und Tod ist nicht das Letzte.
Die Hälfte der Kollekte gehe an Opfer der steirischen Unwetterschäden, der Rest an die Caritas in Rumänien. "Wir bleiben nicht unter uns", betonte Krautwaschl.
Dass beim Diözesanjubiläum viele Veranstaltungen außerhalb von Kirchenräumen und im öffentlichen Raum stattfinden, habe nichts mit der sonst üblichen "Kluft zwischen Alltag und Kirche" zu tun, antwortete der Bischof auf eine entsprechende SN-Frage. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil habe sich viel um die "Innenarchitektur" der Kirche gedreht. Papst Franziskus habe demgegenüber mehrfach deutlich gemacht, dass ein neuer Abschnitt beginnen soll. Seine Aufforderung "Geht hinaus zu den Rändern" sei ernstzunehmen. "Kirche ist überall, nicht nur im Kirchenbau und im Gottesdienst", wies Krautwaschl hin. "Auch der Mann am Computer im Autowerk ist getauft."
Auch von Krisenerscheinungen wie dem Mangel an Priesterberufungen, Glaubenswissen oder jungen Menschen in Gottesdiensten will sich Krautwaschl nicht entmutigen lassen, wie er darlegte. Beim Priestermangel gelte es die Relationen im Auge behalten: Schon im 19. Jahrhundert habe ein steirischer Bischof in einem Hirtenbrief darüber geklagt. Und Glaube sei mehr als Wissen um Lehrsätze; er zeige sich auch bei jenen, die einen anderen selbstlos pflegen, oder jenen, die Schicksalsschläge aushalten entsprechend der Hoffnungsperspektive: "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen." Jugend sehe man auf den Kirchenbänken zwar nur wenige, räumte der Bischof ein. Aber viele ließen sich firmen, nähmen an Wallfahrten teil, "und auch beim Diözesanjubiläum haben sich viele Jugendliche engagiert".
Politik belässt es oft "beim großen Reden"
Beim derzeit viel diskutierten Flüchtlingsthema müssen nach Überzeugung Krautwaschls drei Fragenkomplexe beachtet werden: "Was tun wir für die, die da sind, für jene, die unterwegs sind, die sich auf den Weg machen, und jene, die noch in ihrer Heimat sind, aber weg wollen?" Hierzulande gebe es meist nur eine Antwort auf die erste Frage, "und die ist nicht selten negativ". Der Grazer Bischof kritisierte, dass "es oft beim großen Reden bleibt", auch vom oftmals anvisierten 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungshilfe sei die heimische Politik weit entfernt. In der Flüchtlingsthema braucht es - so Krautwaschl - "eine gesamteuropäische Lösung, wir alle leben in einer Welt".
Als eines seiner schlimmsten Erlebnisse als Bischof bezeichnete er einen Vorfall kürzlich auf offener Straße: Er sei von jemandem zum Thema Islamisierung "angepöbelt" worden. "Was ich sagte, war egal. Es gab kein Zuhören, nur Verhärtung", bedauerte Krautwaschl.
Festwochenende mit üppigem Programm
Das 800-Jahr-Jubiläum der Diözese Graz-Seckau steuert nach achtwöchiger Präsenz in allen Regionen der Steiermark mit öffentlich diskutierten Impulsfragen nun seinem Höhepunkt zu: Der Grazer Tummelplatz ist noch bis 22. Juni Schauplatz der achten und letzten Jubiläumsbühne, bevor am Hauptplatz und an sieben weiteren zentralen Plätzen der Landeshauptstadt am Samstag und Sonntag das Jubiläumswochenende mit einem umfangreichen Festprogramm stattfindet. Bischof Krautwaschl wird dabei eine "Botschaft für die Steiermark" verkünden - eine Erklärung, wie die katholische Kirche ihre Rolle in der zukünftigen steirischen Gesellschaft sehe, kündigten die Organisatoren in einem Pressegespräch an.
Das Bühnenprogramm auf dem Tummelplatz richtete den Blick besonders auf den Einsatz der Kirche für Menschen am Rand der Gesellschaft, zu Wort kamen u.a. Landtagspräsidentin Bettina Vollath (SPÖ), Bischofsvikar Heinrich Schnuderl und Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl. Am Mittwoch saßen Bischof Krautwaschl, Superintendent Hermann Miklas und Altbürgermeister Alfred Stingl an einem "Ich-höre-zu-Tisch", am Donnerstag Juni stehen die Religionen im Fokus, mit Vertretern verschiedenster Glaubensgemeinschaften an Workshops und Stationen.
Acht Plätze, acht Bühnen, acht Fragen
Weitere Bühnen werden für Samstag, 23. Juni, aufgestellt: Alle Themen und Fragen der acht in den Regionen abgehaltenen Bühnen kommen dabei nach Graz und werden hier tagsüber mit neuen Partnern und Institutionen bespielt - an zentralen Orten wie etwa Schloßbergplatz, Landhaushof oder Kapistran-Pieller-Platz. Prominente Bühnengäste sind dabei u.a. die Bischöfe Krautwaschl und Hermann Glettler, Fußball-Ass Viktoria Schnaderbeck, Landtagspräsidentin Bettina Vollath, der Theologe Arnold Mettnitzer, die Autorin Barbara Frischmuth, der Tänzer Willi Gabalier, der Entertainer Alfons Haider, der Journalist Tarek Leitner und Intendantin Iris Laufenberger vom Schauspielhaus Graz. Umrahmt wird dies von einem breiten Angebot an Konzerten, Workshops, Experimenten und einem eigenen Kinderprogramm am Tummelplatz bzw. in der "Kirchenmeile" in der Herrengasse.
Nach dem Ende der Bühnenprogramme findet ab 18 Uhr ein Festakt am Grazer Hauptplatz statt, bei dem Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Bürgermeister Siegfried Nagl und Vertreter verschiedener Konfessionen und Religionen - darunter Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen - sprechen werden. Bischof Krautwaschl wird dabei die "Botschaft für die Steiermark" veröffentlichen.
ORF Steiermark überträgt Festmesse
Die Jubiläumsfeierlichkeiten gipfeln am Festsonntag (24. Juni) mit einer vom ORF Steiermark live übertragenen, von Krautwaschl geleiteten Eucharistiefeier um 10 Uhr am Platz der Versöhnung im Grazer Stadtpark und anschließendem Frühschoppen. Als Gäste haben sich unter anderem Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof Franz Lackner und die Erzbischöfe aus Banja Luka und Maribor angekündigt. Am Ende des Festgottesdienstes wird ein Chor, bestehend aus einzelnen Chören aus den acht Regionen, zusammen mit dem Jugendblasorchester Wies ein Konzert geben. Es folgt im Anschluss ein Genuss- und Begegnungsfest, mit Musik u.a. einer afrikanischen Trommlergruppen, der Steirischen Streich- und der bischöflichen Hauskapelle. Die Verpflegung kommt von Genuss Region Österreich und der Murauer Brauerei.
Als ein "Geschenk zum Jubiläum, das darüber hinaus wirken wird", sei das kreativ-musische Mitmach-Projekt "Liturgie-Mosaik" angelegt, kündigte die Diözese weiter an: In zweijähriger Vorarbeit erstellten steirische Musiker - darunter Stefan Heckel, Manfred Novak und Kristina Gabor - zehn Auftragskompositionen, dazu wurden neue Gebete und Texte verfasst, "Freestyle-Riten" für junge Menschen entwickelt und Musik-Tanzperformances kreiert. Das Ergebnis mit der Bezeichnung "Allezeit" wird von Künstlern am Samstag beim Morgenlob im Grazer Dom und ab 18 Uhr am Grazer Hauptplatz präsentiert; ab Herbst 2018 soll das Liturgie-Mosaik als Werkmappe, Tonträger, Partiturband und Jugendritenheft erscheinen. (Info: www.800-jahre-graz-seckau.at)
Quelle: kathpress