Orden aktualisieren "skandalöse" Frauenzeitschrift von 1968
Den Weltfrauentag (8. März) haben die heimischen Ordensgemeinschaften zum Anlass genommen, eine mehr als 50 Jahre alte und für damalige innerkirchliche Verhältnisse "skandalöse" Zeitschrift von Ordensfrauen aus dem Archiv zu holen und auf ihre Aktualität hin zu hinterfragen. Die von österreichischen Ordensfrauen mit dem Titel "JETZT" 1968 gegründete Zeitschrift wollte dem Ordensleben neue Impulse geben. Der Untertitel der Quartalszeitschrift war Programm: "Information und "Konfrontation". Man nahm sich kein Blatt vor den Mund und deshalb wurde die Redaktion vom verantwortlichen Ordensrat 1969 wieder abberufen. Die aufmüpfigen Schwestern machten aber mit einem anderen Verlag weiter, die Zeitschrift erschien als "Zeitschrift für Ordensfrauen" noch bis 1998.
Auf der Website der Ordensgemeinschaften werden seit 8. März täglich einzelne Passagen aus der Zeitschrift präsentiert und von heute maßgeblichen Ordensvertreterinnen und -vertretern kommentiert.
Schon 1968 hieß es "Ballast abwerfen"
In der ersten "JETZT"-Ausgabe 1968 schrieb die Ordensschwester Irmgardis Strausz, zum Thema "Ordensfrau in der Kirche von morgen". Zu lesen war etwa: "Ebenso wie die Kirche können wir die Vergangenheit nicht einfach als zu schwer gewordenen Ballast abwerfen und an einem Punkt null neu beginnen. Vielmehr müssen wir uns redlich bemühen, im ständigen Fragen nach Gottes Willen sowie im offenen Dialog untereinander und mit der Welt zu erkennen, was wir dem Gestern überlassen und was wir aus dem Heute ins Morgen mitnehmen sollen."
Strausz war in den späteren 1960er-Jahren eine populäre "TV-Nonne" in Österreich, eckte ob ihrer progressiven Ansichten im eigenen Orden aber immer mehr an. 1969 musste sie ihre Gemeinschaft verlassen.
Für den Salzburger Erzabt Korbinian Birnbacher, Vorsitzender der Österreichischen Ordenskonferenz, klingt der kleine Ausschnitt aus dem Beitrag von Sr. Irmgardis Strausz jedenfalls alles andere als rebellisch. Im Gegenteil: "Hier wird gut katholische Lehre und Tradition auf den Punkt gebracht." Ordensleute würden mit und aus der Tradition leben, von vielen Traditionen dürfe man sich aber auch getrost verabschieden, "weil sie schlicht und einfach bedeutungslos geworden sind", so der Erzabt.
Aus einer folgenden "JETZT"-Ausgabe wird die belgische Ordensfrau Marie Marcelle de Maegdt zitiert: "Was die Gemeinschaft braucht, ist der tätige Beitrag jedes einzelnen mit allen seinen Gaben und allen in ihm liegenden Möglichkeiten. Was dem Wohl der anderen und des Ganzen im Wege steht, ist nicht die Persönlichkeit der Einzelmitglieder, sondern gegebenenfalls ihre Weigerung, sich selbst zu schenken."
Heute stört männliche Sprache für Frauen
Sr. Beatrix Mayrhofer, bis Ende 2019 Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, stößt an dem Text schon der erste Satz auf, wenn für Ordensfrauen die männliche Form "jedes einzelnen" verwendet wird. "Das ist vor 50 Jahren noch niemandem aufgefallen. Seit wann eigentlich stört mich die männliche Rede beim Sprechen über uns Ordensfrauen, uns Frauen in der Gesellschaft, in der Kirche?", so Mayrhofer wörtlich.
Sie erinnert sich auch an ihren eigenen Eintritt in den Orden der Schulschwestern vor gut 50 Jahren:
Ich bin eingetreten - und sehr liebe Mitschwestern sind ausgetreten, eine nach der anderen. Immer wieder ging es dabei um die Frage der Selbstverwirklichung, um Mitsprache, Mitwirkung, um das Spannungsverhältnis von Gemeinschaft und Persönlichkeit, um eine neue Gestalt des Ordenslebens.
Zur Diskussion um eine solche neuen Gestalt des Ordenslebens will auch das aktuelle Projekt der Österreichischen Ordenskonferenz beitragen. Dahinter stehen Magdalena Schauer und Elisabeth Mayr vom Büro des Bereichs Kommunikation und Medien der Ordenskonferenz.
Quelle: kathpress