"Liebende Aufmerksamkeit"
Fronleichnam als Fest des Alltags
"Liebende Aufmerksamkeit"
Fronleichnam als Fest des Alltags
Die österreichischen Bischöfe haben bei ihren Predigten zu Fronleichnam den umfassenden, auch gesellschaftlichen Wert des Festes zur Heiligung des Alltags betont. So hat der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, bei einer Ansprache bei der traditionellen Fronleichnamsprozession am Michaelerplatz in der Wiener Innenstadt unterstrichen, dass die Konzentration auf die Eucharistie zugleich eine "liebende Aufmerksamkeit" lehrt, mit der man auch dem Mitmenschen begegnen sollte. Nicht zuletzt durch die überbordende Nutzung digitaler Medien komme es zu einer "immer größeren Zerstreuung", die einen "klaren Blick auf die Realität" verhindere. Ein solcher Blick, der den Mitmenschen in den Mittelpunkt rückt, sei nur durch Einübung und Konzentration möglich.
Einmal mehr hat Kardinal Schönborn im Rahmen seiner Ansprache auch zu einem "fairen Wahlkampf ohne Fouls" aufgerufen: Weder im Sport noch in der Familie oder in der Politik sollte das "Foul" einen Platz haben - vielmehr solle "Fairness" die Grundlage von allem sein, appellierte der Wiener Erzbischof an Vertreter von Politik und Gesellschaft. "Auch der politische Gegner ist ein Mensch, ein Du mit einer Geschichte, mit Wunden und Gaben", erinnerte Schönborn weiter. Daher sei es geboten, diesem mit Achtung entgegenzutreten.
Mit ähnlichen Worten hatte sich Schönborn bereits tags zuvor in einem Interview mit "Kathpress" zum Abschluss der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell zu Wort gemeldet und auf einen fairen Wahlkampf "ohne Fouls und Fake-News und hoffentlich in einer behutsamen Sprache" gedrängt. In einer Presseerklärung zum Abschluss der Sommervollversammlung hatten die Bischöfe außerdem festgehalten: "Wer den politischen Gegner zum Feind stilisiert, wer die Regeln des fairen Wettstreits bricht und zu verwerflichen Mitteln der Manipulation und Täuschung greift, gefährdet nicht nur die nach einer Wahl wieder nötige politische Kooperation im Dienst des Gemeinwohls." Auf dem Spiel stehe letztlich die Glaubwürdigkeit von Politik insgesamt.
Besorgt zeigte sich Schönborn bei seiner Ansprache am Wiener Michaelerplatz außerdem über die Folgen der intensiven Nutzung digitaler Medien: "Wir sind kaum mehr in der Lage, uns zu sammeln, weil wir ständig zerstreut werden, vor allem durch die digitalen Medien", so der Kardinal. In der U-Bahn würden Menschen nurmehr auf ihre Smartphones blicken und kaum mehr miteinander reden. Insofern seien digitale Medien geradezu "eine Krankheit" mit unabsehbaren auch gesellschaftlichen Folgen.
An der Prozession hatten u.a. der neue Nuntius in Wien, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, der vormalige Kanzleramtsminister Gernot Blümel, der EU-Abgeordnete Lukas Mandl sowie der Vorsteher des 1. Wiener Bezirkes, Markus Figl, teilgenommen. Die Route führte im Anschluss an einen Festgottesdienst im Stephansdom zunächst über die Kärntnerstraße, vorbei an der Augustiner- und der Josefskirche zum Michaelerplatz. Von dort ging es weiter über den Kohlmarkt zur Peterskirche und wieder zum Stephansdom, wo die Prozession schließlich gegen Mittag endete.
Scheuer: Fronleichnam lehrt Heiligung des Alltags
Wenn zu Fronleichnam die Eucharistie - das Geheimnis von Leib und Blut Jesu Christi - in den Mittelpunkt gerückt werden, so meint das weder einen "Totenkult" noch eine "Heldenfeier", vielmehr lehrt dieser Feiertag, den Alltag mit all seinen Mühen und seiner Durchschnittlichkeit zu heiligen: Das hat der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer in seiner Predigt am gestrigen Fronleichnamstag betont. In dem Maße, wie Fronleichnam den Blick auf das Brot lenke, lenke das Fest den Blick auf "die ganze Mühe, den Schweiß der menschlichen Arbeit" und den Alltag - "das tägliche gemeinsame Essen, das Mahl-Halten". All dies stecke "im Brot, das Jesus nimmt", so Scheuer. "Mit der Eucharistie heiligt Jesus den Alltag" in all seiner unscheinbaren Gewöhnlichkeit.
Auf der anderen Seite sei heute vielfach in Vergessenheit geraten, dass das Brot stets als "heilig" galt - über Generationen wurde es nicht nur etwa vor dem Anschnitt gesegnet, sondern auch mehr als Gabe denn als bloßes Konsummittel betrachtet, so Scheuer. Indem in der Liturgie die Gaben von Brot und Wein als Frucht der Erde gefeiert werden, komme damit außerdem die Schöpfung und ihre weltweite Bedrohung in den Blick: "Die berechtigten Sorgen wegen des ökologischen Zustands, in dem sich die Schöpfung in vielen Teilen der Erde befindet, kann Trost schöpfen aus der Perspektive der christlichen Hoffnung, die uns verpflichtet, verantwortlich für die Bewahrung der Schöpfung zu arbeiten."
Fest lehrt Wahrnehmung der Wirklichkeit
Auf den umfassenden und den Blick weitenden Charakter des Fronleichnamsfestes haben auch der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl und der Kärntner Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger hingewiesen: Christus als "Quelle des Lebens" zu bekennen bedeute, die Wirklichkeit in ihrer ganzen Vielfalt - "in Freud und Leid, in Hoffnungen und Sorgen der Menschen von heute, vor allem der Armen und Bedrängten" - wahrzunehmen, so Bischof Krautwaschl.
Der Kärntner Diözesanadministrator Guggenberger betonte indes bei einer Fronleichnamsfeier der Klagenfurter Stadtpfarren am Klagenfurter Domplatz mit anschließender Prozession vom Klagenfurter Dom zur Stadthauptpfarrkirche St. Egid, dass die Prozession mit der Monstranz ein Symbol dafür sei, dass es "noch eine andere Wirklichkeit gibt, als diejenige, die man sehen, messen oder auch manipulieren kann". Das Bekenntnis zu diesem "mehr" sei zugleich ein Protest gegen die Verzweckung und Instrumentalisierung menschlichen Lebens, so Guggenberger.
Quelle: Kathpress