Theologe betont christliche Verantwortung für Sicherheit der Juden
Christen haben eine besondere Verantwortung, sich dafür einzusetzen, dass Jüdinnen und Juden in Sicherheit, Frieden und Würde leben können: Das betont der Grazer Theologe und Religionsexperte Markus Ladstätter in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe des steirischen "Sonntagsblatts". Ladstätter äußert sich anlässlich der jüngsten Gewaltakte gegen die Grazer Synagoge und den Grazer IKG-Präsidenten Elie Rosen. Der Theologe ist Leiter der Kommission für den interreligiösen Dialog der Diözese Graz-Seckau und Geschäftsführender Vorsitzender der Kommission Weltreligionen der Österreichischen Bischofskonferenz.
Antijudaismus habe viele Wurzeln; es gebe ihn seit der vorchristlichen Antike, betont Ladstätter. So wenig die Shoa im 20. Jahrhundert als katastrophaler Tiefpunkt der Menschheitsgeschichte das Werk christlicher Kräfte war, so klar sei andererseits, "dass Juden abwertende Bibelinterpretationen in den abendländischen Kirchen zu einem Klima beigetragen haben, in dem solche Verirrungen möglich waren". Dies bedeute "für uns heute lebende Christinnen und Christen eine entsprechende Verantwortung für die ehrliche Aufarbeitung des Geschehenen".
Die gleiche Verantwortung bestehe auch hinsichtlich des Engagements für die Sicherheit der Juden. Ein besonderer Aspekt sei dabei der Staat Israel. Ladstätter:
Israel fasziniert nicht nur durch seine landschaftlichen und kulturellen, wirtschaftlichen und technischen Superlative, sondern vor allem auch als nahezu einziges Land in weitem Umkreis mit einer funktionierenden Demokratie in unserem Sinn. Sein Existenzrecht verdient unsere uneingeschränkte Unterstützung.
Gleichzeitig sei Israel aber auch ein Staat, der Siedlungen in besetztes Land baut. Sein Premierminister schaffe Arabisch als zweite Nationalsprache ab, wolle das eroberte Jordantal annektieren und erkläre offen, dass Israel nicht das Land aller seiner Bürger sei. Die Frage nach den Rechten der Palästinenser bleibe dabei unbeantwortet, kritisiert Ladstätter, und weiter: "Dieses politische Spannungsfeld muss politisch, rational und möglichst respektvoll diskutiert werden - ohne Spraydosen, Steine und Schlagstöcke, aber umgekehrt auch ohne den Pauschalvorwurf des Antisemitismus."
Politische Slogans und Parolen "gehören weder an die Außenmauern einer Synagoge, Kirche und Moschee noch vor die Mikrofone ihrer Innenräume". Wer immer solche politischen Fragen mit religiösen Ansprüchen vermischt, leiste dem Frieden keinen guten Dienst, so der Leiter der Kommission für den interreligiösen Dialog der Diözese Graz-Seckau.
Quelle: kathpress