Guadalupe-Feiern in Wien: "Fest mit universaler Botschaft"
Über hundert Gläubige aus Lateinamerika, darunter die mexikanische Botschafterin Alicia Buenrostro Massieu, haben am Mittwochabend in der Wiener Votivkirche das Fest der Jungfrau von Guadalupe gefeiert. Der Gottesdienst wurde geleitet von den beiden in Wien tätigen mexikanischen Priestern Alfonso De la Parra Cervantes und Jorge Francisco Curiel Rojas, sowie dem aus der dominikanischen Republik stammenden Priester der Wiener lateinamerikanischen Gemeinde "Nuestra Senora de Guadalupe", Angelo Jose Mejia Reynoso. "Die Gottesmutter von Guadalupe berührt die Herzen - auch in Österreich", stellte de la Parra gleich zu Beginn seiner Predigt fest.
Besonders wies der mexikanische Geistliche auf die reiche Symbolik hin, die in dem Gnadenbild - es entstand laut Überlieferung ohne menschliches Zutun auf dem Umhang des Indios Juan Diego bei einer Erscheinung im Jahr 1531 - enthalten sei. Etwa das schwarze Band um den Unterleib der abgebildeten Frau sei von den Ureinwohnern Mexikos sofort als Zeichen für die Schwangerschaft der Frau entziffert worden. Ebenso bedeute das Blumen-Muster auf ihrem Kleid im Nahuatl-Code, dass sie "schwanger mit der Sonne" sei - "und da die Sonne für die Azteken Gott war, schlossen sie daraus, dass die Frau die Mutter Gottes ist", erklärte de la Parra.
Die "Botschaft der Jungfrau von Guadalupe" beschränke sich jedoch nicht auf das mexikanische Volk, sondern sei universal, betonte der Priester. Der Inhalt dieser Botschaft sei besonders die Anwesenheit Mariens, die sie gegenüber Juan Diego zum Ausdruck gebracht habe. "Als der Indio ihr gegenüber seine vielen Sorgen erwähnte, sagte sie zu ihm: Bin nicht ich bei dir, der ich deine Mutter bin?", so de la Parra. Im Leben vieler Mexikaner, die zu ihrer "Virgencita" traditionell eine besonders enge Beziehung pflegen, bestätige sich in vielerlei Weisen, "dass es das Leben von Menschen verändert und Sorgen in Freuden verwandelt, wenn man sich dieser Botschaft öffnet".
Es sei kein Zufall, dass der Marienfesttag - zu dem in dieser Woche über acht Millionen Gläubige zur Guadalupe-Basilika am Stadtrand von Mexiko-Stadt gepilgert sind - vor Weihnachten sei, befand de la Parra: Die Jungfrau von Guadalupe sei eine "adventliche Figur", trage Jesus zu den Menschen und zeige an, dass Gottes Versprechen in Erfüllung gehen. Es sei daher verfehlt, ihre Feier nur als oberflächliches Folklore-Brauchtum oder als Teil der kulturellen Identität zu sehen, was allerdings auch öfters vorkomme: Dass etwa der Maler Diego Rivera sich selbst als "guadalupanischer Atheist" bezeichnete, sei widersprüchlich - "denn die Aufgabe der Gottesmutter ist immer, den Menschen zu Gott zu führen". Auch in der Guadalupe-Basilika stehe nicht Maria, sondern ein großes Kreuz im Zentrum.
Größter Guadalupe-Altar Europas
Die heilige Maria war laut Überlieferung vom 9. bis 12. Dezember 1531 dem damals 57-jährigen Juan Diego Cuauhtlatoatzin auf dem Tepeyac-Hügel mehrmals erschienen und beauftragte ihn zum Bau einer Kirche, um hier den Menschen "Liebe, Hilfe und Mitgefühl" geben zu können. Damit dem Indio geglaubt werde, ließ sie Juan Diego trotz des Winters "kastilische Rosen" finden und hinterließ auf seinem Umhang ("Tilma") das später verehrte Bild der Madonna von Guadalupe mit Gesichtszügen einer Mestizin. Bis heute gilt als ungeklärt, wie das Bild der "Morenita" (Dunkelhäutige) auf das Gewebe gelangt ist.
Das Guadalupe-Madonnenbild hat in Mexiko und auch weltweit Eingang in Gotteshäuser und auf Altäre gefunden. In der Wiener Votivkirche wird seit 1954 eine Kopie des Gnadenbildes verehrt, das hier im Hinblick auf die Gestalt des Bruders von Kaiser Franz Joseph I., Maximilian, Eingang fand. Maximilian, der Initiator der Votivkirchen-Errichtung war und dessen kurze Regierungszeit als Kaiser von Mexiko 1867 tragisch endete, galt als großer Verehrer der Muttergottes von Guadalupe. Daran erinnert eine Tafel beim Altar im nördlichen Seitenschiff. Der Erzherzog verfügte über die Errichtung eines "gut beleuchteten Guadalupe-Altars", der bis heute der größte seiner Art in Europa ist. Da sich der Altar in einem derzeit für eine Ausstellung genutzten Bereich befindet, wurde der diesjährige Guadalupe-Gottesdienst allerdings am Hauptaltar der Kirche gefeiert.
Ein weiteres Guadalupe-Fest findet am Sonntag um 11.30 Uhr in der lateinamerikanischen Gemeinde "Nuestra Senora de Guadalupe" in der Wiener Kirche St. Florian (1050, Wiedner Hauptstraße 97) statt.
Quelle: kathpress