Vor 50 Jahren veröffentlichte Paul VI. neues Römisches Messbuch
Liturgiereform - wer die Bedeutung dieses Wortes für einen Katholiken um 1970 ermessen will, sollte einmal eine "alte Messe" besuchen. So ungewöhnlich der vorkonziliare Ritus auf Kirchgänger heute wirkt, so überraschend muss vor 50 Jahren die "neue Messe" auf einen Großteil der Gläubigen gewirkt haben. Am 3. April 1969 stellte Papst Paul VI. (1963-78) in der Apostolischen Konstitution "Missale Romanum" erstmals das neue Messbuch vor, das seit dem ersten Adventssonntag desselben Jahres in Gebrauch ist. Basisdokument für die Reform war die Konstitution "Sacrosanctum Concilium", die das Zweite Vatikanische Konzil im Dezember 1963 mit überwältigender Mehrheit angenommen hatte.
Neu war vor allem eine größere Vielfalt der in der Messe gelesenen Texte. Statt einer Jahr für Jahr identischen Leseordnung für die Sonntags- und Werktagsmessen gab es jetzt drei Lesejahre mit einer jeweils unterschiedlichen Auswahl an Bibeltexten. So sollte sichergestellt werden, dass die Gläubigen im Laufe eines Drei-Jahres-Zyklus weite Teile der Bibel im Gottesdienst zu hören bekommen. Weitere liturgische Texte - etwa das Tages- und Schlussgebet - wurden dieser neuen Leseordnung angepasst.
Die "bedeutendste Neuerung", so Paul VI. in seiner Konstitution, aber betraf das eucharistische Hochgebet. Um "die verschiedenen Aspekte des Heilsmysteriums deutlicher werden zu lassen und zahlreichere Motive der Danksagung anzuführen", wurden die einleitenden Präfationen um zahlreiche neue Texte ergänzt. Der Hauptteil des Gebets, für den es bislang nur eine Textfassung gab, lag nun in vier Varianten vor, aus denen der Zelebrant wählen konnte. Nur die Einsetzungsworte Jesu aus seinem letzten Abendmahl mit den Aposteln blieben in allen vier Texten gleich.
Doch damit nicht genug: Neben den Messtexten für Sonn- und Feiertage wurden auch die Texte für Werktagsmessen, für Heiligenfeste, Votivmessen und besondere Anlässe "überprüft und erheblich verändert". So sollte sichergestellt werden, dass die "Orationen den neuen Bedürfnissen unserer Zeit entsprechen".
Allerdings waren die hinzugefügten Texte nur zu einem kleineren Teil tatsächlich Neuschöpfungen. Ein Großteil ging vielmehr auf wiederentdeckte Quellen aus der Frühzeit der Kirche zurück. Auch die abwechslungsreichere Liturgie der Ostkirchen bot so manche Anregung. "Es ergab sich bei vielen der Wunsch, die (...) Reichtümer des Glaubens und der Frömmigkeit nicht länger im Dunkel der Bibliotheken verborgen zu halten, sondern ans Licht zu bringen, um Herz und Sinn der Christen zu erleuchten und zu nähren", formulierte Paul VI.
Um den Gläubigen den Zugang zum neuen Messbuch zur erleichtern, gab es eine weitere Neuerung: Den eigentlichen Messtexten wurde eine allgemeine Einführung vorangestellt. Nach einem einleitenden Kapitel zur Theologie der Eucharistiefeier enthält sie unter anderem Erläuterungen zur Struktur der Messe und ihrer Teile, Ausführungen zu den Aufgaben und Diensten in der Messe sowie Bestimmungen zur Gestaltung und Ausstattung des Kirchenraums bei einer Eucharistiefeier.
Erst in Latein, dann in Volkssprachen
Veröffentlicht wurde das "Missale Romanum" ganz traditionell in Latein - volkssprachliche Fassungen folgten später. Im deutschsprachigen Raum etwa erschien das offizielle Messbuch erst 1975, davor behalf man sich mit sogenannten Studientexten.
Dieses Messbuch wird - in einer leicht korrigierten Ausgabe von 1988 - bis heute verwendet. Zwar hat Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 2002 eine revidierte Fassung des Missale auf Latein veröffentlicht. Auf eine offizielle deutsche Übersetzung dieser Revision aber konnten sich die Bischöfe des deutschsprachigen Raums sowie die zuständige vatikanische Kommission bisher nicht einigen. So wurde das Vorhaben 2013 erst einmal ad acta gelegt.
2017 regelte Papst Franziskus mit dem Apostolischen Schreiben "Magnum principium" die Übersetzung liturgischer Texte neu und gab dabei auch den örtlichen Bischofskonferenzen mehr Gestaltungsspielraum. Derzeit sei man im deutschen Sprachraum dabei, diese neuen Regeln strukturiert umzusetzen und Zuständigkeiten und Abläufe mit den Bischofskonferenzen in Deutschland und der Schweiz zu koordinieren, sagte der österreichische "Liturgie-Bischof", der St. Pöltner Weihbischof Anton Leichtfried, Ende 2018. Dies stelle dann erst die Grundlage für das Großprojekt eines neuen Messbuches dar.
Quelle: kathpress