Abtpräses Perkmann: "Wir brauchen mehr Diakone vor Ort"
Benediktiner-Abtpräses Johannes Perkmann hat der Kirche große pastorale Herausforderungen, die nur durch mehr Menschen in der Seelsorge und neue pastorale Konzepte für Stadt- und Landpfarren zu lösen seien, attestiert. Dafür brauche man vor allem geeigneten Laienmitarbeiter für das Amt des Diakons und "ich denke, dass es auch ein Frauendiakonat braucht", so der Abt der Benediktinerabtei Michaelbeuern in einem Interview in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift "Academia". Die Zukunftsprozesse der Diözesen bewertete Perkmann kritisch, so habe man Probleme der Priester und Pfarren ausgeklammert, es gäbe Gruppen, die selbst bei moderaten Forderungen polemisieren und es fehle die Bereitschaft, die begonnen Prozesse nachzujustieren.
Für den Abtpräses der Österreichischen Benediktinerkongregation kam in seiner Heimatdiözese, der Erzdiözese Salzburg, der Anstoß zum Zukunftsprozess "gott und die welt" eher von den Medien, als von der Diözesanleitung selbst. Der Bischof habe das "Thema aufgegriffen", so Perkmann, der eine Spaltung der Laien-Gremien und Gruppen bemerkte. So habe man "meistens ein Drittel Befürworter, ein Drittel starke Ablehnung und ein Drittel Unentschlossene". Erneuerungen würden zwar automatisch Polarisierung mitsichbringen, und "welcher Bischof möchte das?", so Perkmann.
Problematisch sei für ihn vor allem "das eine Drittel, das stets polemisiert". Er sehe dort keine pastorale Idee, wie die Kirche als Volkskirche überleben könnte, sondern "abenteuerliche Bibelexegesen".
Erfolg und Mission
Gelingende pastorale Ansätze würden für den Benediktiner "über den normalen Kirchenbesuch hinausgehen". Dafür müsse man Menschen ansprechen, die nicht regelmäßig zum Gottesdienst kommen, "aber Sympathisanten sind". Denn "die Rückkehr zur kleinen Herde ist nicht unser Auftrag", so Perkmann im Interview.
Angesprochen auf erfolgreiche spirituelle Bewegungen, meinte Perkmann, dass diese speziell im urbanen Raum begrüßenswert seien, etwa als Schwerpunktgemeinden. Keinesfalls seien sie aber Rezepte für "überall und jeden". Die spürbar amerikanisch-freikirchlichen Ansätze einiger Bewegungen seien "hier bei uns sicher nicht jedermanns Sache".
Grundsätzlich würde für Perkmann aber weder die rein missionarische Kirche der Bewegungen noch eine "botschaftsvergessene Diakonie" reichen. Eine erfolgreiche Kirche brauche beides: Mission und Tat. "Das eine wird ohne das andere nie funktionieren", so der Abtpräses.
Die Chancen der Pastoral
Eine große pastorale Herausforderung stellen für den Abtpräses die Sakramente dar. Derzeit suche die Kirche noch nach einer Form, die sowohl den Sakramenten selbst, als auch der Lebensrealität der Menschen gerecht werde. So würde von einzelnen Sakramenten, wie z.B.: der Firmung, zu viel erwartet:
Wir haben die Firmung mit dem hohen Anspruch als aktiver Karrierebeginn für einen Christen, und eigentlich ist es eine Segnung von Jugendlichen in einem schwierigen Alter.
Die von Pastoraltheologen proklamierten "fünf großen Chancen" für die Seelsorge - Taufe, Erstkommunion, Firmung, Eheschließung und Begräbnis - bezweifelte Perkmann aber. Die Erneuerungsprozesse und die davon ausgehenden spirituellen Aufbrüche rund um diese "Schlüsselereignisse" seien in seinen Augen vor allem für den "Inner Circle" wichtig, aber weniger für die volkskirchliche Notwendigkeit.
Die Rolle der Laien
In der Zukunft brauche die Kirche mehr Menschen in der Seelsorge, "die dort mit Begeisterung wirken, die gut verankert sind und Zugang finden zu den Menschen", forderte Perkmann im Interview. Den Bedarf gebe es, aber auch Pfarrer, die dies noch ablehnen würden und "alles selbst machen, obwohl sie bis zu vier Pfarreien zu betreuen haben. Das kann aber niemand auf Dauer schaffen."
Laien könnten mehr Verantwortung übernehmen als bisher, meinte Abtpräses Perkmann. Als Beispiele führte er Liegenschafts- und Kanzleiverwaltung an, aber auch die Seelsorge, wie Hausbesuche oder Begräbnisleitung. Auch die "Taufe von Laien" werde diskutiert, so Perkmann.
Eine wichtige Roll spiele für Perkmann dabei das Diakonat und "welche geeigneten Laienmitarbeiter man für das Amt befähigen könnte". Für die Menschen sei es nicht wichtig, was einer dürfe oder ob er ein Priester sei oder nicht. Wichtig sei das Gefühl, dass "sie sich angesprochen fühlen", so Perkmann. Dabei sehe er für das Amt des Diakons nicht nur Männer, sondern auch Frauen: "Gut geeignete Frauen gibt es dafür jedenfalls genug."
Pastorale Zentren für Städte
In den Städten sei das Christentum von Minorität und Mobilität geprägt, so Perkmann, der diese Realität als Chance wahrnimmt. Kloster, wie die Schotten in Wien oder St.Peter in Salzburg, könnten pastorale Zentren und Anlaufpunkte für Menschen werden, die z.B.: das Stundengebet beten wollen oder Stille suchen. Auch Schwerpunktangebote würden einen Sinn machen. Als Beispiel nannte Perkmann Pfarren mit eigenem Friedhof, diese "wären zum Beispiel gut beraten, der Trauerseelsorge personell und inhaltlich viel Gewicht zu geben". Eine selektive Zielgruppenarbeit sei aber nicht sinnvoll, warnte er.
In ländlichen Regionen brauche es im Gegensatz zu den Städten Präsenz und das nötige Personal, da die Mobilität fehle. "In einer Landpfarre muss jemand da sein, der die Kirche repräsentiert, der als Ansprechpartner fungiert", meinte Perkmann. Gleichzeitig brauche es Priester, die zwar nicht alles machen müssten, aber "kontinuierlich mit seiner Gemeinde Eucharistie feiern und die Mitarbeiter inspirieren".
Man könne nicht erwarten, dass Rom Verständnis für die Probleme der Mitteleuropäer habe, so Perkmann, da man über Jahre zu wenige Priester in den Vatikan geschickt habe. Deshalb würde man auch nicht mehr richtig verstanden, so die Erklärung des Benediktiners. Die Europäer stünden aber nicht alleine dar. Der Abt der Benediktinerabtei Michaelbeuern verwies auf Südamerika, wo "Hundetausende Katholiken pro Jahr an die Freikirchen" verloren gehen. "Es herrscht also bei weitem nicht überall heile Welt", so Perkmann.
Quelle: kathpress