Sozialpolitik: Katholische Sozialakademie kritisiert Regierung
Mit ihren Reformen im Bereich der Mindestsicherung als österreichweite "Sozialhilfe neu" agiert die Regierung nach Ansicht der Katholischen Sozialakademie (ksoe) alles andere als sozial. "Die neue Sozialhilfe schafft keine neue Gerechtigkeit", so ksoe-Direktorin Magdalena Holztrattner am Mittwoch in einer Aussendung. Die Einsparungen im öffentlichen Haushalt seien geringfügig, für die meisten betroffenen Personengruppen seien die Einschnitte jedoch massiv. Holztrattner:
Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes bewegen wir uns, was die Ausgaben für die Mindestsicherung, also der künftigen Sozialhilfe, anbelangt, im Promillebereich. Es ist schlicht und einfach unseriös zu behaupten, es ginge um die Zukunft des Sozialstaates.
Neben Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache seien vor allem kinderreiche Familien von den vorgesehenen Kürzungen betroffen. Für 3,5 Prozent der Bevölkerung seien zuletzt bloß 0,9 Prozent des Sozialbudgets über die Mindestsicherung ausgegeben worden. Gemessen an der Wirtschaftsleistung Österreichs handelt es sich also um ca. drei Promille des Bruttoinlandsprodukts, rechnete die ksoe vor.
Nur ca. zehn Prozent der knapp 310.000 Bezieher der Mindestsicherung würden den maximal möglichen Betrag beziehen, während ein großer Teil "Aufstocker" seien. Holztrattner:
Die anspruchsberechtigten Menschen gehören zu den Ärmsten in Österreich. Es ist skandalös, Menschen zu beschämen, die auf soziale Transfers angewiesen sind - trotz Erwerbsarbeit oder aus sonstigen Gründen.
"Herkunftsmalus" und "Kindermalus"
Die Regierung orientiere sich bei der geplanten österreichweiten Vereinheitlichung der Mindestsicherung an den niedrigsten Sätzen der bisher verantwortlichen Landesregierungen. Diese niedrigsten Sätze sollen nun als neue Maximalbeträge gelten. Das bedeutet je nach Bundesland deutliche Einbußen für sozial Bedürftige", so Bernhard Leubolt, Ökonom und Sozialexperte der ksoe.
Die ksoe spricht auch von einem "Herkunftsmalus" und "Kindermalus". Menschen ohne österreichischem Pflichtschulabschluss oder ohne guten Deutsch- bzw. sehr guten Englischkenntnissen werde der Maximalbetrag um 300 Euro gekürzt. Leubolt: "Migranten werden es daher deutlich schwerer haben, die vollen 863,04 Euro zu erhalten. Für sie gilt in Wirklichkeit künftig ein Herkunftsmalus."
Der neue Malus beziehe sich zudem nicht bloß auf die Herkunft der Hilfebedürftigen, sondern auch auf die Größe ihrer Familien. Der "Herkunftsmalus" der "Sozialhilfe neu" werde daher ergänzt durch einen "Kindermalus", so Leubolt. Ab dem dritten Kind bekommt eine Familie nur mehr 1,30 Euro pro Tag.
Bestrafung der Bedürftigen
Diese Maßnahmen stehen für die ksoe in krassem Widerspruch zur katholischen Soziallehre, die menschliche Würde und die Zusammenhänge zwischen Würde, Erwerbsarbeitsleben, Arbeitsbedingungen und Einkommen betont. "Eine Orientierung an der Menschenwürde ist bei der Ausgestaltung der neuen Sozialhilfe nicht zu entdecken", so ksoe-Direktorin Holztrattner:
Der staatliche Umgang mit den Ärmsten in Österreich scheint immer weniger vom Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe geprägt zu sein, sondern vielmehr durch die Tendenz, sich vor sozialstaatlicher Verantwortung zu drücken.
Besonders deutlich werde das beim Herkunftsmalus: Einerseits würden Menschen mit Migrationshintergrund die Unterstützung bei ihren Anstrengungen zur Integration verlieren, weil z.B. staatliche Gelder für Sprach- und Integrationskurse gekürzt wurden. Andererseits würden sie aber dafür bestraft, sich nicht ausreichend zu integrieren.
"Wir möchten nicht, dass Menschen aufgrund von Armut, Herkunft oder Kinderreichtum bestraft werden", so Holztrattner:
Gerade vor Weihnachten und mit Blick auf Jesus, der am Rand der Gesellschaft in einer elenden Notunterkunft geboren wurde, müssen wir als Kirche darauf hinweisen: Jede Politik und auch diese Bundesregierung wird daran gemessen, wie stark sie sich für Menschenwürde, Teilhabechancen und soziale Gerechtigkeit einsetzt.
Quelle: kathpress