
Regierung: Eine Million Euro für bedrängte Orient-Christen
Im Ministerrat wurde am Mittwoch die Zahlung von einer Million Euro für verfolgte Christen im Nahen Osten beschlossen. Dem Beschluss vorausgegangen war am Dienstagnachmittag ein Besuch des chaldäisch-katholischen Kardinal-Patriarchen Louis Raphael Sako, des syrisch-orthodoxen Patriarchen Ignatius Aphrem II. und des syrisch-katholischen Patriarchen Ignatius Yousef III. Younan bei Bundeskanzler Sebastian Kurz. Begleitet wurden die drei Orient-Patriarchen von Kardinal Christoph Schönborn. Die Patriarchen unterrichteten den Kanzler über die allgemeine Lage und Situation der Christen im Irak, in Syrien und im Libanon. Zur Sprache kamen auch mögliche Hilfsprojekte, die der bedrohten christlichen Minderheit im Nahen Osten Zukunftsperspektiven vor Ort eröffnen.
An der Unterredung nahmen auch der ehemalige EU-Kommissar und nunmehrige EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit, Jan Figel, die Nationalratsabgeordnete und VP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler, und der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände, Helmut Kukacka, teil.
Die österreichische Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm dazu bekannt, sich international gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten - insbesondere christlicher Minderheiten - einzusetzen und zugleich gegen religiös-extremistische Ideologien wie den politischen Islamismus aufzutreten.
Die aktuelle Zahlung der Regierung soll demnach u.a. für Hilfsprojekte im Bereich der Bildung verwendet werden, wie Bundeskanzler Kurz am Mittwoch beim Pressefoyer im Anschluss an den Ministerrat sagte. Die Bundesregierung wolle - gemeinsam mit der Österreichischen Bischofskonferenz - bei der Hilfe für verfolgte Christen und ganz allgemein beim Einsatz für Religionsfreiheit künftig stärker aktiv werden. Die aktuelle Hilfeleistung in Form von einer Million Euro sei dabei ein erster Schritt.
Kurz betonte, dass die Christen die weltweit am stärksten wegen ihrer Religion verfolgte Gruppe sei. Die Schätzungen über die Zahl der Verfolgten und Bedrängten gehen bis zu 200 Millionen. "Religionsfreiheit ist ein hohes Gut", so der Kanzler wörtlich. Nachsatz: Er sei sehr froh, dass das Zusammenleben der Religionen in Österreich so gut funktioniere.
Direkte Unterstützung
Die Menschenrechtssprecherin des ÖVP-Parlamentsklubs, Gudrun Kugler, würdigte in einer Stellungnahme am Mittwoch die Entscheidung der Bundesregierung. "Die Kirchen vor Ort wissen am besten, wo Aufbauhilfe und die Wiederherstellung der dörflichen und kirchlichen Infrastruktur notwendig ist", so Kugler wörtlich. Durch die österreichische Unterstützung könnten die Kirchen ihre Demokratie stärkenden und religionsverbindenden Aufgaben vorantreiben. Diese werde insbesondere im Bereich der christlichen Bildungseinrichtungen ersichtlich, die allen Glaubensrichtungen offen steht.
Durch direkte Unterstützung der betroffenen christlichen Gemeinschaften werde es den Christen ermöglicht, im Nahen und Mittleren Osten zu bleiben oder dorthin zurückzukehren, so Kugler:
Somit kann das Aussterben des Christentums in seiner Ursprungsregion verhindert werden.
Kooperation mit Bischofskonferenz
Im Ministerratsbeschluss vom Mittwoch heißt es u.a., dass laut Studien von nichtstaatlichen Hilfsorganisation Christen zahlenmäßig die meistverfolgte religiöse Gruppe mit rund 200 Millionen Menschen sind. Zudem habe die Verfolgung von Christen in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen. Unter den Christen würden wiederum Konvertiten vom Islam als meistgefährdete Gruppe gelten. Im Nahen Osten habe das Verschwinden der christlichen Minderheit mittlerweile ein alarmierendes Ausmaß erreicht.
Die Bekämpfung von Fluchtursachen durch das Bekenntnis zu einer stärkeren Hilfe vor Ort sei ein zentraler Ansatzpunkt im Regierungsprogramm im Bereich Europa- und Außenpolitik. Es sollte außerdem die Rolle des EU-Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit außerhalb der EU gestärkt und ausgebaut werden, heißt es im Ministerratsbeschluss und weiter wörtlich:
Möglichkeiten sollen geschaffen werden, damit religiöse Minderheiten tatsächlich im Land bleiben können.
Diese Minderheiten vor Ort zu unterstützen bedeute auch, diese zu befähigen, ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen und sich am Fortschritt der Gesellschaft zu beteiligen. Deshalb habe sich die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Bischofskonferenz dazu entschlossen, konkrete Projekte in Krisengebieten und ehemaligen Krisengebieten mit einem Betrag von einer Million Euro zu unterstützen. Die Mittel würden aus dem laufenden Budget des Bundeskanzleramts bereitgestellt.
Irak und Syrien
Im Irak ist die Zahl der Christen in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgegangen. Vor 2003 soll es im Land noch eine Million Christen gegeben haben. Die Schätzungen, wie viele Christen es derzeit noch gibt, bewegen sich laut Angaben des Hilfswerks "Initiative Christlicher Orient" (ICO) zwischen 200.000 und 300.000. Damit machen die Christen nicht einmal mehr ein Prozent der Bevölkerung des Irak (ca. 39 Millionen) aus. Die bedeutendsten Kirchen im Land sind die Chaldäisch-katholische, die Kirche des Ostens, die Syrisch-orthodoxe und Syrisch-katholische Kirche.
In Syrien sollen vor dem Krieg bis zu 1,5 Millionen Christen gelebt haben. Optimisten schätzen, dass es jetzt noch 500.000 Christen gibt, es könnten aber auch nur mehr 300.000 sein. Sie machen damit rund 3,5 Prozent der Bevölkerung aus. Vertreten sind vor allem die Griechisch-orthodoxe, Armenisch-apostolische, Griechisch-katholische (Melkitisch) und Syrisch-orthodoxe Kirche; weiters die Syrisch-katholische und Armenisch-katholische Kirche, sowie Maroniten, die Kirche des Ostens und Chaldäer.
Quelle: kathpress