Gedenkfeier in Ternberg: Appell für "Menschlichkeit ohne Grenzen"
Der Appell für eine "Menschlichkeit ohne Grenzen" stand heuer im Zentrum der traditionellen Gedenkfeier im früheren KZ-Außenlager Ternberg im oberösterreichischen Ennstal. Rund 160 Menschen - darunter Diözesanbischof Manfred Scheuer, der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer und ORF-Journalist Tarek Leitner als Ehrengäste - gedachten dabei am 2. Oktober der Opfer des Nationalsozialismus, wie die Diözese Linz am Sonntag berichtete. Die Gedenkstätte war 2008 im Zuge der Jugendsozialaktion "72 Stunden ohne Kompromiss" von Jugendlichen im Keller der Pfarrbaracke in Ternberg eingerichtet worden. Seither findet hier jährlich eine Gedenkfeier statt.
Anita Buchberger, Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Weyer, und Reinhard Fischer, Regionskoordinator der Katholischen Jugend Oberösterreich in der Region Ennstal, führten durch die Feier und erinnerten zu Beginn daran, dass der Begriff "Menschlichkeit" im Sprachgebrauch der Nazis nicht vorkam. Durch die systematische Ausgrenzung und Stigmatisierung von ganzen Gruppen von Menschen seien Grenzen zwischen Menschen aufgebaut worden - Entwicklungen, die den Menschen auch gegenwärtig nicht fremd seien, wie erinnert wurde.
Zur Menschlichkeit gehöre "das Gespür für die Leiden der anderen wie auch die Wahrnehmung dessen, was wir anderen an Leiden zufügen", sagte Bischof Scheuer in seinem Grußwort. Er empfahl einen prüfenden Blick auf die eigenen Grundhaltungen und Einstellungen, seien doch Philanthropie oder universale Geschwisterlichkeit genauso unter allen Menschen verteilt wie Misanthropie oder auch Rassismus. "Die jeweiligen Anteile und Vorurteile stecken auch in uns selbst", mahnte der Bischof.
Landeshauptmann Stelzer betonte laut Bericht, dass zum Zusammenhalt in Oberösterreich auch eine Erinnerungskultur gehöre. Denn Leid habe "mitten in unserem Land stattgefunden", erinnerte er an die Verbrechen der NS-Zeit. Christa Bauer, Geschäftsführerin des Mauthausen Komitees Österreich, spannte den Bogen zu aktuellen Ereignissen und warnte davor, dass heute in Europa wieder Grenzen aufgebaut würden. Dabei dürfe Menschlichkeit an keiner Grenze enden, so Bauer unter Verweis auf das Leitwort der Feier, das gleichzeitig der vom Mauthausen Komitee für die diesjährigen Gedenk- und Befreiungsfeiern gewählte thematische Schwerpunkt war.
Die Gedenkrede bei der Feier hielt heuer ORF-"Zeit im Bild"-Moderator Tarek Leitner. Er würdigte das Engagement der Katholischen Jugend Oberösterreich in Ternberg und zeigte sich vom Gedenkraum beeindruckt. Bezugnehmend auf aktuelle gesellschaftspolitische Ereignissen stellte er klar, dass nichts mit den Geschehnissen der NS-Zeit gleichzusetzen sei - und doch sei der Nationalsozialismus Vergleichs-Parameter für aktuelle Entwicklungen. Regelmäßiges, unter immer neuen Vorzeichen stehendes Gedenken bedeute ein dauerndes Vergleichen mit Schattierungen der NS-Welt und könne so eine Brücke zur Gegenwart schlagen. Gedenken sei "Erkenntnisgewinn für heute", so Leitner.
Nach der Gedenkrede und einem bewegenden Gedenkakt, bei dem Jugendliche darlegten, was Menschlichkeit für junge Menschen bedeutet, wurden die bekannten Namen der Opfer des KZ-Außenlagers Ternberg verlesen und ein Gebet gesprochen. Zum Abschluss wurden vor der Pfarrbaracke Kränze niedergelegt.
Als Mitveranstalter fungierten die Markt- und Pfarrgemeinde Ternberg, der Musikverein Ternberg, das örtliche Rote Kreuz, das Katholische Bildungswerk Ternberg, die Katholische Frauenbewegung, die Landjugend und das Mauthausen Komitee Österreich.
Quelle: kathpress