Bischöfe zu Fronleichnam:
Corona hat auch Religion durchkreuzt
Bischöfe zu Fronleichnam:
Corona hat auch Religion durchkreuzt
Religion wurde in den letzten Monaten durch einen Virus gewaltig durchkreuzt: Das hat der Salzburger Erzbischof, Franz Lackner, in seiner Fronleichnamspredigt am Donnerstag im Salzburger Dom befunden. "Mit einem Schlag waren Optionen, Gewohnheiten, war der sonntägliche Kirchgang nicht mehr möglich, ja verboten", sagte Lackner laut Redeskript.
Lichtblick war, dass die Gotteshäuser den Tag über nicht geschlossen werden mussten und so unter Einhaltung von bestimmten Regeln besucht werden durften. Anderswo sei das allerdings nicht gelungen, so Lackner. "Nur, was wir anfangs nicht wussten, die Erfahrung der verschlossenen Kirche wurde damit gleichsam radikalisiert. Wenn wir Liturgie feierten, wurden die Kirchen geschlossen."
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Für Gläubige Menschen seien die letzten Monate sehr schwer gewesen. Besonders spürbar sei das zu Ostern geworden, aber nicht nur für die Christen, denn die Zeit des Frühlingserwachens sei für alle Religionen eine ganz besondere geprägte Zeit. Menschen hätten damit einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Gesundheit des ganzen Volkes geleistet.
In der Not schlummerten allerdings Chancen. Das seien in der Regel keine weltumwältzende Imperative, sondern so etwas wie ein leises Antippen von neuen Möglichkeiten, anders auch zuzulassen, die Perspektive zu ändern. Alles von einer höheren Macht aus zu verstehen, auch wenn es sich ursächlich nicht so verhält, sei ein Gewinn, so Lackner.
Als Kirche wolle man bei den Menschen sein mit ihnen Leid und Hoffnung, Freude und Sorgen teilen. Dabei sei all das Tun und Handeln von einem hoffnungsvollen "Trotzdem" getragen. "So sind wir Christen, so fühlen wir: obwohl getrennt, trotzdem nah, und wir werden Wege und Mittel finden, auch physisch nahe zu sein", erläuterte der Erzbischof.
Die Kirche befinde sich mit diesen Gedanken in einer Welt, wo alles funktionieren muss, auf einem schmalen Grat. Das sei auch gefährlich, aber mit Rainer Maria Rilke sagte der Erzbischof: "Nicht nur Kunstdinge sind ja immer Ergebnisse des In-Gefahr-gewesen-Seins", sondern auch der Glaube ist so ein Ereignis, wenn man trotzdem glaubt." Dieser Glaube führe gewiss in eine neue Nachdenklichkeit.
Lackner stellte die These vom verlorenen Gott auf. "Wie einmal unserer Welt vorgeworfen wurde, wir hätten vergessen, dass wir Gott vergessen haben. Auch das könnte uns einmal auf den Kopf fallen, dabei denke ich gar nicht mal nur eschatologisch." Lackner verwies dabei auf den polnischen Philosophen Kolakowski, der sagte: "Ich kann mir vorstellen, dass jemand mit hohen moralischen Standards zu leben vermag und gleichzeitig areligiös ist, dass dies aber eine ganze Gesellschaft vermag, das bezweifle ich."
Marketz: Mit Jesus durch Durststrecken des Lebens
"Wir feiern heute die Gegenwart Jesu in unserer Welt und in unserem Leben, gerade auch in schwierigen Zeiten, die verbunden sind mit Unsicherheiten, mit vielen Fragen ohne klare Antworten und mit Ängsten". Das sagte Diözesanbischof Josef Marketz am Donnerstag beim Fronleichnamsgottesdienst der Klagenfurter Stadtpfarren im Dom zu Klagenfurt. Durststrecken, wie sie auch die heutige Lesung aus dem Alten Testament beschreibe, würden die Menschen immer wieder durchleben, und auch der Glaube kenne schwierige Zeiten.
In solchen Durststrecken gelte es, darauf zu vertrauen, "dass Jesus mit uns eins sein will, er uns das Ewige Leben schenkt, mit uns geht und wir von ihm nicht allein gelassen werden", sagte der Kärntner Bischof und lud dazu ein, "dankbar zu sein für dieses Mitgehen Jesu durch unser Leben". Es gehe darum, mit Dankbarkeit im Herzen hinauszugehen in die Welt, Gutes zu sagen, in Liebe miteinander zu sprechen und so Gott zu loben. "Tragen wir Jesus heuer umso bewusster durch unser Leben und lassen wir uns von ihm tragen durch unsere persönlichen Durststrecken", appellierte Bischof Marketz, der nach der Prozession in der Domkirche vom Hochaltar aus den Eucharistischen Segen für die ganze Stadt spendete.
Glettler: Gott versteckt sich nicht
Bischof Hermann Glettler verwies in seiner Fronleichnamspredigt am Donnerstag im Innsbrucker Dom auf das Dasein Gottes. "Wir verstecken nicht, was uns von Gott anvertraut wurde: Seht, Jesus, den Herrn, das Lamm Gottes, so klein macht sich Gott, um sich uns und allen Menschen zu schenken. Wir wollen verständlich auf ihn hinweisen - Ihn zeigen", sagte Glettler laut Redemanuskript. Gott verstecke sich nicht im Tempel. Mit Jesus habe er sich auf den Weg gemacht, um in erster Linie denen zu begegnen, die sich verstecken mussten, weil sie sich aufgrund ihres Versagens geschämt haben. "Er hat zuerst jene aufgesucht, die von andern in die Isolation gedrängt wurden, Gemeinschaften gestiftet, die es in dieser Form nicht gegeben hat", so Glettler laut Redeskript.
Gott tue das auch heute. Vor allem würde er jetzt jene aufsuchen, die durch die Krise in eine schwere Depression gerutscht sind oder mit einer anderen Last zu kämpfen haben. Gott verstecke sich nicht im frommen Ritual, nicht in der Kirche, nicht in theologischen Spekulationen. Er sei ein Gott des Lebens, der leidenschaftlich unterwegs ist, so Glettler.
Der Bischof mahnte, wir dürften uns nicht voreinander verstecken. "Die rigorosen Maßnahmen waren wichtig und - wie die ersten repräsentativen Studien auch zeigen - notwendig und richtig. Aber es darf daraus nicht eine Lebenshaltung werden. Wir müssen uns einander wieder zeigen." Zum Zeigen des Menschen gehöre auch das Wissen um die eigene Fehlerhaftigkeit. Niemand sei perfekt und über alle Grenzen belastbar. Außerdem kenne jeder von sich, was es heiße, wenn plötzlich Lieblosigkeit, Zorn und ähnliches den Ton angeben. Das Paradigma der Unversöhnlichkeit dürfe nicht den Umgang prägen - weder im Privaten, noch im Politischen.
Glettler machte das u.a. an Begrüßungsformen anschaulich. Es sei wunderschön zu sehen, dass in der Akutphase der Krise anstelle des Händeschüttelns plötzlich andere Formen des Grüßens populär geworden sind. An erster Stelle das Verneigen mit gefalteten Händen - verbunden mit dem aus dem Indischen stammenden Gruß: Namaste! Als Zeichen einer wohlwollenden, erfreulichen Begegnung hat sich in der Corona-Zeit auch der Ellbogen-Gruß durchgesetzt.
Der Bischof kam in seiner Predigt auch auf die "brutale" Ermordung von George Floyd in Minneapolis und die Protestwellen zu sprechen. Als Reaktion auf das unfassbare Geschehen, in dem durch Polizeigewalt einem am Boden liegenden Afroamerikaner mit dem Knie im Nacken der Lebensatem abgewürgt wurde, gingen in fast allen US-Bundesstaaten Massen auf die Straßen. "Wir haben schockierende Begleitbilder von Verwüstungen auf der Straße gesehen, aber auch die wesentlich stärkeren Bilder, wo sich Polizisten vor den Demonstranten niedergenkniet haben. Sie wurden dafür mit Applaus und Umarmungen bedankt. Diese Bilder werden bleiben, weil sie einzigartig sind. Die wohl stärkste Geste ist das Niederknien."
Niederknien haben Kraft; sich klein machen, um auf die Ohnmacht von Menschen hinzuweisen, die in ihrer Würde missachtet werden. "Heute knien wir uns bewusst nieder. Wir knien uns nieder vor Jesus, dem allmächtigen und allbarmherzigen Gott. Wir knien uns nieder vor Jesus, der sich nicht geschämt hat, den Jüngern und damit auch jeden von uns die Füße zu waschen. Wir knien uns nieder vor dem, der gekommen ist, nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Wir knien uns nieder vor dem lebendigen Gott, der auch heute noch in einfacher und wirksamer Weise mitten unter uns ist. Wir knien uns nieder vor dem Menschgewordenen und damit auch vor der Würde jedes Menschen, die unantastbar ist. Wir knien uns nieder vor Gott, der auch heute noch seine Wunder tut."
Heilmittel gegen die Angst
"Die Eucharistie ist ein Heilmittel gegen Angst, gegen Neid und gegen Gier, eine Arznei gegen die Resignation und die Gleichgültigkeit": Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer in seiner Fronleichnamspredigt im Mariendom am Donnerstag betont. Mit den Worten von Papst Franziskus rief Scheuer die Gläubigen dazu auf, über die eigenen Grenzen hinauszugehen, um mit denen zu sein, "die physisch, psychisch, sozial und geistlich verwundet" seien. Der Heilige Geist sei für diese Weltzuwendung "der wichtigste Herzschrittmacher", meinte Scheuer.
Zwischen Nächstenliebe und Eucharistie besteht laut dem Linzer Bischof ein innerer Zusammenhang : "Die Speise der Wahrheit drängt uns, die menschenunwürdigen Situationen anzuprangern, in denen man wegen des von Ungerechtigkeit und Ausbeutung verursachten Nahrungsmangels stirbt, und gibt uns neue Kraft und neuen Mut, ohne Unterlass am Aufbau der Zivilisation der Liebe zu arbeiten", zitierte Scheuer Papst Benedikt XVI.
Zusammen gehörten laut Scheuer auch Eucharistie und Versöhnung. Diese dränge besonders jene, die miteinander im Konflikt sind, ihre Versöhnung zu beschleunigen. "Wer nämlich an der Eucharistie teilnimmt, muss sich dafür einsetzen, den Frieden herzustellen in unserer Welt, die gezeichnet ist von so viel Gewalt, von Krieg und von Terrorismus, Wirtschaftskorruption und sexueller Ausbeutung", zitierte der Bischof abermals Papst Benedikt XVI.
Auf Beziehungsebene seien Zärtlichkeit, Berührung wichtige "Nahrungsergänzungsmittel" geworden, bemerkte Scheuer. Einerseits würden sich die Menschen "zu einseitig, zu technisch ernähren", andererseits werde die Kommunikation aktuell "auf den Computer und auf das Handy" reduziert.
Quelle: Kathpress