Theologe Beck: Chimären-Experiment in engen Grenzen vertretbar
Kein grundsätzliches "Nein" zu dem japanischen Experiment, bei dem menschliche Stammzellen in Tierembryonen eingepflanzt werden, kommt vom Wiener Moraltheologen Matthias Beck. "Innerhalb eng zu setzenden Grenzen" sei diese sogenannte Chimärenforschung zu befürworten - auch von der katholischen Kirche, nachdem diese ja auch die Organtransplantation erlaubt habe. Wegen des Mangels von Spenderorganen müsse nun eben nach Alternativen gesucht werden. Allzu große Hoffnungen in diese Forschung sollte man sich jedoch nicht machen, so die Einschätzung von Beck, der der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes angehört, am Freitag gegenüber "Kathpress".
Bei dem von der japanischen Regierung genehmigten Experiment des Biomediziners Hiromitsu Nakauchi werden induzierte pluripotente menschliche Stammzellen - also zum Beispiel Hautzellen eines erkrankten Patienten, die bis zu einem sehr frühen Stadium zurückprogrammiert werden und sich in alle Zelltypen verwandeln können - in ein Tier verpflanzt, wo sie sich dann zu menschlichen Organen wie etwa der Bauchspeicheldrüse entwickeln sollen. "Nachdem sich die Verpflanzung von Tierorganen wie etwa Schweineherzen oder -nieren in Menschen bisher als nicht zielführend erwiesen hat, ist dies nun der logische nächste Schritt", erklärte Beck.
Er selbst glaube nicht, dass die Züchtung menschlicher Organe in Tieren funktionieren könne - "nicht innerhalb der nächsten 30 Jahre", mahnte der auch als Sachverständiger im Deutschen Bundestag tätige Priester und Mediziner im Interview zu Nüchternheit. Für die Forschung und für den Fall, dass es dennoch gelinge, sehe er dennoch klare ethische Grenzen, die einzuhalten seien:
Das ist zunächst der Tierschutz. Wir verzwecken Tiere schon bisher, wenn wir sie essen, in der medizinischen Forschung einsetzen oder mit ihnen Impfstoffe herstellen. Dennoch gilt es sicherzustellen, dass dem Tier kein unnötiges Leid zugefügt wird und dass die Haltung artgerecht ist.
Weit komplexer ist jedoch noch der zweite Einwand Becks, wonach es sicherzustellen gelte, dass keine menschlichen Zellen ins Gehirn des Tierembryos wandern und dieses dann menschliche Eigenschaften annimmt - womit es dann tatsächlich ein "Mischwesen" wäre.
Ich glaube nicht, dass ein Schwein anfangen würde zu sprechen oder zu komponieren. Doch militärisch wurde bereits überlegt, ob nicht durch Einbringen menschlicher Zellen in Gehirne von Affen diese dazu gebracht werden könnten, ein Gewehr zu bedienen und zu schießen.
Gezielte Steuerung der erhofften Organzüchtung sei somit notwendig, und es gelte: "Je näher das Tier dem Menschen steht, desto vorsichtiger muss man sein." Äußerst sinnvoll wäre deshalb, regte Beck an, eine ethische Begleitforschung für das japanische Experiment.
Auch auf ganz anderer Ebene könnte dem Mangel von Spenderorganen begegnet werden, gab der Wiener Experte zu bedenken.
Einerseits durch das Organspendegesetz - das in Österreich ja jeden Hirntoten potenziell als Organspender sieht, sofern er dem zu Lebzeiten nicht widersprochen hat.
Etwa in Deutschland, wo die umgekehrte Zustimmungsregelung gilt, sei der Engpass bei Spenderorganen entsprechend größer. Noch mehr Augenmerk sei jedoch auch für die Prävention von Organversagen nötig:
Es kommt vor allem auf die Lebensführung an. Eine halbe Stunde Spaziergang pro Tag senkt das Krebsrisiko deutlich, ebenso wie das Diäthalten bei Diabetes etwa Nierenschäden vorbeugen kann.
Manchmal - wie z.B. bei Hepatitis - sei ein Organausfall aber "schicksalhaft", so Beck.
Ähnlich wie Beck hatte sich zuvor bereits der evangelische Theologe Ulrich Körntner geäußert. Er habe bei der Forschung von Nakauchi keine grundsätzlichen Bedenken, "weil es sich bei diesem Mensch-Tier-Hybriden nicht um werdende Menschen mit Menschenwürde handelt", so der Medizinethiker an der Universität Wien, der wie Beck die Erzeugung von Mischwesen ebenso wie die Einsetzung menschlicher Embryonen in einen tierischen Uterus oder eines Tierembryos in eine menschliche Gebärmutter als ethisch unzulässig bezeichnete. Als zusätzliches Problem gelte es die mögliche Übertragung von Retroviren von Tier auf Mensch zu verhindern.
Quelle: kathpress