Pastoraltheologe: Corona heißt für Kirche, Chancen zu nutzen
Laut dem Wiener Pastoraltheologen Johann Pock hat der Corona-Lockdown die Defizite der katholischen Kirche an die Oberfläche gespült. Es habe gezeigt, was funktioniere und was nicht. Zugleich seien die spirituellen Bedürfnisse der Menschen gestiegen. Für die traditionelle Kirche sei Corona deshalb auch eine Chance, als dass diese Erfahrungen in die Zukunft mitgenommen werden können, sagte Pock am Samstag in der "Kleinen Zeitung".
Wir sprechen da von einer neuen Gläubigkeit. Ganz wenige Menschen sind rein innerweltlich ausgerichtet. Das heißt aber nicht, dass die anderen ihr Heil unbedingt in der Kirche suchen.
Auf diese Defizite angesprochen, meinte Pock: "Der sonntägliche Kirchgang ist für die meisten Katholiken unwichtig. Wir haben schon zuvor am Sonntag nur noch sieben Prozent Kirchgänger in der Steiermark gehabt. Sehr wohl funktioniert haben in Coronazeiten aber digitale spirituelle Angebote, auch Gottesdienste." Für viele Menschen sei Spiritualität gerade in Krisen wichtig. Umso notwendiger sei es, dass in diesen Zeiten der Kontakt zu den Gläubigen aufrechterhalten wird. Seelsorge könne aber nicht konzentriert sein auf eine, zwei Personen. "Sie muss sich auf mehrere Schultern verteilen, auch ehrenamtliche."
Es brauche mehr Konzentration auf Seelsorge und Caritas, meinte Pock. "Bei uns fließen traditionell viele Ressourcen in die Sakramentenpastoral, also etwa in die Vorbereitung auf Erstkommunion oder Firmung. Hier kann man Aufwand und Nutzen diskutieren." Was die Seelsorge betrifft, wäre Pock zufrieden, "wenn es ein wertschätzendes Miteinander von unterschiedlichen Personen in der Kirche gäbe. Und Mut für Neues, weil es nicht um Strukturen geht, auch nicht um die Kirche, sondern darum, Menschen in Hoffnungen und Ängsten zu begleiten".
Angesprochen auf die finanziellen Mittel der Kirche, meinte der Pastoraltheologe:
Die katholische Kirche wird oft dafür medial gescholten, dass sie so reich sei. Allerdings wird dabei darauf vergessen, was sie alles damit macht. Wenn beispielsweise die Kirche nicht den Kindergarten führt, muss das die Gemeinde machen. In den kommenden Jahren stellt sich bestimmt die Frage, was sie noch weiterführen kann, welche Menschen sie anstellen kann. Das werden sicher schwierige Überlegungen.
Die Kritik, wonach die Kirche bei den Maßnahmen zu regierungsfreundlich war, teile der Pastoraltheologe nicht: "Ich denke, dass es notwendig war, diesen Beitrag zur Gesundheit zu leisten." Dem von den Bischöfen zu Pfingsten verfasstem Hirtenbrief kann er jedoch etwas abgewinnen. "Ich denke, dass sie da Wichtiges für die Zukunft benannt haben, vor allem Impulse in Richtung Sozialpolitik und Klimaverantwortung. Allerdings sind die Zeiten vorbei, in denen die katholische Kirche starken Einfluss auf die Gesellschaft hatte. Gerade auch in Coronazeiten wurde sie nicht als systemrelevant wahrgenommen", so Pock.
Quelle: kathpress