Prager Kardinal Duka: "Politische Parteien spalten Gesellschaft"
"Die politischen Parteien in Tschechien spalten die Gesellschaft, aber auch die Gläubigen und die Priester. Es gibt eine Resignation einerseits und andererseits Aktivisten der verschiedenen Richtungen": Das hat der Prager Kardinal Dominik Duka im Gespräch mit einer Delegation der Diözese Linz betont. Für die katholische Bischofskonferenz oder die Ordensgemeinschaften in Tschechien sei die aktuelle Situation alles andere als leicht, so der Erzbischof laut einer Aussendung der Stiftung "Pro Oriente".
Er empfing dieser Tage in Prag eine Delegation der "Pro Oriente"-Sektion Linz unter Leitung von Diözesanbischof Manfred Scheuer und dem früheren Landeshauptmann und nunmehrigen Sektions-Vorsitzenden Josef Pühringer. Als Herausforderungen für die Zukunft der Kirche in der Tschechischen Republik nannte Duka drei Punkte:
Die erste Priorität muss eine Öffnung der Kirche zur Gesellschaft sein. Der zweite Schwerpunkt sollte dem Religionsunterricht für die Kinder gelten, mit einer Modernisierung der Lehrpläne. Und die dritte Sorge gilt dann den geistlichen Berufen.
Es gebe freilich auch noch eine Reihe weiterer neuer Herausforderungen, etwa die Frage der Restitution und der künftigen Selbstfinanzierung der Kirche. Dies erfordere neue Formen in der Administration und Innovationen im wirtschaftlichen Bereich.
Der Besuch der Delegation fand im Vorfeld des 30-Jahr-Gedenkens an den Fall des Eisernen Vorhangs durch die "Samtene Revolution" statt. Die Linzer "Pro Oriente"-Sektion hatte sofort nach ihrer Gründung im Herbst 1987 den Kontakt zum damals noch kommunistisch beherrschten Nachbarland gesucht, vor allem auch zur katholischen Kirche. Die Delegation aus Oberösterreich konnte sich bei ihrem jetzigen Besuch davon überzeugen, dass sich die katholische Kirche - ebenso wie die anderen christlichen Kirchen und die übrigen Religionsgemeinschaften - nach den Jahrzehnten des Staatsatheismus in den letzten 30 Jahren wieder frei organisieren konnte.
Allerdings gibt es nach wie vor - so der Eindruck der Linzer - große Widerstände. So wurde zwar 2012 im Prager Abgeordnetenhaus nach heftigen Debatten für die Rückgabe eines Teils des früheren Eigentums der Kirchen votiert, allerdings wurde im April 2019 eine umstrittene Besteuerung der Kirchenrestitution beschlossen. Die Causa wird vermutlich auch noch den Verfassungsgerichtshof beschäftigen.
Beim Besuch der Linzer Delegation im Zisterzienserkloster Vyssi Brod (Hohenfurth) in Südböhmen gab Prior P. Justin Berka einen Einblick in die schwierige und verfahrene Situation. Ein Budweiser Gericht hat befunden, dass dem Stift Waldbesitz "zu Unrecht" zurückgegeben wurde. Der Wald soll nun wieder verstaatlicht werden, obwohl das Stift mittlerweile einen Forstbetrieb errichtet hat. Der Prior sah das Kloster zum dritten Mal als Opfer: "Zuerst die Nazis, dann die Kommunisten und nun die Gerichte".
Strukturprozess in Budweis
Bei einer Begegnung in Budweis (Ceske Budejovice) mit Bischof Vlastimil Kroil, Generalvikar David Henzl und weiteren Vertretern der Diözese wurde am zweiten Tag der Reise über die Situation der römisch-katholischen Kirche vor allem im südböhmischen Raum gesprochen. Laut Bischof Kroil ist rund ein Drittel der 760.000 Einwohner katholisch. Die Zahl der Messbesucher liegt allerdings nur bei rund 20.000 Personen. "Diese Zahl wird künftig noch geringer werden, da diese Menschen der älteren Generation angehören und nur wenige Junge nachkommen", so Bischof Kroil.
Seit zwei Jahren läuft ein "Strukturprozess" in der Diözese Budweis. Die Zahl der Pfarren wird auf 234 sinken, wobei einige Pfarren, in denen es (vor allem wegen der Landflucht) keine Gläubigen mehr gibt, gänzlich aufgelöst und andere zusammengeschlossen werden. Dies soll auch zu Vereinfachungen in der Verwaltung führen. So führte der Bischof an, dass etwa Pfarren, die einst durch den Lipno-Stausee geflutet wurden, noch immer als existente Pfarren angesehen werden: "Für diese unter Wasser liegenden Pfarren müssen wir nach wie vor Steuererklärungen ausfüllen."
Bischof Scheuer unterstrich die guten Beziehungen zwischen den benachbarten Diözesen Linz und Budweis in den letzten 30 Jahren. Hier seien besonders die Theologische Fakultät (die jetzige Katholische Privat-Universität) und die Caritas hervorzuheben. Auch der damalige Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern habe sich sehr für die guten Beziehungen der beiden Diözesen eingesetzt.
In Prag empfing der österreichische Botschafter Alexander Grubmayr die Linzer "Pro Oriente"-Sektion. Dabei wurden auch politischen Fragen zwischen Wien und Prag besprochen, etwa die klare Positionierung Österreichs gegen die Nuklearenergie und den weiteren Ausbau der tschechischen Atomkraftwerke.
"Healing of Memories"
Ein weiterer Höhepunkt der Reise war ein morgendlicher Gottesdienst mit Bischof Scheuer im Prager Veitsdom. In seiner Predigt wünschte der Bischof der Kirche in der Tschechischen Republik unter anderem ein "Healing of Memories", eine "Heilung der Erinnerung". "In Tschechien sind die Wunden der Geschichte deutlich zu spüren: Diese Wunden sind noch nicht verheilt oder vergessen", so Bischof Scheuer.
Im Erzbischöflichen Palais direkt neben der Prager Burg empfing schließlich Kardinal Dominik Duka die Delegation aus Oberösterreich.
Bischof Scheuer fasste die "Pro Oriente"-Reise ins Nachbarland so zusammen:
Kirche war und ist ganz starken Veränderungen ausgesetzt. Aus Zeiten der Verfolgung ist sie zwar freier, aber auch ärmer und kleiner hervorgegangen.
Quelle: kathpress