"Sind auf dem Weg zur Zweidrittel-Demokratie"
Österreich ist auf dem Weg zur "Zweidrittel-Demokratie": Mit dieser Warnung haben Vertreter der Armutskonferenz am Montag den Hinweis auf die "tiefe soziale Kluft" verbunden, die die heimische demokratische Kultur aushöhle. Im Vorfeld der österreichweiten Konferenz des Bündnisses gegen Armut diese Woche in Salzburg unter dem Titel "Stimmen gegen Armut" machte Sozialexperte Martin Schenk darauf aufmerksam, dass das ökonomisch schwächste Drittel der österreichischen Bevölkerung im Parlament nicht vertreten sei. Er berief sich auf eine aktuelle Studie des "Sora"-Instituts, die ergab: "Ökonomische Ungleichheit drückt auf das Vertrauen in die Demokratie und behindert politische Partizipation."
"Sora"-Sozialforscherin Martina Zandonella stellte fest, dass der Aussage "Mit meiner Stimme kann ich bei Wahlen die Zukunft Österreichs mitbestimmen" die Hälfte des stärksten ökonomischen Drittels zustimme, aber nur 28 Prozent des schwächsten. Diesem Pessimismus entspreche die Wahlbeteiligung: "Nur die Hälfte des ökonomisch ärmsten Drittels geht wählen, aber 80 Prozent des reichsten Drittels."
"Je mehr die soziale Schere in einem Land auseinandergeht, desto höher ist das Misstrauen und die Unzufriedenheit in die Demokratie", folgert Armutskonferenz-Mitgründer und Diakonie-Experte Martin Schenk daraus. Soziale Ungleichheit beschädige somit das Ansehen der Demokratie und behindere Mitbestimmung. Die Mehrzahl der einkommensschwächsten Österreicher habe den Eindruck: "Ihre Stimme zählt nicht."
Das sei auch kein Wunder, so Schenk: Denn die gesetzlichen Maßnahmen tendierten dazu, das ärmste Bevölkerungsdrittel "zu übersehen oder ihm zu schaden". Als Beispiele nannte der Experte die Abschaffung der Mindestsicherung mit ihren Kürzungen und "giftigen Regelungen" für Menschen mit Behinderungen, pflegende Angehörige, Kinder, Familien und Wohnungslose sowie den gerade den Ärmsten verweigerten Familienbonus. Weitere Baustellen seien das österreichische Schulsystem, das im internationalen Vergleich eine "hohe soziale Vererbung" aufweise, das kostspielig gewordene Wohnen und die Zunahme an "Working Poor".
Die zwölfte österreichische Armutskonferenz "Stimmen gegen Armut" findet von 9 bis 11. März im kirchlichen Salzburger Bildungszentrum St. Virgil statt. (Info: www.armutskonferenz.at)
Quelle: kathpress