Scheuer: Natur und Berge machen empfänglich für Gott
Das achtsame Erleben von Natur und Bergwelt stellt vor die Gottesfrage. Darauf hat der Linzer Bischof und begeisterte Bergwanderer Manfred Scheuer hingewiesen. Die Natur lade dazu ein, "in und mit ihr Wesentliches zu betrachten", und auf dem Berg zu sein, habe einen komtemplativen Charakter: Man werde zum Schauen, Staunen und Verweilen angeregt, so Scheuer. Der Bischof setzte unter dem Titel "Schauen und Staunen" den Anfang einer neuen, sommerlichen Artikelserie für die Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen, die dem Thema "Dem Himmel nahe. Die Spiritualität der Berge" gewidmet ist.
Scheuer zitierte den nicaraguanischen Priester und Dichter Ernesto Cardenal, der über die Natur geschrieben hatte, in ihr "finden wir die Initialen Gottes, und alle erschaffenen Wesen sind Liebesbriefe Gottes an uns". Dieser Lobpreis des Schöpfers sei eng verknüpft mit Herrschaftskritik, meinte der Bischof. Wer die Größe Gottes so unmittelbar erlebe, werde widerständig gegen irdische Götzen. "Natur, Berge sind eine Gegenwirklichkeit zu Geldwirtschaft und politischer Macht", schrieb Scheuer.
Eine kritische Anmerkung machte der Linzer Bischof, dessen Artikel ein Foto von ihm bei einer Wanderung auf den Feuerkogel westlich des Traunsees (OÖ.) illustriert, über die heutige "Erlebnissucht", die "mit einem Verlust an Wahrnehmungsvermögen verbunden" sei. In der Werbung werde die Welt als Erlebnisraum vorgestellt, mit vielen optischen Reizen und Angeboten, die "freilich ambivalent" seien. "Wird die Wahrnehmung nur auf einen reduzierten Blickwinkel des Glatten und Schönen geschaltet, werden Lebensinhalte auf Unterhaltungsergiebigkeit getestet, dann entstehen neue Formen der Abstumpfung und der Unempfindlichkeit", warnte Scheuer. Pointierter Nachsatz:
Wir haben das Sehen verlernt und können stattdessen - nach einem Wort von Bert Brecht - nur noch glotzen.
Quelle: kathpress