Sozialethikerin: Nicht Migration bekämpfen, sondern Armut
Kein Mensch sollte gezwungen sein zu migrieren, weil die Grundlagen für ein menschenwürdiges Leben fehlen. Deshalb die Überzeugung der Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins: "Nicht Migration gilt es zu bekämpfen, sondern Armut." Damit auch niemand Zuwanderung als Bedrohung der eigenen sozialen und wirtschaftlichen Sicherheit empfinden muss, bedürfe es einer guten Sozialpolitik, einer gerechten Weltwirtschaftsordnung und einer fairen Entwicklungszusammenarbeit. All dies seien zentrale Instrumente zur Bekämpfung von Armut und der Vorsorge gegenüber Fremdenangst oder gar Fremdenhass, erklärte die Theologin in einem Interview der Salzburger Kirchenzeitung "Rupertusblatt" (Ausgabe 6. Jänner).
Heimbach-Steins wies auf den komplexen Zusammenhang zwischen Armut und Migration hin: Armut könne eine Ursache für Migration sein, wie dies auch aus der europäischen Geschichte bekannt sei - etwa durch die Auswanderung von Angehörigen der verarmten deutschen Landbevölkerung nach Südamerika im 19. Jahrhundert. Armut könne aber auch ein Migrationshindernis sein: "Es wandern ja nicht gerade die Ärmsten - denen fehlen schlicht die Mittel", so die Sozialethikerin. Und drittens können Armut auch eine Folge von Auswanderung sein, wenn Betroffene alles einsetzen und daran dennoch scheitern, sich in einem anderen Land eine neue Existenz aufzubauen.
Migration gehöre rund um den Globus zur Normalität, so Heimbach-Steins weiter. Rund 260 Millionen Menschen seien aktuell als Migrierende unterwegs , "nur der kleinste Teil von ihnen kommt nach Europa". Dennoch prägten hier vor allem Fluchtbewegungen zunehmend das gesellschaftliche Bewusstsein und lösten Hilfsbereitschaft, aber immer öfter auch Sorgen und Verlustängste aus. Die Kirchen haben laut Heimbach-Steins in dieser Situation die Aufgabe, in der Öffentlichkeit an die biblische Botschaft zu erinnern, dass sich Gott allen Menschen zuwendet - gerade auch den Verletzlichen, Armen und Schutzbedürftigen. Die Perspektive der Armen - im eigenen Land wie auch im globalen Horizont - müsse zum "Maßstab der Beurteilung von Handlungsalternativen in Politik und Gesellschaft" gemacht werden, so die deutsche Theologin.
Christlicher Glaube sei "nicht weltfremd, sondern mischt sich ein", betonte Heimbach-Steins. Das sollte sich konkret schon allein darin zeigen, sich zu widersetzen, wenn abwertend oder ausgrenzend über "Fremde" gesprochen wird oder eine Verrohung der Sprache Platz greift.
Quelle: kathpress