Benedikts Abschiedsworte für seinen toten Bruder Georg Ratzinger
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat sich in persönlichen Worten von seinem am 1. Juli verstorbenen älteren Bruder verabschiedet. "Vergelt's Gott, lieber Georg, für alles, was Du getan, erlitten und mir geschenkt hast!", heißt es in einem Schreiben des früheren Kirchenoberhaupts an den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, das am Mittwoch beim Requiem für Georg Ratzinger im Regensburger Dom von Benedikts Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, verlesen wurde. Gänswein musste dabei mehrfach um Fassung ringen. Der emeritierte Papst verfolgte die Totenmesse laut vom Vatikan aus über einen Livestream, wie Bischof Voderholzer am Beginn des Requiems mitteilte.
In dem Schreiben gibt Benedikt XVI. Einblick in seine überraschende Reise nach Regensburg ans Krankenbett seines Bruders am 18. Juni.
Er hat nicht um einen Besuch von mir gebeten. Aber ich spürte, dass es die Stunde war, um noch einmal zu ihm zu fahren. Für dieses innere Zeichen, das der Herr mir geschenkt hat, bin ich zutiefst dankbar.
Als er sich am 22. Juni unmittelbar vor dem Rückflug nach Rom morgens bei ihm verabschiedete, hätten beide gewusst, "dass es ein Abschied aus dieser Welt für immer sein würde. Aber wir wussten auch, dass der gütige Gott, der uns auf dieser Welt dieses Zusammensein geschenkt hat, auch in der anderen Welt regiert und uns dort ein neues Miteinander schenken wird." Der emeritierte Papst bedankte sich beim Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer für dessen Einsatz "in diesen Wochen des Abschieds".
Benedikt XVI. erinnerte außerdem an die schwierigen Umstände bei Georg Ratzingers Wechsel auf die Stelle als Regensburger Domkapellmeister. Wenn ihre Mutter nicht vorher gestorben wäre, "hätte er den Ruf nicht angenommen", der ihm "Freude und Schmerz zugleich" bereitet habe. "Feindseligkeit und Ablehnung haben vor allem anfangs nicht gefehlt. Aber zugleich ist er Vater für junge Menschen geworden, die ihm dankbar als seine Domspatzen zur Seite standen und stehen."
Georg Ratzinger leitete den weltberühmten Knabenchor von 1964 bis 1994. Eine Schola von 16 ehemaligen Domspatzen gestaltete die Trauerfeier im Regensburger Dom musikalisch. Neben Benedikts Privatsekretär Gänswein konzelebrierten der deutsche Papstbotschafter, Erzbischof Nikola Eterovic. Auch Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx und der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke nahmen an dem Requiem teil.
Bischof Voderholzer würdigte bei der Totenmesse das Wirken Georg Ratzingers als Priester und Kirchenmusiker und sprach von einer "Doppelberufung" und einem "bleibenden Vermächtnis" nicht nur für die Kirche von Regensburg. Ratzingers Lebensleistung verdeutliche, dass Kirchenmusik keine "äußerliche Zutat" zum christlichen Gottesdienst sei. Sie sei selber "ein Medium der Evangelisierung", Chorarbeit und Instrumentalunterricht ein geistlicher Beruf.
"Das Singen ist selbst eine Art Fliegen", erklärte Voderholzer unter Verweis auf einen Psalmvers und seine Interpretation durch Joseph Ratzinger. Gebet und Musik seien miteinander eng verbunden. "Künstlerische Qualität und geistliche Dimension schließen sich nicht aus, sondern wachsen aneinander." Georg Ratzinger habe einen Anspruch auf höchste Qualität mit großer Menschlichkeit verbunden. Davon zeuge die "überwältigende Resonanz" auf das digitale Kondolenzbuch der Diözese Regensburg. "Es gehört zu seiner Größe, dass er in der Rückschau auch Fehler eingeräumt und dafür um Verzeihung gebeten hat", fügte der Bischof hinzu.
Nach der Totenmesse wird Georg Ratzinger zu Mittag im Stiftungsgrab der Domspatzen auf dem Unteren Katholischen Friedhof in Regensburg beigesetzt.
Der ältere Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. war am 1. Juli im Alter von 96 Jahren gestorben. Als Regensburger Domkapellmeister festigte Georg Ratzinger mit mehr als 1.000 Konzerten im In- und Ausland den internationalen Ruf der Regensburger Domspatzen. Er komponierte auch, etwa eine Messe mit dem italienischen Titel "L'anno santo" zum Heiligen Jahr 2000. Seit seinem Ruhestand lebte Ratzinger zurückgezogen in einem Haus in der Regensburger Innenstadt.
Quelle: kathpress