Erzbischof Lackner
"So vorurteilsfrei wie nur möglich"
Erzbischof Lackner
"So vorurteilsfrei wie nur möglich"
"So vorurteilsfrei wie nur möglich" möchte der Salzburger Erzbischof Franz Lackner die Apostolische Visitation der Diözese Gurk-Klagenfurt gestalten. Zunächst gelte es für ihn zu hören und Ursachen zu finden, die zu "dieser sehr leidvollen Entwicklung" in Kärnten geführt haben. Seine Beauftragung durch die vatikanische Bischofskongregation beziehe sich auf die gesamte Diözese und den Zeitraum ab 2008 und schließe auch die Zeit der Sedisvakanz in Gurk - nach dem Wechsel von Bischof Alois Schwarz nach St. Pölten - mit ein, sagte Lackner bei einer Pressekonferenz am Montag in Klagenfurt.
Mit am Podium auch das Team, das ihn bei der Visitation seiner Nachbardiözese unterstützen wird: der Feldkircher Bischof Benno Elbs, der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck, der Geschäftsführer des Grazer Elisabethinen-Spitals, Christian Lagger, der Münchner Kirchenrechtler Helmuth Pree und die Salzburger Ordinariatskanzlerin Elisabeth Kandler-Mayr.
"Sachverhaltserhebung, nicht Urteilsfällung"
Bis zur Fastenzeit sollen Ergebnisse der Visitation vorliegen, dies sei aber "kein unverrückbares Fixdatum". Das Team werde sich bemühen, die Arbeit "so gut und schnell wie möglich" zu tun und "keine Causa infinita daraus zu machen". Jedenfalls: "Visitation bedeutet Sachverhaltserhebung, nicht Urteilsfällung", stellte der Erzbischof klar. "Richter" sei dann Rom als die nächsthöhere Instanz.
Das Statement von EB Lackner im Wortlaut |
"Ich danke Ihnen, dass ich mich zu Beginn der apostolischen Visitation der Diözese Gurk mit einigen Bemerkungen grundsätzlicher Natur an Sie wenden kann. Ich weiß Ihre Geduld zu schätzen, Sie mussten lange warten.
Visitation bedeutet Sachverhaltserhebung nicht Urteilsfällung. Als Einstieg ist für mich festgestanden, alle Informationen entgegen zu nehmen. Die vielen Meldungen in den Medien habe ich natürlich wahrgenommen. Nicht alles, was ich hörte, war mir plausibel. Die Visitation läuft in enger Abstimmung mit der Kongregation für die Bischöfe in Rom, übrigens in erfreulich kooperativer Weise. Die Lage der Ortskirche in Kärnten und ganz Österreich sollte gemäß dem Dekret mit in den Blick kommen. Als erster Schritt gilt es zu hören, wahrzunehmen, die Ursachen zu finden, die zu dieser leidvollen Entwicklung geführt haben. So vorurteilsfrei wie möglich fangen wir an, offen im Prozess des Hörens, bevor in das konkrete Fragen eingestiegen werden kann. Die Visitation betrifft das Ganze, um möglichst ein genaues Bild der Situation in Kärnten zu erhalten. Der Zeitraum wurde durch die Kongregation in Rom ab dem Jahr 2008 festgelegt, einschließlich der Sedisvakanz. Für mich ist es selbstverständlich, dass wir so transparent wie nur möglich sind. Laufende Untersuchungen werden, wie das auch außerhalb der Kirche selbstverständlich ist, nicht im Forum der Öffentlichkeit kommentiert. Sehr geehrte Damen und Herren. An dieser Stelle muss ein Wort des Bekennens gesprochen werden, auch wenn es nicht leicht ist, das passende Wort zu finden. Ein Deutungsversuch der Wiener Pastoraltheologin Regina Polak in den letzten Tagen hat mich ein Stück weit aus der Sprachlosigkeit befreit. Die Kirche versuche Probleme auf rein persönlicher Ebene auf Kosten der Transparenz zu lösen. Die Person ist aber von einem Alleinstellungsmerkmal geprägt; dieses müsste jedoch immer dann zurücktreten, wenn die Person zugleich Träger eines öffentlichen Amtes ist. Aus heutiger Sicht werfe ich mir vor, dass ich zwar die öffentliche Verantwortung wahrgenommen habe, indem ich die an mich ergangene Information an die zuständige kirchliche Oberbehörde weitergegeben habe, es aber zugleich verabsäumt habe, das direkte Gespräch mit Bischof Alois zu suchen. Auch als Glieder der Gemeinschaft der Glaubenden tragen wir Mitverantwortung. So bitte ich als Metropolit all jene, denen Unrecht geschehen ist, aber auch alle, die durch Intransparenz kirchenbehördlichen Handelns das Vertrauen in die Kirche verloren haben, aus tiefstem Herzen um Verzeihung. Der Dienst der Visitation will der Diözese Gurk-Klagenfurt zu einem vertrauensvollen Neuanfang verhelfen. Das kann nur gelingen, wenn wir uns alle der Wahrheit stellen, aufeinander zugehen und als communio die eigentliche Sendung der Kirche ins Zentrum rücken." |
"Causa Gurk" - Eine kurze Chronologie der Ereignisse |
Am 20. Dezember 2018 wurde der Salzburger Erzbischof Franz Lackner von Papst Franziskus zum Apostolischen Visitator der Diözese Gurk ernannt. Bei der am Montag (14. Jänner) vor Ort beginnenden Visitation hat Erzbischof Lackner sein Team dafür und den Visitationsauftrag bekannt gegeben, der sich auf die Diözese Gurk und die Vorgänge seit 2008 bis einschließlich der gegenwärtigen Sedisvakanz bezieht. Katholisch.at dokumentiert die wichtigsten Ereignisse, die dazu geführt haben: 17. Mai 2018 - Papst Franziskus nimmt den altersbedingten Rücktritt des St. Pöltner Bischofs Klaus Küng (77) an und bestimmt den seit 17 Jahren die Diözese Gurk-Klagenfurt leitenden Bischof Alois Schwarz (65) zu dessen Nachfolger. Die Ernennung von Bischof Schwarz wird allgemein positiv aufgenommen. 15. Juni - Das Magazin "News" erhebt schwere Vorwürfe gegen die Amtsführung von Bischof Alois Schwarz, die vor allem den Umgang mit dem Mensalgut und die persönliche Lebensführung betreffen. Bischof Schwarz weist die Vorwürfe von sich. Die mediale Debatte nimmt dennoch weiter zu. 24. Juni - Bischof Schwarz verabschiedet sich mit einer Dankmesse im Klagenfurter Dom von der Diözese Gurk und wird für sein Wirken gewürdigt. Generalvikar Engelbert Guggenberger würdigt den scheidenden Bischof als "herausragende Persönlichkeit, große Stimme und lieben Menschen", der das religiöse Klima in Kärnten "überdurchschnittlich stark und nachhaltig geprägt hat". 1. Juli - Mit einem Festgottesdienst im St. Pöltner Dom und unter zahlreicher Teilnahme aus Kirche, Politik und Gesellschaft tritt Alois Schwarz sein Amt als neuer Bischof der Diözese St. Pölten an. 2. Juli - Das Gurker Domkapitel wählt Dompropst Engelbert Guggenberger (65) zum Diözesanadministrator, der damit während der Sedisvakanz die Diözese Gurk-Klagenfurt leitet. Unmittelbar nach der Wahl kündigt Guggenberger eine umfassende Prüfung der wirtschaftlichen und personellen Situation im bischöflichen Mensalgut (Bistum Gurk) an und setzt wenig später eine Arbeitsgruppe dazu ein. Erste Maßnahmen sind dann u.a. die Wiederinkraftsetzung des bis Anfang 2018 geltenden Statuts für das bischöfliche Mensalgut und die Kündigung der Leiterin des Bildungshauses St. Georgen am Längsee. 1. August - Bischof Alois Schwarz bittet den Vatikan um Klärung der Vorwürfe gegen ihn aus seiner Zeit als Bischof in Kärnten und übermittelt der Bischofskongregation eine Sachverhaltsdarstellung. 10. Dezember - Die Diözese Gurk-Klagenfurt sagt die ursprünglich für 11. Dezember geplante Pressekonferenz, bei der der Prüfbericht über das bischöfliche Mensalgut präsentiert werden sollte, ab. Angewiesen hat die Absage die Bischofskongregation, die sämtliche Unterlagen erhält. Bischof Schwarz begrüßt die vatikanische Entscheidung und erklärt seinerseits, dass der inzwischen Rom vorliegende Rohbericht zur wirtschaftlichen Gebarung des Bistums Gurk die "Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften" bestätige. Es hätten keine Tätigkeiten stattgefunden, die den Bestand des Bistums gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen hätten können. 12. Dezember - Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger gibt weitreichende personelle und strukturelle Maßnahmen für das bischöfliche Mensalgut bekannt, die für die Dauer der Sedisvakanz gelten. Die sich weiter verstärkende Forderung nach einem offenen Umgang mit den Ergebnissen des Prüfberichtes wird auch von Kardinal Christoph Schönborn unterstützt. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz werde er sich für "Klärung und Offenlegung" bei der vatikanischen Bischofskongregation einsetzen, so der Kardinal in einem Schreiben an den Vorstand der Kärntner Dechantenkonferenz. 18. Dezember - Bei einem kurzfristig einberufenem Pressetermin stellt das Gurker Domkapitel den Abschlussbericht zur wirtschaftlichen Prüfung des Bischöflichen Mensalguts vor. Diözesanadministrator Guggenberger wirft namens des Gurker Domkapitels Bischof Schwarz vor, dieser habe durch seine "Amts- und Lebensführung" inklusive "fragwürdiger Personalentscheidungen" inner- und außerkirchliche Kritik hervorgerufen und im ihm direkt unterstellten Bischöflichen Mensalgut auch materiellen Schaden verursacht. In der Folge entsteht eine heftige innerkirchliche und mediale Debatte. 20. Dezember - Rom greift in die Debatte rund um die Diözese Gurk erneut ein und ernennt den Salzburger Erzbischof Franz Lackner zum Apostolischen Visitator. Dieser soll im Auftrag des Papstes ein umfassendes Lagebild erheben und Mitte Jänner damit vor Ort beginnen. Kardinal Schönborn, Bischof Schwarz und Diözesanadministrator Guggenberger begrüßen die Entscheidung. 14. Jänner - Erzbischof Lackner beginnt mit der Visitation in den Diözese Gurk, die sich auf die Zeit seit 2008 bis einschließlich der Sedisvakanz bezieht. Mit im Visitationsteam sind u.a. der Feldkircher Bischof Benno Elbs, der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck, der Grazer Spitalsdirektor Christian Lagger, der Münchner Kirchenrechtler Helmuth Pree und die Salzburger Ordinariatskanzlerin Elisabeth Kandler-Mayr. |
Lackner richtete ein "Wort des Bekennens" an die Medienvertreter: "Aus heutiger Sicht werfe ich mir vor, dass ich zwar die öffentliche Verantwortung wahrgenommen habe, indem ich die an mich ergangene Information an die zuständige kirchliche Oberbehörde weitergeben habe, es aber zugleich verabsäumt habe, das direkte Gespräch mit Bischof Alois zu suchen." Als Metropolit (der westlichen Kirchenprovinz Österreichs, zu der auch die Diözese Gurk gehört, Anm.) bitte er "all jene, denen Unrecht geschehen ist, aber auch alle, die durch Intransparenz kirchlichen Handelns das Vertrauen in die Kirche verloren haben, aus tiefstem Herzen aus dieser Stelle schon um Verzeihung".
Die Visitation solle der Diözese Gurk zu einem "vertrauensvollen Neuanfang" verhelfen. Das könne nur gelingen, "wenn wir uns alle der Wahrheit stellen, aufeinander zugehen" und als Communio (Gemeinschaft, Anm.) die Sendung der Kirche wieder ins Zentrum rücken, betonte Lackner.
Auf die Frage, ob seiner persönliche Verbundenheit mit Bischof Schwarz nicht ein Hindernis für seine Erhebungen bedeutet, antwortete der Salzburger Erzbischof, Respekt und Wertschätzung gebühre auch Personen, die man nicht kennt. Ob er der Richtige sei für diese heikle Aufgabe, "würde ich nie behaupten wollen", so Lackner, "wahrscheinlich auch nicht der beste". Er stütze sich auf die Visitations-Gruppe, die dafür sorgen werde, etwaige "blinde Flecken" auszuleuchten. Rom habe es "sofort akzeptiert, dass wir das in dieser Gemeinschaft gemeinsam machen", teilte Lackner mit. Dass ein neuer Kärntner Bischof vor Abschluss der Visitation ernannt wird, sei nicht anzunehmen.
Guggenberger "handlungsfähig aber nicht autark"
Die interimistische Gurker Diözesanleitung unter Administrator Engelbert Guggenberger bleibe "handlungsfähig", sei aber "nicht autark". Er habe bereits zwei Sedisvakanzen - in den Diözesen Graz und Innsbruck - erlebt und würde den Ratschlag geben, in dieser Phase bis zur Ernennung eines neuen Bischofs keine großen Entscheidungen zu treffen. Auch sei es ratsam, sich immer rückzuversichern bei der nächsthöheren Stelle - der Nuntiatur. "Ob man sich daran gehalten hat? Ich glaube nicht", merkte Lackner an.
Als weiteres Procedere kündigte Lackner an, zuerst mit dem Gurker Domkapitel und Administrator Guggenberger zu sprechen, mit den Priesterräten und weiteren Amtsträgern. Laufende Untersuchungen würden, "wie das auch außerhalb der Kirche selbstverständlich ist, nicht im Forum der Öffentlichkeit kommentiert".
Elbs: Beitrag zur Heilung
Bischof Benno Elbs erklärte bei der Pressekonferenz, die Visitation solle auch zu einer "Heilung" in der Diözese Gurk-Klagenfurt beitragen. Dazu sei eine intensive und entschiedene Suche nach Wahrheit in persönlichen und wirtschaftlichen Fragen vonnöten - "auch wenn dies schmerzhaft ist". Professionelles Vorgehen sowie respektvoller Stil und Ton in den Gesprächen und Diskussionen seien dabei Gebot der Stunde. "Entsteht ein Klima des Vertrauens zwischen unserem Team und den Menschen, mit denen wir reden, werden auch Dinge sichtbar werden, die man jetzt noch nicht sieht", so der Vorarlberger Diözesanbischof, der ausgebildeter Psychotherapeut ist.
Die Entscheidung, wer angehört werde, liege bei Erzbischof Lackner als Visitator, wobei die von ihm ausgewählten Auskunftspersonen laut Kirchenrecht zur Auskunft verpflichtet seien, erläuterte der Kirchenrechtler Helmut Pree, ebenfalls Mitglied der Visitationsteams, gegenüber den Journalisten. Die Visitation betreffe gemäß deren Auftrag die Diözese Gurk-Klagenfurt inihrer Gesamtheit. Pree sprach sich dafür aus, alle von dem Konflikt in der Diözese Betroffenen anzuhören, denn: "Die ganze Wahrheit kann man nie bekommen, wenn man nur eine Seite hört."
Quelle: Kathpress