Missionspriester: Corona zwingt Kirche zum Fokus aufs Wesentliche
Durch die Coronakrise ist die Kirche genötigt, zum "Wesentlichen ihrer Verkündigung" zurückzukehren, nämlich zu Gott und zu den Ärmsten: Das hat der aus Belgien stammende Missionspriester P. Sebastian Dumont (43) bei einem Österreich-Besuch zum "Sonntag der Weltmission" (18. Oktober) im Gespräch mit Kathpress dargelegt. "Viele Projekte und Pastoralpläne, die wir jetzt aufgrund der Pandemie abbrechen müssen, waren ein Kreisen um uns selbst. Die Vorsehung lädt uns ein, einfacher und hellhöriger für Gott und für leidende Menschen zu werden und die Eucharistie als Kraft zu erkennen, um unser eigenes Leben zu einem Brot zu machen, das für die Armen gebrochen ist", sagte der Priester, der im Interview über die Aufgaben und Wesensart von Mission sprach.
Ein Missionar müsse sich selbst in einen "Bruder aller" verwandeln, erklärte P. Dumont. Dies habe auch Papst Franziskus im Schlussabsatz der Enzyklika "Fratelli tutti" hervorgehoben und dabei den Seligen Charles de Foucauld (1858-1916) zitiert, der seine Vision der Ganzhingabe an Gott schließlich in der Identifikation mit den Geringsten und Verlassenen in der afrikanischen Wüste gefunden habe. So wichtig es beim Missionieren auch sei, im richtigen Moment von Jesus zu sprechen und Menschen zu den Sakramenten zu führen, gelte doch: "Zuallererst geht es um das eigene Leben, mit dem man zum 'Zeugen' werden soll", betonte der Ordensmann. Das Lebenszeugnis verleihe den Worten Gewicht. "Besonders gilt dies gegenüber den Armen. Sie, die Einfachen, schauen zuerst wie man lebt, und erst später darauf, was man sagt."
Als Botschaft und Wirkung kirchlicher Mission nannte Dumont die "Heiligkeit". Diese bedeute jedoch keine "Distanz zur realen Welt", sondern das genaue Gegenteil davon: Der Missionspriester verwies auf Aussagen seines Ordensgründers, dem italienischen Arzt und Augustinermönch P. Giovanni Salerno (82). Ein Missionar solle selbst ein "zusätzlicher Armer" sein, und aus Liebe zum Volk seines Einsatzortes "dessen Arbeit, Freiheit und Werte zum Leuchten bringen". Für die in Peru tätigen Mitglieder seines eigenen Ordens bedeute dies konkret, die Quechua-Sprache zu erlernen und sich Bräuche und Kulturausdruck - bis hin zur Poesie, Tanz und Unterhaltung - anzueignen. Dadurch solle größtmögliches Verständnis gelingen: Wer Gott nahe sein wolle, müsse selbst ganz nah an den Menschen und ihren Problemen sein.
Von Armen lernen
P. Dumont ist nach längerer Missionstätigkeit in den Anden derzeit Spiritual im Madrider Priesterseminar des noch jungen Ordens "Missionare Diener der Armen der Dritten Welt". Die in den 1980er Jahren gegründete Gemeinschaft ist vor allem in der peruanischen Region Cuzco tätig. Sie umfasst neben dem männlichen Zweig für derzeit 14 Priester und Ordensbrüder auch einen Frauenorden mit 70 Schwestern sowie eine Laienbewegung für Ehepaare, die ebenfalls in der Mission - in Peru, Kuba und Mexiko - im Einsatz sind. Mitglieder verpflichten sich, ihr ganzes Leben lang "Jesus in den Ärmsten zu dienen".
Die Zuwendung zu Armen bezeichnete P. Dumont im Kathpress-Gespräch als große geistige Bereicherung. "Viele von ihnen haben viel Sinn für das Heilige und einen großen Glauben. Das einfache Leben hilft, alles als Geschenk Gottes wertzuschätzen - was wir sonst oft verlernt haben." Deutlich bestätige sich dies am "inneren Wachstum" junger Volontäre aus Europa, die in Missionsprojekten in ärmeren Ländern tätig sind. Armut gebe es freilich auch in Europa selbst. Der Ordensmann führte hier obdachlose, einsame und geflüchtete Menschen, in Verwahrlosung lebende Kinder sowie "Jugendliche, die ihr Glück an verkehrter Stelle suchen und dabei innere Leere erfahren" als Beispiele an. Immer gelte dabei: "Wer die Augen für die Armen öffnet und sich selbst in den Dienst der Nächstenliebe stellt, begegnet Jesus und findet Sinn", so P. Dumonts Erfahrung.
Mission im "Corona-Modus"
Nach diesen Grundsätzen engagiert sich P. Dumonts Ordensgemeinschaft im Andenhochland Perus. Sie betreibt zwei Schul- und Ausbildungszentren für jeweils rund 300 aus armen Familien stammende Mädchen und Buben. Auf den staatlich anerkannten Berufsabschluss wird in der Ausbildung ebenso Wert gelegt wie auf Religionsunterricht und Katechese, die auch die Familien der Kinder einbezieht; schließlich sei die fehlende spirituelle Unterstützung durch die Sakramente und das Wort Gottes die "größte Not der Armen", so die Überzeugung des Missionspriesters. Einige Dutzend Kinder werden von der Gemeinschaft rund um die Uhr betreut, da sie Waisen sind oder an schweren Krankheiten oder Behinderungen leiden. Eine wichtige Aufgabe sind jedoch auch die Suppenküchen, mit denen tagtäglich 1.000 Menschen verköstigt werden.
Im von der Corona-Pandemie massiv betroffenen Peru sind noch immer alle Schulen und teils auch die Kirchen geschlossen. Dies bedeutet eine große Herausforderung auch für die "Missionare Diener der Armen der Dritten Welt", die mit dem Lockdown die Verteilung von Lebensmittelpaketen verstärkt haben. "Viele Eltern aus prekären Berufen haben ihre Arbeit verloren und können die Kinder nicht ernähren", schilderte P. Dumont. Allwöchentlich werden derzeit an die 300 Familien mit Grundnahrungsmitteln versorgt und dabei gleichzeitig auch die Schulaufgaben der Kinder ausgeteilt bzw. eingesammelt. Die an den Schulen tätigen Psychologen richteten eine Hotline ein; der Rosenkranz in den Familien ist laut P. Dumont momentan der Ersatz für die ausfallenden Gottesdienste und Katechesen.
In Österreich führt P. Dumonts Kongregation kein eigenes Haus, pflegt jedoch Kontakte: Ein Priester sowie ein Ordensbruder stammen aus Salzburg, zudem besteht seit Jahren ein Unterstützerverein für die Missionsarbeit der Gemeinschaft, über den Spenden gesammelt und regelmäßige Rundschreiben verteilt werden. Die Karmelitinnen in Graz und Rankweil unterstützen die Missionsarbeit durch Gebet, zudem wird jährlich eine "Missionsreise" eines Priesters in österreichische Pfarren organisiert. (Spendeninfo: Verein Missionare Diener der Armen, Hypo-Bank Landeck, IBAN: AT82 5700 0001 8003 8400)
Quelle: kathpress