Gedenken an ersten Voest-Kaplan Josef Holzmann
Die Pfarre Leonding (Bezirk Linz-Land) hat ihres 2002 verstorbenen Langzeit-Pfarrers Josef Holzmann (1920-2002), Begründer der Betriebsseelsorger in der Linzer Voest, gedacht. Am Wochenende fand zu seinem heurigen 100. Geburtstag in der Stadtpfarrkirche St. Michael ein Festgottesdienst mit dem Generaldechant der Diözese Linz, Slawomir Dadas, statt, künstlerisch gestaltet durch den Chor Cantus Michaelis unter Prof. Uwe Christian Harrer. Bei einem Festakt wurde am Samstagabend ein Film präsentiert und eine Ausstellung über das Leben und Wirken von Kanonikus Holzmann eröffnet. Fokus des Abends war der Blick auf eine Priesterpersönlichkeit, die die Kirche in Oberösterreich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend mitprägte und Spuren bis in die Gegenwart hinterlassen hat.
Holzmann wurde am 17. Mai 1920 in Schwertberg geboren. Er war zunächst Pilot und Fluglehrer, ohne der NSDAP anzugehören, schlug dann noch in Kriegszeiten die Priesterlaufbahn ein. 1947 wurde er zum Priester geweiht und war danach Kaplan in der Linzer Pfarre St. Michael am Bindermichl. Ab 1953 baute Holzmann zehn Jahre lang als erster Werkskaplan die Betriebsseelsorge in der Voest auf und errichtete dort eine Barackenkirche. In der Zeit von 1963 bis 1997 als Pfarrer im damals stark anwachsenden Leonding initiierte er u.a. den Bau der von Architekt Roland Rainer entworfenen, 1981 eingeweihten neuen Kirche St. Michael sowie von weiteren Kirchen und Gottesdienstorten in den Stadtteilen Hart und Rufling. Von seiner Pensionierung 1997 bis zu seinem Tod 2002 lebte er im Stift Wilhering.
Holzmann sei "in vielen Bereichen Visionär und Brückenbauer" gewesen, habe "unzählige Impulse in der Seelsorge und im Sozialbereich" geliefert und damit "viel zur Entfaltung des kirchlichen Lebens und Wirkens in der Diözese Linz und weit darüber hinaus beigetragen", würdigte der emeritierte Linzer Bischof Maximilian Aichern in einer Grußbotschaft den Priester, den er 1993 ins Linzer Domkapitel rief. Dank Holzmanns unermüdlichem Wirken, seiner menschenfreundlichen Art und seiner vielen Kontakte habe die Kirche die Arbeitswelt verstärkt gesehen. Durch sein Lebensmotto "Der Kontakt ist das achte Sakrament" habe er bereits jahrzehntelang verwirklicht, was Papst Franziskus später formuliert habe als Aufforderung, die Kirche müsse zu den Menschen hinausgehen.
Besondere Zuwendung zur Berufswelt
Einblicke in Holzmanns Pionierarbeit in der Voest gab mit Hans Wührer einer seiner Nachfolger als "Voest-Pfarrer". Als erster Voest-Werkskaplan errichtete Holzmann bereits in den ersten Monaten seines Wirkens eine Barackenkirche und nahm sich insbesondere um die Wochenpendler an, für die er Freizeitaktivitäten schuf, Gottesdienste im Stahlwerk feierte und die bis heute jährlich stattfindende Barbara-Feier für verstorbene Werksarbeiter ins Leben rief. Wührer hob hervor, dass sich Holzmann nicht nur um die Seelsorge für die Arbeiter in Linz und in ihren Siedlungen gekümmert habe, sondern auch um jene in den Voest-Auslandsbaustellen, zudem schlug er Brücken zu Stahlwerkern auch in Polen und Indien.
Seine nächste Station Leonding, das damals stark anwuchs und 1975 Stadt wurde, entwickelte sich unter Holzmann zu einer "sehr lebendigen Pfarre", unterstrich Bischof Aichern. Sein erster Anknüpfungspunkt waren die Voest-Arbeiter, für die eine Siedlung am Harter Plateau errichtet wurde: Holzmann feierte Feldmessen mit Lautsprechern vor den Hochhäusern und schuf für sie die erste soziale Infrastruktur, wie der spätere Pfarrer von Leonding-Hart-St. Johannes, Msgr. Hans Ehrenfellner, berichtete. In unzähligen Familienbesuchen knüpfte Holzmann Kontakt zu Neuzugezogenen, initiierte Familienrunden, Wallfahrten, band mit Stadtteilmessen, Andachten und regelmäßigen Gottesdiensten für Ärzte, Bauern, Baufacharbeiter, Feuerwehrleute und Postler die Berufsgruppen, Betriebe und Vereine ins kirchliche Leben ein und war auch Förderer der Kunst und Kultur.
Brückenbauer in alle Welt
Wie bei dem Festakt deutlich wurde, setzte Holzmann zudem Impulse der Seelsorge, Gedenkkultur und im Sozialbereich weit über Österreichs Grenzen hinaus. Von seinem Einsatz für den vom NS-Regime ermordeten Arbeiterseligen Marcel Callo (1921-1945) zeugt heute eine von ihm beauftragte Bildserie in der Barackenkapelle der Gedenkstätte Mauthausen. Anknüpfend an seine Kaplanszeit als Flüchtlingsseelsorger, unterstützte er zu Zeiten des Eisernen Vorhangs Flüchtlinge und Rompilger aus Oststaaten, wofür er mehrere polnische Auszeichnungen - darunter das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik - erhielt. Sommeraufenthalte polnischer und ukrainischer Kinder in Leonding wurden organisiert und es entstand in Zeiten des Bosnienkrieges in Zusammenarbeit mit dem Religionslehrer Alois Pernsteiner das Schulprojekt "Hamerlingschule Hilft", das teils weiter bestehende Hilfsbrücken auf den Balkan, in die Ukraine und nach Indien schuf.
Ein Gymnasium in Polen ist heute ebenso nach Josef Holzmann benannt wie ein Familienhaus für Waisenkinder im ukrainischen Zhytomyr, nach dessen Vorbild insgesamt 26 weitere Häuser entstanden, wie der frühere Präsident der ukrainischen Caritas-Spes, Bischof Stanislav Szyrokoradiuk von Odessa-Simferopol, in einer Grußbotschaft berichtete. Den vor 100 Jahren geborenen Priester, der dem um drei Tage jüngeren Papst Johannes Paul II. bei dessen Kiew-Besuch im Juni 2001 begegnete, bezeichnete Bischof als "heiligen Mann" und priesterliches Vorbild. "Kirche war ihm nicht Institution, sondern Aktion - verändertes Aufnehmen, Verbessern, Weiterentwickeln, Weitergeben", wurde Holzmann in der Festansprache seines Neffen, Hochschulrektor Erwin Rauscher, beschrieben.
Zitiert wurde bei dem Abend auch die Dichterin Gertrud Fussenegger (1912-2009), die den umtriebigen Priester als besonders für die Mystik veranlagten Menschen bezeichnet hatte. Holzmann sei stets "dem Geheimnis offen gewesen" und habe sich "für den großen Weg entschieden, der darin besteht, dass er über den Rand dieser Welt hinausführt und dass er von dem sprach, was diesen Rand zu überschreiten wagt". Der Leondinger Ehrenbürger und Domkanonikus wurde nach seinem Tod am 4. September 2002 am Friedhof seiner früheren Pfarre begraben.
Vielfalt als "Angebot zum Andocken"
"Eine Pfarre ist ein Haus mit vielen verschiedenen Zimmern, die offene Türen zueinander brauchen", zitierte Generaldechant Slawomir Dadas in seiner Predigt den Jubilar, bei dem er selbst einst das Pastoraljahr absolvierte. Eine Pfarre brauche Vielfalt - nicht als Konkurrenz, sondern als "Angebot zum Andocken an die Gemeinschaft der Glaubenden für die Menschen einer vielfältigen Welt". Holzmann habe zudem den Gemeinschaftscharakter der Pfarre betont, da man zum Glauben Freunde brauche. "In der Kirche der Zukunft geht es darum, an der Freundschaft mit Gott und untereinander zu bauen, Talente und Begabungen von Frauen und Männern als ein Geschenk Gottes für unseren Glauben zu sehen als Dienst an dem Glauben der Gemeinde, damit sie wachsen und sich entfalten kann", schlussfolgerte Dadas.
Quelle: kathpress