"Kämpferin gegen das Vergessen"
Orden würdigen Kulturexpertin Penz
"Kämpferin gegen das Vergessen"
Orden würdigen Kulturexpertin Penz
Demenz ist nicht nur eine Volkskrankheit, sondern auch eine Krankheit der Gesellschaft: Davor hat die Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Frauenorden gewarnt. "Es gibt auch das soziale Vergessen, das spirituelle und das kulturelle, sowie die Gefahr eines kollektiven Vergessens unserer Geschichte. Es bedroht uns die Demenz des Geistes", mahnte Sr. Beatrix Mayrhofer am Freitag bei einem Festakt im Stift Herzogenburg. Anlass war die Verabschiedung der langjährigen Leiterin des Referates für die Kulturgüter der Orden, Helga Penz, die von der Frauenordens-Präsidentin als "Kämpferin gegen das Vergessen" gewürdigt wurde.
Kunstwerke und Schriftstücke seien Ausdrucksformen des menschlichen Gedächtnisses, erklärte Sr. Mayrhofer. Es helfe dem Menschen, das Überlieferte wertzuschätzen, doch müsse diese Form von Gedächtnis auch gepflegt werden - was ein "Kampf gegen das Vergessen" sei, wie die Ordensfrau hervorhob. Ordensgemeinschaften wüssten davon ein Lied zu singen: Die alten Bücher, die nie wieder in die Hand genommen werden, bräuchten jemanden, "der sagt, das ist wert, gelesen zu werden - und es nicht nur zu überfliegen, sondern zu Ende zu lesen". Eine derartige "Lesehilfe" - Mayrhofer sprach von einem "Lesezeichen" - sei Helga Penz für die Orden gewesen.
Helga Penz studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Archivwissenschaft und war seit 1999 Archivarin und Historikerin im Provinzarchiv der Jesuiten, im Archiv der Erzabtei St. Peter und im Stift Herzogenburg. 2004 gründete sie die Arbeitsgemeinschaft der Ordensarchive Österreichs und 2010 das Referat für die Kulturgüter der Orden, das sie als kompetente Anlaufstelle für diesen Bereich etablierte. 2016 initiierte sie ein Projekt zur Bewahrung der Kulturgüter der Ordensgemeinschaften Österreichs, als Anlaufstelle zu Fachfragen zu Kunst- und Denkmalpflege. Seit ihrem Dienstende bei den Ordensgemeinschaften Österreich zu Jahresende 2018 widmet sich Penz einem Forschungsprojekt über die Geschichte der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul in Wien-Gumpendorf.
Der Männerorden-Vorsitzende Christian Haidinger würdigte Penz in seinen Dankesworten für den "wissenschaftlichen Eros" und die leidenschaftliche Neugier, die ihre Arbeit stets gekennzeichnet habe. In all ihren Bemühungen sei es für die Historikerin nicht nur um die notwendige und wichtige Erhaltung von Kulturgütern an sich gegangen, sondern immer auch um die Funktion der Kulturgüter in der Verkündigung und das Weitertragen des jeweiligen Ordenscharismas, so der emeritierte Abt von Stift Altenburg.
Relevanz für die Gesellschaft zeigen
"Ewigkeit ist keine Dimension der Länge, sondern der Tiefe", so ein Ausspruch von Helga Penz, der beim Festakt vom Theologen und Volkskundler Christoph Kürzeneder zitiert wurde. Der Leiter des Diözesanmuseums Freising hielt einen Festvortrag über die Ausstellungserfahrungen aus dem bayrischen Kloster Beuerberg, das nach einer sehr wechselhaften, fast 900-jährigen Geschichte zuletzt von den Salesianerinnen betrieben wurde als höhere Mädchenschule mit Internat, sowie als Müttergenesungs- und Altenerholungsheim. Aufgrund des Nachwuchsmangels bei den Schwestern wurden die Einrichtungen schrittweise aufgegeben und schließlich auch der Konvent stillgelegt - worauf sich der Erzdiözese Freising die Frage nach der Nachnutzung stellte.
Statt die Immobilie im Münchner Speckgürtel zu veräußern, habe man nach Formen gesucht, "eine Lebensform zu würdigen, die in ihren Kernstrukturen eine enorme gesellschaftliche Relevanz besitzt", berichtete Kürzeneder. Der Ort sollte unter veränderten Rahmenbedingungen nicht "abge- sondern weiterentwickelt werden unter Bewahrung des Geistes und der Atmosphäre von Beuerberg". Die historischen Räume wie etwa die Klosterapotheke seien teils mit den ursprünglichen Möbeln wiederhergestellt, andere wie die Küche als Gastronomiebetrieb oder der Klostergarten als Veranstaltungslocation wiederbelebt worden. Beuerberg sei damit zu einem "Ort der Begegnung" geworden, an dem seit 2016 jährlich wechselnde Ausstellungen über den klösterlichen Alltag gezeigt werden.
Ziel sei bei alldem laut Kürzeder gewesen, "diesen geistigen und materiellen Schatz zu hüten und zu pflegen, ihn den Menschen näher zu bringen und sie damit zu ermuntern, sich auch diesen Fragen bewusst zu stellen, und aus diesem zutiefst christlichen Geist unsere Welt mitzugestalten". Letzteres entspreche dem "ureigensten Auftrag" der Kirche.
Information und Beratung
Das Referat für Kulturgüter ist eine Einrichtung der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs und der Vereinigung der Frauenorden Österreichs. Es pflegt auf seiner Website auch das "Klosterportal", das Basisinformationen über sämtliche Ordensgemeinschaften in Österreich zur Verfügung stellt. Die Website bietet zudem auch einen Überblick über die jeweils aktuellen Kulturangebote Österreichs Klöster und Orden. Weiters werden im Referat u.a. auch sämtliche Ordenszeitschriften Österreichs gesammelt, verzeichnet und jedes Jahr in die Bibliothek der Erzabtei St. Peter in Salzburg gebracht, wo sie im Online-Katalog erschlossen werden.
2017 startete das Referat für die Kulturgüter der Orden ein Projekt zur Erfassung der Kulturgüter der österreichischen Ordensgemeinschaften. Hauptaufgabe des Referats bzw. der Mitarbeiter war und ist dabei die Beratungstätigkeit für die einzelnen Orden, vor allem die Einordnung der Gegenstände in hohe Kunst oder auch nur Flohmarktware. Zudem ist das Referat auch jedes Jahr Veranstalter (oder Ko-Veranstalter) zahlreicher Fachtagungen.
Quelle: Kathpress