Patroziniumsfest mit deutschem Alterzbischof Zollitsch
Das diesjährige Patroziniumsfest der Mariazeller Basilika am 8. September zeigt in besonderer Weise die Bedeutung des steirischen Wallfahrtsortes als europäische Adresse und Ort der Versöhnung der Völker. Die Festmesse um 10 Uhr leitet der Freiburger Alterzbischof und frühere Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch. Er kommt mit ca. 200 Wallfahrern bzw. Musikern der Diözese Freiburg, die ihre Chor- und Orgelwallfahrt dieses Jahr nach Mariazell führt. Inhaltlich wird beim Patroziniumsfest auch an die "Wallfahrt der Völker" erinnert, die vor 15 Jahren in Mariazell stattfand und 80.000 Pilger aus ganz Mitteleuropa zusammenbrachte.
Was vor 15 Jahren bei der "Wallfahrt der Völker" mit ihrem Motto "Christus - Hoffnung Europas" gesagt wurde, sei heute aktueller denn je, heißt es in einer Aussendung der Mariazeller Benediktiner.
Die Feierlichkeiten in Mariazell beginnen bereits am Samstagabend, 7. September: Nach einem Rosenkranzgebet um 18 Uhr und der Vorabendmesse begeben sich die Gläubigen auf die traditionelle Lichterprozession ab 20 Uhr durch die Straßen der obersteirischen Gemeinde. Dabei werden die Pilger mit der Gnadenstatue gesegnet. Die Feier wird von den deutschen Chören und dem Blechbläserensemble "Sine nomine" mitgestaltet, das auch beim Festgottesdienst am Sonntag Schuberts "Messe in G-Dur" begleitet, gemeinsam mit Soli, Chor und dem Sinfonieorchester "Ensemble ConFuoco Bietigheim". Um 15 Uhr findet zudem ein Festkonzert in der Basilika statt, mit der "Cäcilienmesse" von Charles Gounod für Soli, Chor, Harfe und großes Orchester.
In der Person von Erzbischof Zollitsch komme etwas von der Berufung Mariazells als Ort der Versöhnung zum Ausdruck, wie die Benediktiner mitteilten. Maria wird im steirischen Gnadenort als "Magna Mater Austriae" (Große Mutter Österreichs), als "Magna Domina Hungarorum" (Große Herrin der Ungarn) und "Alma Mater Gentium Slavorum" (Selige Mutter der Slawischen Völker) verehrt. In der gemeinsamen Verehrung der Gottesmutter könnten die Völker Europas nach den tragischen Geschehnissen des 20. Jahrhunderts jenen Pilgerweg der Versöhnung beschreiten, der vor 15 Jahren - bei der "Wallfahrt der Völker" zum Mitteleuropäischen Katholikentag im Mai 2004 - einen eindrucksvollen Höhepunkt erreicht habe.
Robert Zollitsch stammt aus dem einst deutschsprachigen Dorf Filipovo in der Batschka, dem westlichen Teil der serbischen Provinz Vojvodina. Während des Zweiten Weltkriegs war die Batschka jahrelang ungarisch besetzt; nach der Machtergreifung der Tito-Kommunisten im damaligen Jugoslawien kam es am 25. November 1944 in der Kleinstadt zu einem Massaker. Partisanen der "Volksbefreiungsarmee" nahmen wahllos 212 Männer und Jugendliche fest, trieben sie auf ein Maisfeld und erschossen sie dort. Unter den Opfern war ein damals 16-jähriger Bruder des späteren Erzbischofs von Freiburg.
Anfang 1945 wurde Robert Zollitsch im Alter von sechs Jahren mit seiner Großmutter und drei seiner Cousinen - wie fast alle deutschsprachigen Bewohner von Filipovo - in ein Lager verschleppt. 1946 gelang dann der Familie die Flucht über Ungarn nach Deutschland. Der Erzbischof hat seine Heimat nie vergessen. Im Juni 2011 segnete er ein Gedenkkreuz am Ort des Blutbads im Maisfeld. Bei der Gedenkfeier war auch der orthodoxe Bischof der Batschka, Irinej (Bulovic), anwesend.
Lernen aus der Geschichte Europas
Als am 22. Mai 2004 fast 80.000 Pilger - aus Österreich, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Polen, Slowenien, Kroatien und Bosnien - bei der Messfeier auf dem Sportflugplatz in St. Sebastian versammelt waren, stellte Kardinal Christoph Schönborn in seiner Predigt unter Bezugnahme auf das im Evangelium überlieferte Wort Marias "Was Er auch sagt, das tut" drei brennende Fragen an "jeden von uns": "Haben wir gehört, was Er uns gesagt hat - als Menschen unter Menschen, als Völker unter Völkern, als Christen unter Christen? Hat das Schicksal Europas auch damit zu tun, dass wir dieses Wort zu oft vergessen, zu oft verraten haben? Und bedeutet unsere Entscheidung, hierher zu pilgern, dass wir aus dem, was auf dem Boden Europas geschehen ist, etwas gelernt haben - als Menschen, als Völker, als Christen?"
Der Kardinal sagte damals auch ein Trostwort für die Opfer und deren Nachfahren:
Als Christen leben wir aus dem Wissen, dass nichts bei Gott verloren oder vergessen ist: keine Träne, kein Leid. Und wir leben aus der Hoffnung, dass alle diese Opfer in die Erde gefallen sind, um in diesem blutgetränkten Europa neue Früchte zu tragen und die alten christlichen Wurzeln wieder zum Blühen zu bringen.
Marienfest seit dem 6. Jahrhundert
Der Begriff "Patrozinium" bezeichnet das Hochfest, an dem die oder der Heilige gefeiert wird, dem eine Kirche geweiht ist. Jährlich am 8. September feiert die katholische Kirche das Fest Mariä Geburt - in Mariazell ist an diesem Tag traditionell das Patroziniumsfest. Mariä Geburt ist eines von vier großen Marienfesten; es wird neun Monate nach dem Hochfest Mariä Empfängnis am 8. Dezember gefeiert. Bereits seit dem 6. Jahrhundert feiert die kirchliche Liturgie diesen "Kleinen Frauentag" - auf Basis der Glaubensüberzeugung, dass die Mutter Jesu ohne Erbsünde geboren wurde. Nach einer Verbreitung in der Ostkirche nannte Papst Sergius I. (687-701) den 8. September als eines der vier in Rom gefeierten Marienfeste - neben Mariä Verkündigung, Begegnung (Lichtmess) und Aufnahme in den Himmel. Allgemeine Verbreitung fand das Fest im 11. Jahrhundert.
Quelle: kathpress