"Pro Oriente"-Präsident Kloss plädiert für "Ökumene der Tat"
"Die Gesellschaft erwartet sich von den Christen etwas mehr, als dass sie sich über ihre Unterschiede unterhalten": Davon zeigte sich der Präsident der ökumenischen Stiftung "Pro Oriente", Alfons M. Kloss, überzeugt. Das gemeinsame Zeugnis der verschiedenen Konfessionen sei auch in der heutigen Welt ein wichtiges Anliegen, betonte der Diplomat. Im Interview der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Ausgabe 9. Februar) plädierte er im Sinne von Papst Franziskus für eine verstärkte "Ökumene der Tat".
Viele Jahrzehnte habe man sich darauf konzentriert, "wie man in der Ökumene ganz konkret vorankommt, wie man sich auch bei gewissen sachlichen Themen annähert", erklärte Kloss. Als aktuelle Herausforderung bezeichnete, "dass in einer Welt, in der wir Christen besonders gefordert sind, es besonders wichtig ist, sich darauf zu konzentrieren, was wir gemeinsam tun können und weniger auf das, was uns unterscheidet."
Den Erhalt der Schöpfung - wo gerade die Orthodoxie sehr viel Vorarbeit geleistet habe und sich stark engagiere - und das karitative Engagement für Ausgegrenzte und Arme nannte der "Pro Oriente"-Präsident als Beispiele für mögliche Konfessionsgrenzen überschreitende Schulterschlüsse. "Es gehört einfach dazu, dass sich Christen zusammentun und schauen, wie sie zu großen Themen unserer Zeit in der Gesellschaft aktiv wirken können." Auch der Papst fordere immer wieder dazu auf, "dass man gemeinsam gehen soll in der Welt von heute und dass im Gehen sich dann auch die Annäherungen ergeben werden". Das sei erfolgversprechender im Bemühen um die Einheit der Christen als wechselseitige Vermessungen "mit sozusagen scheelen Blicken: Wer wie viele Millimeter noch mehr in eine Richtung gehen könnte oder sollte".
Expertise auch in Brüssel gefragt
Die 1964, unter dem Eindruck des ökumenischen Aufbruchs durch das Zweite Vatikanische Konzil gegründete Wiener Stiftung "Pro Oriente" hat sich nach dem Eindruck ihres Präsidenten zu "einer Art von Think-Tank" entwickelt. Wenn Menschen wissen wollten, wer oder was eigentlich die orientalisch-orthodoxen Kirchen und ihre Besonderheiten sind, sei "Pro Oriente" eine gern konsultierte Adresse, sagte Kloss. "Wir sind etwa letztes Jahr eingeladen worden, nach Brüssel zu fahren und vor der zuständigen Rats-Arbeitsgruppe für den Mittleren Osten über die Situation der dortigen Christen zu referieren."
Das Gründungsziel von "Pro Oriente" sei es gewesen, den wissenschaftlich-theologischen Dialog mit den Schwesternkirchen zu fördern, "also das Aufarbeiten der Themen, die uns über die Jahrhunderte unterschieden haben". Zugleich sei die Stiftung eine unabhängige Plattform der Begegnung, wo sich Kirchenvertreter in einem informellen Rahmen treffen und austauschen können. Diese Gespräche würden dann auch in den offiziellen Dialog mit dem Vatikan einfließen. Dass dieser Austausch mit Versöhnung verbunden ist, hat sich laut Kloss 2019 in Addis Abeba gezeigt, wo "Pro Oriente" als Mitorganisatorin einer Konferenz geschichtliche Brüche zwischen der dortigen orthodoxen und der katholischen Kirche aufzuarbeiten half. "Das alles gehört zu unserer DNA", so der frühere österreichische Diplomat und österreichische Botschafter beim Heiligen Stuhl.
Mit großer Erwartung sehe "Pro Oriente" auch dem Ende Mai geplanten Besuch des Moskauer Patriarchen Kyrill I. in Wien entgegen. "Das ist eine ganz wichtige Ankündigung, die wir mit großem Interesse verfolgt haben" und werde in Österreich wohl "das ökumenische Ereignis" des Jahres im Hinblick auf die Kirchen des Ostens sein. Kloss: "Jeder Besuch eines Patriarchen von einer orthodoxen oder orientalisch-orthodoxen Schwesterkirche ist ein großer Moment der Freude für uns, weil ein Besuch den Austausch und die Begegnung stärkt."
Quelle: kathpress