Sozialakademie begrüßt verstärkte Diskussion über Grundeinkommen
Die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) hat die durch das aktuelle Volksbegehren verstärkte Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) begrüßt. In einer Aussendung am Mittwoch begründete die ksoe, in deren Reihen sich schon vor Jahrzehnten Vordenker dieser gesellschaftspolitischen Vision fanden, warum sie nach wie vor für ein BGE eintritt: Es wäre ein "adäquates Mittel, um allen Menschen in einer menschenwürdigen Art und Weise gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen", so das Hauptargument. Dieses findet sich auch im Positionspapier des "Netzwerks Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt - B.I.E.N. Austria" von 2018, dem auch Mitarbeiter der Sozialakademie angehören.
Heute lebe man in Zeiten unregelmäßiger Arbeitsbiographien, wachsender Prekarisierung und zunehmender Dynamiken auf den Märkten. Vor diesem Hintergrund erweise sich die derzeitige enge Verknüpfung von sozialer Sicherheit mit Erwerbsarbeit zunehmend als "Nadelöhr" für gesellschaftliche Teilhabe, so die Beobachtung der ksoe. Ein BGE biete die Chance, über die primäre Existenzsicherung hinaus neue Initiativen in Angriff zu nehmen. "Sozialethisch gesehen würde ein Grundeinkommen nicht das Bestehende stabilisieren, sondern hätte eine befreiende, emanzipatorische Funktion", wie die kirchliche Organisation hinwies.
Arbeit sei mehr als nur Erwerbsarbeit:
Wesentliche Leistungen in der Gesellschaft werden nicht auf Märkten bzw. in Warenform erbracht.
Ganze Generationen hätten Vorleistungen für die heutige Gesellschaft erbracht, von denen auch alle profitieren sollen, so die Überzeugung der ksoe. Das BGE verstehe die Sozialakademie als einen Richtungsvorschlag, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und einen aktiven Sozialstaat weiterzuentwickeln.
Erinnert wird in der Stellungnahme an das bereits 1985 erschienene Buch "Grundeinkommen ohne Arbeit - auf dem Weg zu einer kommunikativen Gesellschaft" der beiden ksoe-Mitarbeiter Herwig Büchele und Liselotte Wohlgernannt. Dieser "Buchklassiker" wurde - ergänzt um aktuelle Beiträge von Ina Prätorius, Ronald Blaschke, Margit Appel und Markus Blümel - anlässlich des 85. Geburtstages von Wohlgenannt im ÖGB-Verlag neu aufgelegt.
Idee kam durch Jesuiten aus den USA
Die Idee zum BGE brachten die österreichischen Jesuiten und Sozialethiker Büchele und P. Alois Riedlsperger aus den USA mit, wo es in den 1980er-Jahren viel Lobbyismus für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) gab, wie Wohlgenannt in einem "Kathpress"-Interview berichtete. Das daraus entstandene Buch sei "viel angegriffen" worden, aber auch von vielen als eine gute Idee erkannt worden, die weiterzuverfolgen sich lohnen würde. Die Grenzen des Wirtschaftswachstum mit krisenhaften Begleiterscheinungen wie hoher Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung seien offenkundig geworden, man sei gezwungen, sich um neue Finanzierungsquellen für die Absicherung des sozialen Netzes umzusehen als allein durch die Besteuerung von Lohnarbeit.
Für Wohlgenannt ist auch eine schrittweise Umsetzung des Grundeinkommens vorstellbar - etwa in Form einer von der EU ausgeschütteten Zuwendung für alle EU-Bürger in derselben Höhe. Dies hätte einen Umverteilungseffekt zugunsten der ärmeren Mitgliedsländer, die ohnehin auf EU-Investitionen angewiesen seien. In reicheren Staaten wie Österreich würde das BGE dann einen ergänzungsbedürftigen Grundstock für die Existenzsicherung bilden.
Grazer Privatmann ist Initiator
Seit Montag können österreichische Staatsbürger das Volksbegehren "Bedingungsloses Grundeinkommen" unterschreiben. Die Initiative fordert 1.200 Euro pro Monat für jeden Bürger, finanziert über eine Finanztransaktionssteuer in der Höhe von knapp einem Prozent aller in Österreich getätigten Finanztransaktionen. Ein solches Grundeinkommen biete allen Österreichern "die Möglichkeit, ein Leben in Freiheit, Würde und Selbstbestimmung zu führen". Initiator Peter Hofer, ein Grazer Privatmann ohne Partei oder Verein im Hintergrund, verspricht sich davon enorme Einsparungen auf bürokratischer Ebene sowie eine daraus resultierende schlanke Verwaltung. Bis 25. November können Unterstützer online, auf Gemeindeämtern oder dem Magistrat unterzeichnen.
Quelle: kathpress