Zulehner: Ordensschulen müssen "Biotope des Vertrauens" sein
Ordensschulen müssen "Biotope des Vertrauens inmitten einer Kultur der Angst " sein. Diese Forderung hat der Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner in seinem Vortrag bei der Herbsttagung der heimischen Ordensgemeinschaften betont. Rund 250 Verantwortliche von katholischen Schulen waren am Mittwoch zum "Schultag" ins Wiener Kardinal-König-Haus gekommen. Der "Schultag" stand unter dem Thema "Alleinstellungsmerkmale kirchlicher Schulen".
Heftige Kritik übte Prof. Zulehner an der aktuellen Regierung, aber auch generell am in Europa so stark zunehmenden Rechtspopulismus. Die österreichische Regierung sei alles andere als "christlich-sozial", sie bediene sich einer "Sprache der Angst" und erzeuge bzw. unterstütze damit eine "fatale Stimmung" im Land, so der Pastoraltheologe. Angst entsolidarisiere, umso notwendiger seien "Oasen des fundierten Vertrauens", wie Zulehner sagte. Solche Oasen müsste es in der Kirche geben bzw. müsste diese selbst sein. Und solche Oasen müssten demnach auch die katholischen Schulen sein.
In den katholischen Schulen müssten die Ängste der Kinder und Jugendlichen wahrgenommen und ihnen geholfen werden, diese Ängste zu überwinden, forderte der Pastoraltheologe. "Wir müssen den Heranwachsenden helfen, durch die Betonmauer der Angst zurück zu finden zu jenem Urvertrauen, das jeder Mensch hat", so Zulehner wörtlich.
In den katholischen Schulen müsse spürbar werden, "was Gott mit allen Menschen vorhat", wenn etwa Diskriminierung und Demütigungen von Menschen keinen Platz haben. Kinder müssten ermächtigt werden, "solidarisch-liebende Menschen" zu werden, so Zulehner. Das könne freilich nur gelingen, wenn auch die Lehrerinnen und Lehrer solche "solidarisch-liebende" Menschen sind.
Dabei gehe es nicht nur um den schulinternen Bereich, Schulen müssten auch solidarisch in die Gesellschaft hinein wirken, forderte der Pastoraltheologe; etwa auch über die Absolventen: "Aus den katholischen Schulen müssen jene Politiker, Künstler und Wissenschaftler hervorgehen, die unser Land so dringend nötig hat." Das sei letztlich auch der Lackmustest für katholische Schulen.
Kritik an neuer Mindestsicherung
Der Wiener Bildungswissenschaftler Prof. Stefan Hopmann referierte beim "Schultag" über katholische Schulen als "schulpädagogische Alternativen", zeigte sich eingangs aber vor allem über die an diesem Mittwoch von der Bundesregierung angekündigte neue Regelung der Mindestsicherung entsetzt. Mit diesem Gesetz werde von der Regierung "auf unerträgliche Weise in einem der reichsten Länder der Welt die Zukunft von tausenden Kindern zerstört", so Hopmann wörtlich. Das Vorgehen der politisch Verantwortlichen sei "unchristlich, unterirdisch, ja geradezu teuflisch".
Für Familien mit Kindern sehen die Pläne der Regierung besonders starke Einschnitte im Bereich der Mindestsicherung vor. Für das erste Kind soll es laut Regierung künftig rund 216 Euro Mindestsicherung monatlich geben, für das zweite 130 und ab dem dritten nur noch 43 Euro. (2017 waren laut Statistik Austria 81.334 von 231.390 Mindestsicherungsbeziehern Kinder.) Dazu kommen weitere Kürzungen: Wie FP-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein am Mittwoch sagte, soll der Kinderabsetzbetrag (58 Euro pro Kind und Monat) künftig von der Mindestsicherung abgezogen werden. Derzeit wird er gemeinsam mit der Familienbeihilfe an alle Familien ausgezahlt und reduziert die Mindestsicherung nicht.
Warnung vor Trägheit
Der Leiter des Bildungsreferats der Ordensgemeinschaften, Rudolf Luftensteiner, rief dazu auf, dass sich die Ordensschulen immer wieder ihres Auftrags in der Gesellschaft vergewissern müssten, um aktuelle Herausforderungen nicht zu verschlafen. Oberflächlich betrachtet bestehe dazu zwar wenig Notwendigkeit, denn die Schülerzahlen seien gut, die Schulen oft gar "überbucht". Doch dies beinhalte freilich auch die Gefahr der Übersättigung und Trägheit. "Kann es sein, dass viele Eltern ihre Kinder zu uns schicken, nicht weil wir ein christliches Profil haben, sondern es bei uns weniger Migranten gibt oder bestimmte soziale Probleme nicht so schlagend sind wie in anderen Schulen?", so die rhetorische Frage Luftensteiners.
Mehr als 50.000 Kinder und Jugendliche besuchen in Österreich eine von 219 Ordensschulen. Im vergangenen Schuljahr waren es exakt 50.516 Schülerinnen und Schüler, für das heurige Jahr liegen noch keine österreichweiten Zahlen vor, wie Luftensteiner gegenüber "Kathpress" sagte. Die leicht steigenden Zahlen in einzelnen Bundesländern würden aber darauf schließen lassen, "dass wir im aktuellen Schuljahr auf jeden Fall wieder stabile Zahlen erreichen werden", so Luftensteiner. Insgesamt besuchen in Österreich rund 73.000 Schülerinnen und Schüler eine katholische Privatschule. Knapp 70 Prozent davon entfallen auf Ordensschulen, der Rest auf Schulen in Trägerschaft der Diözesen.
Schülerinnen im Einsatz für Flüchtlingskinder
Im Rahmen des "Schultages" wurde auch wieder der St. Georgs-Bildungspreis vergeben. Der Hauptverband Katholischer Elternvereine Österreichs zeichnet damit in den Kategorien Schüler, Eltern und Lehrer innovative und engagierte Persönlichkeiten aus. U.a. wurden heuer einige Schülerinnen der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik im (Ordens-)Schulzentrum Kenyongasse in Wien ausgezeichnet, die sich seit Jahren für Flüchtlingskinder einsetzen. Einmal pro Monat organisieren sie ein großes Fest für die Geburtstagskinder im Caritas-Haus "Karwan". Die Einrichtung bietet Platz für 175 Menschen auf der Flucht, darunter viele Familien mit Kindern.
Quelle: kathpress