Glettler: Mehr Entschlossenheit für Veränderung notwendig
Etwas ernüchtert hinsichtlich der Erwartung, dass die derzeitige Coronakrise tatsächlich nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringt, hat sich der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler gezeigt. "Nachhaltige Veränderungsprozesse, die einen kollektiven Lebensstil und grundlegende Verhaltensmuster betreffen, brauchen sehr viel Zeit und mehr Entschlossenheit", gab Glettler in seiner Predigt bei der Georgimesse am Donnerstagabend in der Georgskapelle im Innsbrucker Landhaus zu bedenken.
Wenn nun immer mehr von der "neuen Normalität" die Rede sei, dann wolle er kritisch nachfragen, was daran das spezifisch Neue sein soll, so der Bischof:
Wollen wir zukünftig eine größere Gerechtigkeit, von der alle Bevölkerungsschichten profitieren? Wollen wir zukünftig einen nachhaltigeren Umgang mit der Schöpfung und den begrenzten Ressourcen? Wollen wir mehr Achtsamkeit auf die spirituellen Wurzeln und Bedürfnisse unseres Menschseins - oder muss alles der Logik des Profits und der Leistung geopfert werden? Was hat die Chance, neu zu werden?
Wirklich Neues könne man nur schaffen, wenn man sich dem Geist Gottes öffne, "wenn wir mit einem neuen Herzen leben, das sich nicht verhärtet und keiner Gleichgültigkeit Raum gibt". Es brauche dringend eine neue Lebenshaltung, "die nicht auf ein Immer-Mehr und Immer-Schneller setzt. Wirklich Neues können wir nur schaffen, wenn wir unser Denken von Grund auf erneuern, sodass wir ein Konzept von Leben vor Augen haben, dass nicht systematisch auf Kosten anderer beruht." Das ersehnte Neuwerden beginne mit einer inneren Umkehr, so der Bischof.
Corona hat auch psychosoziale Folgen
Es lohne sich, für das Leben und für die körperliche und seelische Gesundheit aller Menschen zu kämpfen, betonte der Bischof weiter: "Die große Gesundheitskatastrophe konnte abgewendet werden, die psychosozialen Folgen stehen noch als große Aufgabe vor uns." Viele Menschen würden sich mittlerweile in einem wirtschaftlichen Überlebenskampf befinden. "Mit ihnen müssen wir kämpfen - geistvoll, kreativ und mit dem gebotenen Weitblick", so Glettler:
Ebenso müssen wir für jene und mit jenen kämpfen, die in der Krisenzeit an die Grenzen ihrer emotionalen Belastungen gekommen sind oder unter der Einschränkung ihrer sozialen Kontakte zu leiden haben.
Der Gottesdienst aus der Georgskapelle im Landhaus wurde via Livestream übertragen. Bis ins Jahr 1772 war der Hl. Georg erster und einziger Landespatron Tirols. Am 11. Jänner 1772 "machte" Kaiserin Maria Theresia den Hl. Josef (den Hauspatron der Habsburger) zum Landespatron von Tirol. Im Jahr 2006 allerdings wurde der Hl. Georg dem Hl. Josef als 2. Landespatron von Tirol zur Seite gestellt.
Quelle: kathpress