Stift Geras: Prämonstratenser starten in Jubiläumsjahr
Die Prämonstratenser-Chorherren feiern heuer das 900-jährige Bestehen ihres Ordens. In Österreich sind die Prämonstratenser in den Stiften Schlägl in Oberösterreich (gegründet 1218), Wilten bei Innsbruck (gegründet 1138) und im Waldviertler Stift Geras (gegründet 1135) präsent. In der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" hat der Abt von Stift Geras, Konrad Müller, das Besondere der Chorherren so beschrieben: Es sei "die Mischung aus monastischem Rückzug in die Anbetung und von dort aus der kirchlich-seelsorgliche Dienst an den Menschen". Diese Mischung ziehe ihn nach wie vor an und er erlebe sie als sehr erfüllend, so Müller.
Das Prämonstratenser-Chorherrenstift Geras zählt derzeit 17 Ordensmitglieder, von denen einige im Stift selber leben, die Mehrheit in den betreuten Pfarren. Müller: "In der Pfarrseelsorge betreuen wir in der Diözese St. Pölten 21 Pfarren - davon 14 inkorporiert -, sowie in der Erzdiözese Wien die Pfarre Wien-Gatterhölzl. Zwei Mitbrüder leben in Deutschland - in Erzdiözese Berlin und Diözese Eichstätt - und sind dort seelsorglich engagiert."
Seit fast 900 Jahren seien die Prämonstratenser von Stift Geras in der Region verwurzelt. Schon durch diese lange gemeinsame Verbindung in Leben und Glauben gebe es ein starkes Miteinander zwischen dem Konvent und den Gläubigen in den Pfarren "mit einer positiven gegenseitigen Wertschätzung", wie der Abt betonte. Und gerade weil die Größe der Pfarren durchaus überschaubar ist, "gibt es da ein gutes Nahverhältnis zwischen beiden Seiten". Mitunter würde er sich allerdings wünschen, räumt der Abt ein, "dass das Stift weniger als kirchliche Organisationseinheit oder wirtschaftliche Größe wahrgenommen wird, sondern stärker als spirituelle, betende Gemeinschaft, die im Gotteslob gründet und aus dem Gottesdienst heraus vielfach tätig ist".
Das Jubiläumsjahr beginnt für die Prämonstratenser von Geras ausgerechnet im Lockdown mit dem 1. Advent und soll bis nach Weihnachten 2021 dauern. Dazu soll es etwa im Stift auch eine eigene Ausstellung geben, kündigte der Abt an: "In unseren Ausstellungsräumen - Prälatur mit Pauluszimmer und Weißer Salon, Säulenhalle, Marmorsaal und Kaiserzimmer - werden im Jubiläumsjahr etliche Teile unseres Norbert-Zyklus zu sehen sein, die sich normalerweise im Kreuzgang befinden und dort allgemein nicht zugänglich sind." Diese barocken Gemälde in Großformat zeigten Norbert von Xanten als Ordensgründer und Bischof sowie "als charismatische Persönlichkeit seiner Zeit, die weit in die Zukunft weist". In der Ausstellung werde zudem auch die Wirkungsgeschichte des Prämonstratenser-Ordens anhand verschiedenster Kunstgegenstände dargestellt. Coronabedingt verschiebt sich die Eröffnung der Ausstellung allerdings voraussichtlich ins Frühjahr 2021 hinein.
Und da das Virus keine Grenzen kennt, wird sich auch die für Ende November 2020 geplante Eröffnung der großen Ausstellung in der Prämonstratenser-Abtei Strahov in Tschechien, wo sich das Grab des hl. Norbert befindet, auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Grenzland-Stift mit bewegter Geschichte
Das Stift Geras wurde um 1135 als Tochterkloster von Seelau (Mähren) durch Ekbert und Ulrich von Pernegg gegründet. Es wurde mit Seelauer Chorherren besiedelt und bildete mit dem zehn Kilometer entfernten Frauenkloster Pernegg, das seit 1995 als Fasten- und Seminarzentrum betrieben wird, einst ein Doppelkloster. Das Stift Geras wurde nach dem Aussterben der Grafen von Pernegg ein Passauer Eigenkloster und lag bis zur Errichtung der Diözese St. Pölten 1785 im Gebiet der Diözese Passau. Das Grenzland-Stift geriet im Laufe seiner Geschichte immer wieder zwischen die Fronten: Ob Kuenringer oder Böhmen, Schweden oder Hussiten, Nationalsozialisten oder Sowjetrussen - sie alle haben das Kloster besetzt oder geplündert, beschlagnahmt oder in Brand gesteckt.
Neben der Pfarrseelsorge wirken die Prämonstratenser von Geras u. a. in den Schulen, in der Erwachsenen- und Jugendbildung und in verschiedenen Kommissionen des Ordens und der Diözese St. Pölten. Die "Geraser Hobbykurse", "Kräuterpfarrer" Hermann- Josef Weidinger und sein Nachfolger Benedikt Felsinger haben das Stift über die Grenzen hinaus bekannt gemacht. Ebenso wie die Stiftskarpfen, die in den Gewässern um das Stift gezüchtet werden, sowie das von P. Andreas Brandtner initiierte grenzüberschreitende Jugendprojekt SOLA Langau.
Kirchliche Reformbewegung
Die Prämonstratenser leben nach dem Vorbild und der Regel des hl. Augustinus. Der Orden wurde 1120/21 vom hl. Norbert von Xanten (1080-1134) in Prémontré (daher der Name "Prämonstratenser") bei Laon in Nordfrankreich gegründet. Die Gregorianische Reform, die sich an den Namen des Papstes Gregor VII. (1073-1085) knüpft, wollte damals das ganze kirchliche Leben erneuern durch die Wiederherstellung der priesterlichen Spiritualität und die Zusammenführung des Klerus zum gemeinsamen Leben. Norbert von Xanten war einer der entschiedensten Vertreter dieser Reformbewegung. Er wollte in seinem Orden die vita apostolica verwirklichen, d. h. man wollte so leben wie die christliche Urgemeinde in Jerusalem. Augustinus (354-430) galt als der beste Bewahrer der apostolischen Überlieferung. Die Klerikergemeinschaft, die mit ihm gemeinsam im Bischofshaus von Hippo in Nordafrika lebte, wurde zum Vorbild für alle späteren Kanoniker-Gemeinschaften, so auch für die Prämonstratenser.
Quelle: kathpress