Polak: Österreich noch sehr katholisch, aber Umbrüche stehen an
Österreich ist immer noch - im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern - ein sehr stark katholisch geprägtes Land. Wenn die Entwicklung aber so wie bisher weitergeht, dann wird es in zehn bis zwanzig Jahren zu großen Umbrüchen kommen. Das hat die Wiener Pastoraltheologin Prof. Regina Polak mit Blick auf die aktuelle Kirchenstatistik betont.
Die Katholikenzahl in Österreich ist im letzten Jahr leicht zurückgegangen und weitgehend stabil. Demnach gibt es mit Stichtag 31. Dezember 2019 in Österreich 4,98 Millionen Katholiken. 2018 waren es laut amtlicher Statistik der Österreichischen Bischofskonferenz 5,05 Millionen Katholiken. Das entspricht einem Rückgang von 1,35 Prozent. Die Zahl der Kirchenaustritte betrug 2019 67.583. Das ist im Vergleich zu 2018 ein Anstieg um nicht ganz 15 Prozent.
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Laut Polak würden sich die heimischen Zahlen mit den Ergebnissen der Europäischen Wertestudie decken. Die Pastoraltheologin sprach im "Kathpress"-Interview für Österreich von einer "erstaunlichen und zugleich auch gar nicht erstaunlichen Kontinuität und Stabilität", und begründete dies mit einer "demografisch stabilen älteren und älter werdende Gesellschaft", in der es noch sehr viel Katholizität gebe. Die aktuellen "leichten Erosionen" seien immer noch harmlos im Vergleich zu anderen Ländern und man könne von einer "Normalisierung in einer religiös pluraler werdenden Gesellschaft" sprechen.
Aber: Gleichzeitig finde hinsichtlich der demografischen und religionssoziologischen Entwicklung bereits eine "tektonische Plattenverschiebung" statt, die sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren deutlich manifestieren werde. Immer mehr junge Menschen hätten ein indifferentes Verhältnis zu Religion und Kirche. Religion habe für sie immer weniger Lebensrelevanz.
Eine weitere Entwicklung: Im Segment der jungen ungebildeten und sehr gut gebildeten Männer nehme eine Art von Atheismus mit einer starken religionsfeindlichen Komponente zu. Dies treffe zum Teil auch bei jungen gebildeten Frauen zu. Polak: "Derzeit sind diese Stimmen noch nicht so laut hörbar, aber das wird sich mittelfristig ganz deutlich zeigen."
Diese Entwicklung betreffe freilich nicht nur die katholische Kirche sondern grundsätzlich alle Kirchen und Religionen. In Österreich werde es bloß bei der katholischen Kirche besonders deutlich, weil sie die Mehrheitskirche sei.
Bei Krisen von der Bibel lernen
Ein Blick in die Bibel zeige freilich, dass es gerade in den Zeiten der größten Krisen auch immer Chancen zu neuen spirituellen, theologischen und praktischen Aufbrüchen gegeben hat, wollte Polak keinen Pessimismus aufkommen lassen. "Wir müssen uns fragen: "Was ist unser Anteil daran, dass wir in diese Situation gekommen sind? Was müssen wir verändern? Wie haben unsere Ahnen ähnliche Probleme gelöst? Wie halten wir es mit unserer Treue zu Gott? Was sind die Zeichen der Zeit, also was brauchen die Menschen jeweils ganz konkret vor Ort, wo sind ihre Nöte, Sorgen und Ängste und ihre Freuden und was können wir für sie tun?" Kurz: "Was ist zeitgerecht und gottgerecht?"
Als einen möglichen Ansatzpunkt verwies die Pastoraltheologin auf die große Attraktivität der "youngCaritas". Offenbar gebe es bei den jungen Menschen ein großes Bedürfnis, sich sinnvoll für die Gesellschaft zu engagieren. Polak: "Hier gelingt es dem, was junge Menschen beschäftigt, Raum zu geben und freilich auch mit dem christlichem Narrativ in Verbindung zu bringen." Ein anderes Beispiel sei die Beliebtheit der sogenannten "Alpha-Kurse". Es gebe einen großen Bedarf nach Räumen, "wo man sich einfach über religiöse Fragen austauschen kann, ohne dass gleich bestimmte Erwartungen daran geknüpft werden."
Quelle: kathpress