Irakischer Bischof bittet österreichische Regierung um Hilfe
Der Bischof der nordirakischen chaldäischen Diözese Alkosch, Michael Maqdassi, hat an die österreichische Bundesregierung appelliert, sich bei den Politikern im Irak für die Christen vor Ort einzusetzen. "Wir brauchen endlich mehr Sicherheit und wir wollen nicht länger als Bürger zweiter Klasse behandelt werden", so der Bischof in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Information Christlicher Orient". Die Christen im Irak wollten nicht mehr und nicht weniger als die gleichen Bürgerrechte wie alle Bewohner des Landes. In diesem Sinne bitte er auch die politisch Verantwortlichen in Österreich, aktiv zu werden.
Die Situation sei im vergangenen Jahr zwar besser geworden, "aber noch lange nicht gut", so der Bischof. Der IS sei zwar militärisch besiegt, "dessen fundamentalistische kriminelle Ideologie war freilich schon vorher weit verbreitet und ist nach wie vor existent".
In der Diözese Alkosch lebten vor dem Einfall des IS rund 6.000 chaldäische Familien. Davon sind jetzt nur mehr die Hälfte übrig. "Umso notwendiger ist jede Hilfe, die wir bekommen können", so der Bischof. Zur Diözese von Bischof Michael gehören auch die Kleinstadt Telskof und das Dorf Baqofa, die in einer gemeinsamen Initiative von der der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), Christian Solidarity International Österreich (CSI-Ö), der Initiative Christlicher Orient (ICO) sowie der Kardinal-König-Stiftung unterstützt wurden und werden. Die christlichen Bewohner waren vor dem IS geflohen und sind nach dessen Vertreibung nun zum Teil wieder zurückgekehrt. Die Kirche helfe den verarmten Familien so gut es nur geht, doch das Geld sei immer knapp, so Bischof Michael, der den Spendern aus Österreich herzlich danken wolle.
In Telskof und Baqofa haben die beteiligten heimischen Organisationen mitgeholfen, die Wasser- und Stromversorgung wieder in Gang zu bringen und Familien bei der Instandsetzung ihrer Häuser unterstützt. Weiters wurden ein Gemeinschaftszentrum für die chaldäische Kirche und eine "Food-Factory" aufgebaut, in der lokale Produkte zu örtlich üblichen Lebensmitteln verarbeitet und dann verkauft werden. Zudem wird dieser Tage ein weiteres Sozial- und Kommunikationszentrum fertig, das der Bevölkerung vor Ort als Treffpunkt dienen soll.
AKV-Präsident Helmut Kukacka, ICO-Vorsitzender Slawomir Dadas und CSI-Ö-Vorstandsmitglied Georg Pulling waren vor Kurzem vor Ort, um sich über den aktuellen Stand der Hilfsprojekte zu informieren. Sie trafen dabei nicht nur mit Bischof Michael sondern auch mit dem Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, zusammen. Dieser betonte die wesentlichsten Voraussetzungen für die Christen, um im Irak noch eine Zukunft zu haben: "Politische Stabilität und Jobs." Die Christen seien eine verschwindend kleine Gruppe im Irak. Von den knapp 40 Millionen Einwohnern sind nicht einmal 0,8 Prozent Christen. Umso wichtiger seien für die kleine Minderheit die internationalen Kontakte. "Damit wir nicht das Gefühl haben, völlig vergessen zu sein vom Rest der Welt."
Diözese Linz hilft in Karakosch
Romana Kugler, Generalsekretärin der "Initiative Christlicher Oreient" (ICO) besuchte dieser Tage die Christenstadt Karakosch in der irakischen Ninive-Ebene. Vor der Einnahme durch den IS lebten in der Stadt mehr als 50.000 Christen. Inzwischen seien wieder bis zu 25.000 zurückgekehrt, berichtete Kugler in der aktuellen ICO-Ausgabe.
Vor allem die Kirchen wurden von den IS-Terroristen systematisch zerstört. Kugler: "In den Altarräumen haben die IS-Leute bis zu 15 Meter hohe Holzstöße entzündet. Sie wollten bewusst eine Art 'Höllenfeuer' inszenieren. Die extreme Hitze hat dann nicht nur die Kirche ausgebrannt, sondern auch das Mauerwerk extrem in Mitleidenschaft gezogen." Deshalb mussten nun etwa bei der großen syrisch-katholischen Kathedrale die Säulen verstärkt werden, damit die Kirche nicht einstürzt.
Die Diözese Linz hat 100.000 Euro für den Wiederaufbau in Karakosch zur Verfügung gestellt. Damit wird das Pfarr- und Gemeindehaus der syrisch-katholischen Kirche im Zentrum der Stadt wieder aufgebaut bzw. erweitert. Wie Kugler berichtete, hat die Kirche auch wieder das Seelsorgezentrum St. Paul aufgebaut, wo es viele Aktivitäten und Angebote für Kinder und Erwachsene gibt. Und auch der lokale Radiosender "Peace Voice" habe den Sendebetrieb wieder aufgenommen. Kugler: "Die Kirche versucht alles mögliche, um Strukturen aufzubauen, die den Menschen Alltagsnormalität und Perspektiven bieten."
Die Sicherheitslage sei aber nach wie vor nicht besonders gut und die politische Zukunft der Stadt und der gesamten Region unsicher. Dazu komme, "dass in der Region viele Schabak, Angehörige einer schiitischen Minderheit, angesiedelt wurden bzw. sich angesiedelt haben und leer stehende Häuser bewohnen. Unter den Christen geht die Angst um, dass damit nur ein weiteres Kapitel eines antichristlichen Fundamentalismus aufgemacht wird."
Die ICO wolle in nächster Zeit vor allem kirchliche Aktivitäten unterstützen, mit denen vom Krieg traumatisierten Kindern und Jugendlichen geholfen werden soll. "Und ebenso wollen wir uns an Ausbildungskursen für Erwachsene beteiligen, damit sie leichter eine Job finden. Denn ohne Arbeit wird es auch keine Zukunft für die Menschen vor Ort geben."
Das in Linz ansässige Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient" ist seit rund 20 Jahren im Irak im Einsatz. Mit der Zeitschrift "Information christlicher Orient" informiert die Organisation über ihre Hilfsprojekte im ganzen Orient aber auch allgemein über die christlichen Kirchen vor Ort. (Infos: www.christlicher-orient.at)
Quelle: kathpress